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trägen zwei Subjekte vorzuschlagen, „doch ohne einige Massgebung“. Die
letzten Worte, von einer anderen Hand dem Konzepte beigefügt, besagen, wie
wenig inan sich noch an den Rezess von 1648 zu binden gewillt war. Am
3. Mai 1689 gab das Konsistorium dem Reservatenkommissar Kanler auf, die
Pfarrer auf das Schreiben der Definitoren „zu incaminieren, ein gewisses zu
der Inspektur tüchtiges Subjekt im Nassau-Idsteinischen“, das ihm durch den
Superintendenten zu Cassel bereits namhaft gemacht, zu erwählen. Es war
dieses der Rektor Mag. Job. Hlfr. Gärtner an der höheren Schule zu Idstein.
Dieser erklärte sich bereit, sofern man in St. Goar eine höhere Schule mit 3
Lehrern gründen würde, da er seine 3 Söhne jetzt an seinem Tische behalten
und zur Universität vorbereiten könne. Da ihm hierzu keine Aussicht gegeben
und ihm die Nachfolge seines Schwiegervaters, des Superintendenten Ebert zu
Idstein zugesichert wurde, so lehnte Gärtner (f 31. Mai 1707) ab. Die Pfarrer
schritten daher im Generalkonvent zu Nastätten, 22. Juli 1689, zur Wahl, aus
welcher der von dem vorigen Inspektor Hartmann empfohlene und verwandte
Pfarrer Mag. Joh. Daniel Artopaeus zu Wolf an der Mosel und der Definitor
Justus Kröckius81) zu Holzhausen auf der Heide hervorgingen. Dem Reser-
vatenkommissar war keiner von beiden genehm. Das Urteil dieses Mannes, der
schon anderwärts als ein ungeschickter Diplomat gegenüber der römischen Kirche
begegnet ist und die reformierten Kirchengüter zu Rhens an dieselbe verloren
hatte82) und der jetzt unter der Maske der Friedensliebe ratlos und intriguierend
hin- und hertappte, galt gleichwohl in Cassel mehr, als das der Definitoren und
der ganzen Geistlichkeit. Kanler berichtete, Artopaeus sei ihm „unbekannt, doch
höre er, dass derselbe ein junger, unerfahrener83), streitbarer und sonderlich
gegen unsere reformierte Religion eifernder Mann sei, von welchem das Kon-
sistorium und wir allhier viel Widrigkeit und Verdruss zu gewarten haben
würden, wo wir friedliebende Leute von Nöten haben“, Kröckius sei gleichfalls
einer von den Harten und Widrigen und ein wunderlicher Mann, dass mit ihm
nicht fortzukommen. Daher möge das Konsistorium mit Hintansetzung der
Definitoren und des lutherischen Ministeriums ein anderes Subjekt zum In-
spektorat befördern. Um aber dem Ministerium keine Ursache zu Beschwerden
zu geben, möge man den Definitor Reinhard Roth zu St. Goarshausen, der nur
6 Stimmen gehabt, „weilen derselbe doch eben nicht so eifrig gegen uns, noch
zanksüchtig“, mit dem Inspektorate, und des Definitor Kröckius Sohn, den
Präzeptor Joh. Andreas Kröckius zu St. Goar und Pfarrer zu Biebernheim, mit
Roths Stelle zu St. Goarshausen beauftragen. .Roth war ein alter gebrechlicher
Mann, der, wie Kanler weiter ausführt, „nicht mehr reiten, noch gehen konnte“,
81) Just. Kröckius aus Eisenach war 1650 Adjunkt des Pfarrers Joh. Heinr. Borngreber
zu Nastätten, 1654 Pfarrer zu Holzhausen, f 1703.
8Z) Hess. Zeitschr. 31, S. 61 ff.
