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Deutsches Archäologisches Institut / Abteilung Athen [Hrsg.]
Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts, Athenische Abteilung — 44.1919

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Lücken, Gottfried von: Archaische griechische Vasenmalerei und Plastik
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https://doi.org/10.11588/diglit.29500#0091
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Archaische griechische Vasenmaierei und Plastik

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Andokides, der nach Ansicht der meisten Forscher ü den Wandel
vom schwarzfigurigen zum rotfigurigen Stil zuerst vollzogen haben soll,
steht so stark unter östlichen Einflüssen, daß Zahn kein Bedenken trägt,
seinen Ursprung aus Klazomenae herzuleiten. Man wird also, wenn man
in der Plastik eine Parallele zum Stil dieses Meisters suchen will, sich
unter solchen Werken umsehen müssen, die den Stempel östlichen Ein-
flusses unverkennbar auf der Stirne tragen.
ln der Tat zeigt eine der am stärksten ionisch beeinflußten Koren
des Akropolismuseums im Kopftypus eine auffallende Verwandtschaft
mit den Figuren des Andokides (Tat. Hl 11, nach Furtwängler-Reichhold
111), zunächst schon in der ganzen Art, wie die herausstehenden Formen
auf Kosten der zusammenhängenden Masse stark betont werden. Die
spitzig heraustretende Nase, der ein wenig hochgezogene Mund mit den
etwas aufgeworfenen Lippen und das dünne vorstehende Kinn sind in
beiden Werken fast gleich. Die jetzt auch von Hauser 3) betonte Ähn-
lichkeit ist viel stärker als mit dem Kopf Rampin, an den dieser Forscher
sich früher erinnert fühlte. Bei diesem ist die kubische Masse des Schä-
dels mehr gewahrt. Das wird besonders klar, wenn man die Bildung
der Augen betrachtet. Bei dem Kopf Rampin (Brunn-Bruckmann
Taf. 551) ist hier so wenig wie möglich von der Masse fortgenommen.
Bei der Kore ist die Umgebung des Auges mehr der Natur entsprechend
wiedergegeben, indem der Apfel tief eingebettet liegt. Überhaupt zeigt
sich bei dem weiblichen Kopf ebenso wie bei Andokides ein größeres
Verständnis für die kleinen, feinen Bildungen des Organismus. Mit Liebe
ist der Bildhauer den geringsten Hebungen und Senkungen der Form
nachgegangen.
Man kann es jetzt überall feststellen, wie das Verständnis für
den Organismus des menschlichen Körpers zunimmt. Noch im ent-
wickelten schwarzfigurigen Stil sind die attischen Vasenmaler nicht sehr
stark in der Wiedergabe des Aktes. Wie weit ihnen darin schon die

B Loeschcke, AM. IV 1879,40; Furtwängler, Berl. Phiiol. Wochenschrift
XIV 1894, 112; Hauser, Arch. Jahrb. X 1895, 158; Hartwig, Sitzber. Bayer.
Akad. 1897 II 261; Zahn, AM. XXIII 1898, 72.
2) Dickins, Catalogue 682; Schräder, Auswahl 16 Taf. 4; Brunn-Bruck-
mann Taf. 458, danach unsere Taf. III 11; Perrot-Chipiez VIII 295, Fig. 120.
H Furtwängier-Reichhold, Text 11 270. III 76.
 
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