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Deutsches Archäologisches Institut / Abteilung Athen [Hrsg.]
Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts, Athenische Abteilung — 26.1901

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Rubensohn, Otto: Paros, 2, Topographie
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https://doi.org/10.11588/diglit.41307#0181
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PARÖS II

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und auf einem niedrigen Höhenzug, der sich an den Kephalos
ansetzt, liegen heute die sogenannten Marmaradörfer Tragulas,
Marmara und Tschipido (Τσηπΐδος)Dass auch im Altertum
hier eine Ansiedlung gelegen hat, ist sicher. Tragulas bietet
freilich nichts Antikes, Tschipido nur zwei verschleppte Stücke.
Anders ist es aber in Marmara. Der Ort besteht zu zwei Drit-
teln aus verfallenen Häusern und Kirchen. Die in Trümmern
liegenden Gebäude entbehren des sonst üblichen weissen An-
strichs, und infolgedessen lässt sich hier feststellen, dass in den
modernen Häusern vielfach antikes Material verwertet ist. Ins
Auge fallend ist besonders die häufige Verbauung von gros-
sen Säulentrommeln in Privathäusern und besonders in den
Kirchen. In fünf Kirchen fanden wir teils in die Mauern ver-
baut, teils bei der αγία τράπεζα verwertet, solche Säulentrom-
meln und einen besonders merkwürdigen Anblick bietet der
südöstlich vor dem Ort gelegene Waschplatz, dessen neun
Waschtröge ebensoviele ausgehöhlte Säulentrommeln bilden.
Alle diese Trommeln sind in gleicher Weise gearbeitet, meist
unkanneliert oder mit am Rande angearbeiteten dorischen Kan-
neluren versehen; als Durchmesser habe ich bei den verschie-
denen Trommeln 79, 86, 87, 89, 95, 99 cm gemessen. Es kann
keinem Zweifel unterliegen, dass alle diese Trommeln von einem
und demselben Bau herstammen und zwar von einem Tempel.
Die Existenz eines antiken Heiligtums in dieser Gegend ist
schon seit langem gesichert durch die von Olympios Άθήναιον
V S. 33 publizierte Stele von 1,50 m Höhe, 0,46 m Breite und
0,12 — 0,13 m Dicke, die vor der Thüre der östlich vor dem
Ort gelegenen Kirche Panagia Septembriani (Marmariotis) als
Schwellstein Verwendung gefunden hat und die sorgfältig ein-
gehauene Inschrift ΗΟΡΟΣ|ΤθΙΕΡΟ trägt. Für die Feststellung
der Lage des durch diese Inschrift bezeugten Heiligtums wäre
es ausserordentlich bedeutsam, wenn sich die Bemerkung von
Olympios, dass ein zweiter gleichartiger Inschriftstein östlich
der Kirche im Feld noch in situ stände, bestätigte. Ich habe
aber trotz längeren Suchens in der ganzen Umgebung der Kir-

1 Eigentlich κηπίδιον, wie mir ein wohlunterrichteter Bürger von Paros aus-
einandersetzte.
 
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