83) Artopaeus hatte 1675 die Magisterwürde in Giessen erworben. Eine Tochter des-
selben war, wie Kanler in seinem Berichte andeutet, mit des Inspektor Hartmann gleich-
namigem Sohn Laur. Hartmann zu Patersberg (1686—1689) vermählt. Artopaeus war daher
damals ungefähr 45 Jahre alt und der Bericht des Reservaten- und Konsistorialkommissars
Kanler auch hinsichtlich der angeblichen Jugend des Artopaeus parteiisch und lügenhaft.
trägen zwei Subjekte vorzuschlagen, „doch ohne einige Massgebung“. Die
letzten Worte, von einer anderen Hand dem Konzepte beigefügt, besagen, wie
wenig inan sich noch an den Rezess von 1648 zu binden gewillt war. Am
3. Mai 1689 gab das Konsistorium dem Reservatenkommissar Kanler auf, die
Pfarrer auf das Schreiben der Definitoren „zu incaminieren, ein gewisses zu
der Inspektur tüchtiges Subjekt im Nassau-Idsteinischen“, das ihm durch den
Superintendenten zu Cassel bereits namhaft gemacht, zu erwählen. Es war
dieses der Rektor Mag. Job. Hlfr. Gärtner an der höheren Schule zu Idstein.
Dieser erklärte sich bereit, sofern man in St. Goar eine höhere Schule mit 3
Lehrern gründen würde, da er seine 3 Söhne jetzt an seinem Tische behalten
und zur Universität vorbereiten könne. Da ihm hierzu keine Aussicht gegeben
und ihm die Nachfolge seines Schwiegervaters, des Superintendenten Ebert zu
Idstein zugesichert wurde, so lehnte Gärtner (f 31. Mai 1707) ab. Die Pfarrer
schritten daher im Generalkonvent zu Nastätten, 22. Juli 1689, zur Wahl, aus
welcher der von dem vorigen Inspektor Hartmann empfohlene und verwandte
Pfarrer Mag. Joh. Daniel Artopaeus zu Wolf an der Mosel und der Definitor
Justus Kröckius81) zu Holzhausen auf der Heide hervorgingen. Dem Reser-
vatenkommissar war keiner von beiden genehm. Das Urteil dieses Mannes, der
schon anderwärts als ein ungeschickter Diplomat gegenüber der römischen Kirche
begegnet ist und die reformierten Kirchengüter zu Rhens an dieselbe verloren
hatte82) und der jetzt unter der Maske der Friedensliebe ratlos und intriguierend
hin- und hertappte, galt gleichwohl in Cassel mehr, als das der Definitoren und
der ganzen Geistlichkeit. Kanler berichtete, Artopaeus sei ihm „unbekannt, doch
höre er, dass derselbe ein junger, unerfahrener83), streitbarer und sonderlich
gegen unsere reformierte Religion eifernder Mann sei, von welchem das Kon-
sistorium und wir allhier viel Widrigkeit und Verdruss zu gewarten haben
würden, wo wir friedliebende Leute von Nöten haben“, Kröckius sei gleichfalls
einer von den Harten und Widrigen und ein wunderlicher Mann, dass mit ihm
nicht fortzukommen. Daher möge das Konsistorium mit Hintansetzung der
Definitoren und des lutherischen Ministeriums ein anderes Subjekt zum In-
spektorat befördern. Um aber dem Ministerium keine Ursache zu Beschwerden
zu geben, möge man den Definitor Reinhard Roth zu St. Goarshausen, der nur
6 Stimmen gehabt, „weilen derselbe doch eben nicht so eifrig gegen uns, noch
zanksüchtig“, mit dem Inspektorate, und des Definitor Kröckius Sohn, den
Präzeptor Joh. Andreas Kröckius zu St. Goar und Pfarrer zu Biebernheim, mit
Roths Stelle zu St. Goarshausen beauftragen. .Roth war ein alter gebrechlicher
Mann, der, wie Kanler weiter ausführt, „nicht mehr reiten, noch gehen konnte“,
81) Just. Kröckius aus Eisenach war 1650 Adjunkt des Pfarrers Joh. Heinr. Borngreber
zu Nastätten, 1654 Pfarrer zu Holzhausen, f 1703.
8Z) Hess. Zeitschr. 31, S. 61 ff.
83) Artopaeus hatte 1675 die Magisterwürde in Giessen erworben. Eine Tochter des-
selben war, wie Kanler in seinem Berichte andeutet, mit des Inspektor Hartmann gleich-
namigem Sohn Laur. Hartmann zu Patersberg (1686—1689) vermählt. Artopaeus war daher
damals ungefähr 45 Jahre alt und der Bericht des Reservaten- und Konsistorialkommissars
Kanler auch hinsichtlich der angeblichen Jugend des Artopaeus parteiisch und lügenhaft.