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Armin von Gerkan
den aufeinander gehörigen Stücken zu erwarten ist: sie hegen bei den vor-
handenen Beispielen auf der Oberfläche des Eierstabes 0,145 m hinter
der Ritzlinie und auf der Lagerfläche des Zahnschnittes 0,15 m hinter
dessen Vorderkante. Als auf ein einwandfreies Analogon kann auf das
Deckgesims des Altars in der Orchestra des Theaters von Priene ver-
wiesen werden, das aus einer Platte gearbeitet ist und den Grund des
Zahnschnittes um die volle Ausladung der ova zurücktreten läßt. Es
herrscht hier das Bestreben vor, das Profil des Kymas zu entlasten,
damit es nicht unter dem Druck des schweren Aufbaus abgespalten
wird. Daher ist die Oberfläche des Profils am Tempel 2 mm tief ab-
gearbeitet, und zwar nicht etwa schräg, zum besseren Abtropfen vom
Regenwasser, sondern horizontal und rauh, ein klarer Beweis, daß das
Bauglied von einem andern überdeckt war und entlastet werden sollte. —
Entsprechend würde auch der Gebälkaufbau des Asklepiostempels in
Priene (dort Abb. 113 und 116) abzuändern sein.
Die Autoren beider Gebälkaufbauten nach Abb. 1 lassen an einer
andern Stelle, beim Auflager des Kassettenbalkens A auf dem Innen-
epistyl, das Kytna des letzteren in der oben postulierten Weise entlastet
werden, ohne daß einer von ihnen auf die Inkonsequenz im Vergleich
mit der Anordnung des Zahnschnittes auf seinem Kyma aufmerksam
wird. Allerdings ist hier der Abstand des Kassettenbalkens von der
Oberkante des Innenarchitravs gar zu groß angenommen, trotz der
gegenteiligen Versicherung Schräders (Priene, 100, Anm. 2), wobei die
vermeintlichen Auflagerspuren leider nicht näher beschrieben werden.
Das im Museum befindliche Bruchstück des innern Epistyls (Priene,
Abb. 70) ist aber an der Ansichtsfläche abgespalten und gestattet keine
Beobachtung, allein schon um eine statisch und konstruktiv bedenkliche
Unterhöhlung der Cellawand an dieser Stelle zu vermeiden, muß der
Wandbalken A gleichfalls etwa bündig mit der oberen Faszie des Wand-
architravs gelegen haben. Dieses ergibt sich übrigens von selbst, wenn
der Zahnschnittblock und mit ihm der in der Tiefe anschließende Kassetten-
balken A um 0,094 m nach innen gerückt werden (Abb. 2). Keineswegs
aber wäre die Folge davon, daß der innere Verband der Gebälkglieder
durch das Hineinschieben des Zahnschnittes gestört würde, denn nach
den Aufnahmevermessungen von F. Grosse weisen die einbindenden
inneren Teile der Werkstücke erhebliche Maßdifferenzen auf. Vom
Armin von Gerkan
den aufeinander gehörigen Stücken zu erwarten ist: sie hegen bei den vor-
handenen Beispielen auf der Oberfläche des Eierstabes 0,145 m hinter
der Ritzlinie und auf der Lagerfläche des Zahnschnittes 0,15 m hinter
dessen Vorderkante. Als auf ein einwandfreies Analogon kann auf das
Deckgesims des Altars in der Orchestra des Theaters von Priene ver-
wiesen werden, das aus einer Platte gearbeitet ist und den Grund des
Zahnschnittes um die volle Ausladung der ova zurücktreten läßt. Es
herrscht hier das Bestreben vor, das Profil des Kymas zu entlasten,
damit es nicht unter dem Druck des schweren Aufbaus abgespalten
wird. Daher ist die Oberfläche des Profils am Tempel 2 mm tief ab-
gearbeitet, und zwar nicht etwa schräg, zum besseren Abtropfen vom
Regenwasser, sondern horizontal und rauh, ein klarer Beweis, daß das
Bauglied von einem andern überdeckt war und entlastet werden sollte. —
Entsprechend würde auch der Gebälkaufbau des Asklepiostempels in
Priene (dort Abb. 113 und 116) abzuändern sein.
Die Autoren beider Gebälkaufbauten nach Abb. 1 lassen an einer
andern Stelle, beim Auflager des Kassettenbalkens A auf dem Innen-
epistyl, das Kytna des letzteren in der oben postulierten Weise entlastet
werden, ohne daß einer von ihnen auf die Inkonsequenz im Vergleich
mit der Anordnung des Zahnschnittes auf seinem Kyma aufmerksam
wird. Allerdings ist hier der Abstand des Kassettenbalkens von der
Oberkante des Innenarchitravs gar zu groß angenommen, trotz der
gegenteiligen Versicherung Schräders (Priene, 100, Anm. 2), wobei die
vermeintlichen Auflagerspuren leider nicht näher beschrieben werden.
Das im Museum befindliche Bruchstück des innern Epistyls (Priene,
Abb. 70) ist aber an der Ansichtsfläche abgespalten und gestattet keine
Beobachtung, allein schon um eine statisch und konstruktiv bedenkliche
Unterhöhlung der Cellawand an dieser Stelle zu vermeiden, muß der
Wandbalken A gleichfalls etwa bündig mit der oberen Faszie des Wand-
architravs gelegen haben. Dieses ergibt sich übrigens von selbst, wenn
der Zahnschnittblock und mit ihm der in der Tiefe anschließende Kassetten-
balken A um 0,094 m nach innen gerückt werden (Abb. 2). Keineswegs
aber wäre die Folge davon, daß der innere Verband der Gebälkglieder
durch das Hineinschieben des Zahnschnittes gestört würde, denn nach
den Aufnahmevermessungen von F. Grosse weisen die einbindenden
inneren Teile der Werkstücke erhebliche Maßdifferenzen auf. Vom