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Deutsches Archäologisches Institut / Abteilung Athen [Hrsg.]
Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts, Athenische Abteilung — 44.1919

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Lücken, Gottfried von: Archaische griechische Vasenmalerei und Plastik
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https://doi.org/10.11588/diglit.29500#0133
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Archaische griechische Vasenmaterei und Piastik

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diesem Schema mit auf den Beschauer gerichtetem Kopf dar. Diese
Gestalten, -die mit ihren ausgebreiteten Beinen, Armen und Flügeln fast
heraldisch regelmäßige Gebilde sind, besitzen einen so starken dekorativen
Eigenwert, daß sie sich aus der übrigen Darstellung herausheben und
von den Vasenmalern auch als ornamentale Einzelgestalten an tektonisch
wichtigen Stellen, über die die erzählenden Friese nicht weggeführt werden
sollten, wie am Ansatz der Henkel, verwandt wurden, ln ganz ähnlicher
Weise benutzt auch die architektonische Skulptur zur Belebung der
Akroterien dieses Schema.
Diese Übertragung eines Typus blieb einstweilen noch vereinzelt.
Nirgends sonst hat man es versucht, bei der Malerei Anleihen zu machen.
Fünf bis sechs Typen bilden den ganzen Vorrat der frühen Freiplastik.
Das ist ein eigentümlicher Kontrast zu dem Reichtum an Motiven, über
die die Malerei von Anbeginn an verfügt. Aber weitere Anleihen hat
maii in dieser frühen Zeit nicht versucht. Wie wir sehen werden, stehen
in der Art der Darstellung beide Künste einander noch so fremd gegen-
über, daß die Kräfte, die in der Plastik nach Bewegung streben, einst-
weilen nicht imstande sind, die Kluft zu überbrücken, die sie von der
Schwesterkunst trennt, und der Malerei weitere Typen zu entlehnen.
2, Die Darstellungsweise beider Künste anfangs
verschieden.
Gewisse elementare Forderungen, die sich am Anfang jeder Ent-
wicklung mit besonderer Macht geltend machen, geben im VI. Jahr-
hundert der griechischen Plastik wie der Malerei jeder ihre eigenen Ge-
setze, die Formauffassung und Darstellungsweise beider Künste weit von-
einander trennen. Die Malerei steht unter dem Bann der Fläche, die
Plastik unter dem des kubischen Blocks.
Die Malerei dieser Zeit will die Fläche beleben. Mit ihren Bildern
und Gestalten zieht sie bunte Friese über die Dinge hin, die sie schmücken
will. Und um den Zusammenhalt der Fläche nicht zu stören, ruft sie
nirgends Tiefenvorstellungen hervor. Alles bleibt an die vorderste Bild-
ebene gebunden. Daher kann die Malerei den Menschen nirgends in
seiner vollen Körperlichkeit erfassen. Jedes Glied wird ohne Rücksicht
auf das andere auf die Bildfläche aufgetragen, sodaß jede Verkürzung
vermieden wird. Der organische Zusammenhang des Körpers wird der
 
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