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Deutsches Archäologisches Institut / Abteilung Athen [Hrsg.]
Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts, Athenische Abteilung — 44.1919

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Lücken, Gottfried von: Archaische griechische Vasenmalerei und Plastik
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https://doi.org/10.11588/diglit.29500#0067
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Archaische griechische Vasenmaierei und Piastik

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frühen Bra.nchidensta.tue, deren Kopf sich erhalten hat (Brunn-Bruck-
mann Tat. 141 links). Bei dieser scheint es fast, als sei die ganze Gestalt
aus übereinandergesetzten Kuben gebildet. Die Form des menschlichen
Körpers tritt nirgends klar hervor. Das gleichförmige Gewand macht
eine unartikulierte Masse aus der Gestalt, sodaß sie sich kaum von dem
Sitz unterscheidet. Aus dem schweren Massiv des Unterkörpers ragt die
unförmige Masse der Brust hervor und über dieser sitzt, durch den breiten,
säulenartigen Hals von ihr getrennt, der Kopf wie ein Würfel. Bei dem
Ganzen wirkt mehr der Block als der Organismus der dargestellten Gestalt.
Wir können es in der ionischen Plastik verfolgen, wie die weitere
Entwicklung darauf hinausgeht, die rohe Wucht des Kubischen zu
mildern, die Formen zu verfeinern und der Darstellung des lebenden
Organismus sein Recht zu geben. Bei den vorgeschrittenen Branchiden-
statuen (Brunn-Bruckmann Tat. 142/3) lockert sich der feste Zusammen-
hang des Blockes etwas, die Arme lösen sich fast vollständig aus der
Masse, die Beine treten weit hervor, und reiche Falten geben der Ober-
fläche ihren Charakter und helfen dazu, die Körperformen an Brust und
Leib zu modellieren.
Auch der Kopftypus macht eine ähnliche Wandlung durch. Leider
besitzt von den entwickelten Branchidenstatuen keine mehr ihren Kopf,
doch bieten der Kopf aus dem benachbarten Hieronda im Britischen
Museum i) und die von Curtius veröffentlichte stehende Statue in Samos
(AM. XXXI 1906 Tat. 10, 11) Ersatz dafür. Hier ist die ganze Form
schlanker und elanzierter geworden, und schon dadurch wirkt das Ganze
nicht mehr so fest und in sich geschlossen wie der frühere Kopf. Auch
sonst ist Alles getan, um die Masse aufzulockern. Der Übergang zum
Hals ist weich und nicht so schroff wie bei dem frühen Werk. Die Strähnen
der Haare lösen sich wirklich plastisch heraus, und die Flächen des Ge-
sichts modellieren sich in feinen Schwellungen. An Stelle des rohen
Kubus ist ein reiches, fein organisiertes Gebilde getreten.
ln der Vasenmalerei finden wir das gleiche Feinerwerden des Ge-
sichtstypus überall. Die Vasen der Dümmlerschen Gattung ü bieten uns
9 Perrot-Chipiez VHI Fig. 113; Rayet et Thomas, Milet et le gölte Lat-
mique Tat. 27.
9 Dümmler, RM. II 1887, 171 (= Ri. Schritten 111 239); Endt, Beiträge
zur ionischen Vasenmalerei 39; Furtwängler-Reichhold Text I 93.
 
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