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Deutsches Archäologisches Institut / Abteilung Athen [Hrsg.]
Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts, Athenische Abteilung — 44.1919

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Lücken, Gottfried von: Archaische griechische Vasenmalerei und Plastik
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https://doi.org/10.11588/diglit.29500#0130
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Gottfried v. Lücken

ist, sind, verglichen mit den gleichzeitigen Skulpturen,' stark bewegt.
Welche Fülle der verschiedenartigsten Motive zeigt zum Beispiel der
korinthische Eurytionkrater des Louvre (oben S. 57) bei der aufrechten
Gestalt. Bald hat die Figur den Speer zum Angriff erhoben, bald läßt
sie ihn zur Erde sinken, bald faßt sie sich mit der Hand an den Nacken,
bald hat sie das rechte, bald das linke Bein vorgesetzt, ln der Groß-
plastik findet man dagegen immer wieder den gleichen Typus: die nackte
Figur, die das linke Bein vorsetzt und die Arme hinunterhängen läßt.
Jeder Ausdruck einer Aktion, jedes Motiv fehlen. Die Gestalten weisen
niemals über sich selbst hinaus. Selbst dort, wo zwei Figuren innerlich
zusammengehören, wie das fromme Brüderpaar Kleobis und Biton i),
das Polymedes in Delphi bildete, steht jede starr da, als hätte sie mit
der anderen nichts zu tun. Wo man in der frühen Zeit versucht, zwei
solche Statuen miteinander in Beziehung zu setzen, da gibt man es auf,
sie vollplastisch zu bilden. Die Figuren des Dermys und Kitylos 2), die
dadurch miteinander verbunden sind, daß sie sich gegenseitig um-
schlingen, sind als Hochrelief gearbeitet.
Die frühe griechische Plastik vermeidet es, ihre Gestalten in Be-
ziehung zur Außenwelt zu setzen. Ihre Figuren sind nicht in einem
bestimmten Moment dargestellt, sie sind höchstens in der Handlung
gegeben, die für das dargestellte Wesen typisch ist: die Siegesgöttin
fliegend, der Priester und die Göttin thronend. Nur das Sein, nicht das
Geschehen will die frühe griechische Plastik darstellen. Sie hebt ihre
Gestalten aus dem Strom des Geschehens heraus.
ln dieser Ablehnung jeder Bewegungsdarstellung zeigt sich die
griechische Plastik als eine getreue Schülerin der ägyptischen Großkunst,
aus der ihre Typen ja großenteils stammen 3). Wie dort drücken die
i) Deonna, Les Apoüons archa'fques Nr. 65, 66; Homoüe, Fouiües, de
Deiphes V Taf. 1 u. 2; Ponitow, Bert. Phiio). Wochenschr. XXXf 1911, 787;
Premerstein, Osterr. Jahresh. XIH 1910, 41. S. oben S. 51.
h AM. !H 1878 Taf. 14; Perrot-Chipiez VHI 521 Fig. 270; Stafs, Marbres
et bronzes 56.
3) Edgar, Recueii de travaux XXVH 1905, 149. Die Ansicht, daß der
Apoiiotypus aus Ägypten stammt, hat trotz der Autorität Brunns (Griechische
Kunstgeschichte Π95) in denictzten Jahren immer mehr Anhänger gewonnen.
Nur Buiie (Der schöne Mensch " 76), Lechat (Au Μί^έε de i'Acropoie 417)
und Deonna (Les Apoüons archa'fques 21 u. 31; Festschrift für Biümner, 102)
machen einige Einschränkungen, hi tetzter Zeit sind vor aiiem von Bissing
 
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