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Deutsches Archäologisches Institut / Abteilung Athen [Editor]
Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts, Athenische Abteilung — 40.1915

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Erstes und zweites Heft
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Staēs, Balerios N.: Das silberne Rython des vierten Grabes der Burg von Mykenai
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https://doi.org/10.11588/diglit.37287#0059
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RHYTON VON MYKENAI

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jetzt ausser Zweifel, dass ein räuberischer Überfall darge-
stellt ist, und zwar ein Angriff von der See gegen eine be-
festigte Stadt. Dies ist offenbar, nicht nur weil die eben
erwähnte, nur in ihrer oberen Hälfte erhaltene Gestalt mir
zweifellos einen Steuermann darzustellen scheint, sondern
auch vor allem, weil klärlich der Künstler durch die glatte
Fläche an dieser Stelle des Gefässes die leuchtende Ober-
fläche des Wassers wiedergeben wollte, im Gegensatz zu dem
gerauhten Teile, der von jener durch eine gekrümmte Linie
getrennt das ungleiche und hügelige Terrain des Landes
darstellen soll. Der Künstler hat die Wasserfläche nicht
nur durch diese Glättung angegeben, sondern hat auch
in gravierten Linien Inselchen und Wasserpflanzen, etwa
Rohre u.s.w. dargestellt, wie sie wirklich in Griechenland an
sumpfigen Gestaden, z. B. bei Tiryns und anderwärts, oft
wachsen l. Deswegen sieht auch die Darstellung eher einem
See ähnlich, doch lässt sich das mit den topographischen
Verhältnissen in Griechenland, wo ja sicher die Scene sich
abspielt, nicht vereinigen. Einen nicht unwesentlichen Be-
weis für die Absicht des Künstlers, möglichst klar eine
Landungsstelle der Seeräuber darzustellen, scheint mir die
conventionelle Verwendung des Netzmusters zu bieten, wel-
ches auch auf anderen Monumenten derselben Kunst eine
felsige Küste wiedergeben soll (wie z. B. auf einem Fresko
von Melos, Exeavations at Phylakopi S. 72). Dieser con-
ventioneilen Wiedergabe der Küste entsprechend hat der
Künstler unseres Rhytons den Angriff der Seeräuber auf
diesem Teile des Gefässes beginnen lassen, indem er min-
destens zwei Piraten (wahrscheinlich waren ihrer mehrere,
die jetzt verloren sind) auf dem Netzmuster in die Höhe
kletternd darstellte2. Ein wenig über ihnen erkennt man noch
1 Merkwürdiger Weise hat Reichel diese gravierten Linien als Buch-
staben erklärt, ferner deutet er als behelmte Köpfe die drei kegelförmi-
gen Erhebungen am unteren Rande links vom Steuermann. Aber da die
Angreifer ebenso wie die Verteidiger sämtlich barhäuptig sind (mit Aus-
nahme des Steuermanns), werden diese schwer zu erkennenden und zu
deutenden Reste kaum als Helme erklärt werden dürfen.
2 Sie sind auf unserer Tafel VIII schlecht zu erkennen, aber zum

ATHENISCHE MITTEILUNGEN XL

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