Die älteste politische Zeitung in Nassau.
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gelegen heit endigte mit einer Verwarnung des Fabricius durch die Landes-
regierung; Fabricius liess sich dadurch jedoch nicht beirren, stellte noch im Jahre
1760 zehn Thesen gegen den Glauben der protestantischen Kirche auf12) und schleu-
derte in besonderen Schriften neue Vorwürfe gegen die theologische Fakultät. Aber
auch die Herborner Theologie-Professoren vergassen nicht die Kritik ihres
Kollegen und benutzten die nächste günstige Gelegenheit zum Vorgehen gegen
ihn. Diese bot sich, als 1767 die philosophische Fakultät den Prorektor zu
stellen hatte und Fabricius für dieses hohe Ehrenamt als Senior der Fakultät
in Betracht kam. Nun erhob der Senat Bedenken gegen Fabricius nicht nur
wegen seines unterlassenen Kirchenbesuches und Abendmahles, sondern auch
wegen seiner Lehre und Schriften und der gegen die theologische Fakultät
gerichteten Vorwürfe. Und Fabricius? Laudabiliter se subjecit. Er musste am
27. August eine von dem Oberpfarrer Professor Arnold verfasste Erklärung
unterschreiben, in der er nicht nur die Thesen von 1760 widerrief und „die
der theologischen Fakultät alhier in meinem libello Apologetico und hernach
in meinen sogenannten Articulis fundamentalibus und andern beygehenden
im Jahr 1764 exhibirten Schriften aus Missverstand gemachte Vorwürfe“ zurück-
nahm, sondern auch gelobte, dass er sich „hinführo wieder zur Kirche halten“
und „als Glied der Reformierten der hiesigen christlichen Gemeinde in Zukunfft
beywohnen werde.“
Ein Mann von solchem Charakter konnte sich natürlich keines persönlichen
Ansehens bei den Kollegen erfreuen; Fabricius hat es aber auch nicht ver-
standen, sich in der Bürgerschaft von Herborn eine geachtete Stellung zu erringen.
Schuld daran war neben seiner wenig umgänglichen Art vor allem seine schlechte
finanzielle Lage; mit dem Gehalt eines ausserordentlichen Professors von 200
Gulden liessen sich keine Sprünge machen, und Fabricius reichte auch mit dem
Höchstgehalt eines Ordinarius von 500 Gulden, das er übrigens erst 1773, ein Jahr
vor seinem endgültigen Ausscheiden aus dem Lehrkörper, erlangte, nicht aus. Er
konnte seine Wohnungsmieten nicht bezahlen und blieb jahrelang die Waren beim
Krämer und Gastwirt schuldig; Klagen, Prozesse und Gehaltsabzüge waren die
Folgen. Nach seinem eigenen Zeugnis konnte er 1763 deshalb keine Wohnung
erhalten und richtete im Verlauf weniger Monate vier Gesuche an die Regierung
um Überlassung einer Wohnung im Herborner Schloss, und noch 1774, also
im Alter von 73 Jahren, musste er um freie Wohnung im Schloss oder Ver-
gütung des Hauszinses bitten; allein die Regierung schlug das Gesuch mit der
Begründung ab, Fabricius habe „für die Hochschule zu Herborn eigentlich gar
keine, viel weniger solche Verdienste, die ihm auf eine ausserordentliche Gnade
Anspruch geben könnten.“
Das Bild, das sich uns aus den Akten über Fabricius entrollt, ist also
kein vorteilhaftes, und wenn auch nicht jedes Urteil über ihn sine ira et studio
abgegeben ist, — selbst der akademische Senat hat Fabricius gegenüber keines-
12) Ihren Wortlaut konnte ich nicht feststellen; nach den Akten scheinen sie die „dog-
mata, ohne welche man weder seelig werden, noch reformiert seyn könne“, zum Gegenstand
gehabt zu haben.
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gelegen heit endigte mit einer Verwarnung des Fabricius durch die Landes-
regierung; Fabricius liess sich dadurch jedoch nicht beirren, stellte noch im Jahre
1760 zehn Thesen gegen den Glauben der protestantischen Kirche auf12) und schleu-
derte in besonderen Schriften neue Vorwürfe gegen die theologische Fakultät. Aber
auch die Herborner Theologie-Professoren vergassen nicht die Kritik ihres
Kollegen und benutzten die nächste günstige Gelegenheit zum Vorgehen gegen
ihn. Diese bot sich, als 1767 die philosophische Fakultät den Prorektor zu
stellen hatte und Fabricius für dieses hohe Ehrenamt als Senior der Fakultät
in Betracht kam. Nun erhob der Senat Bedenken gegen Fabricius nicht nur
wegen seines unterlassenen Kirchenbesuches und Abendmahles, sondern auch
wegen seiner Lehre und Schriften und der gegen die theologische Fakultät
gerichteten Vorwürfe. Und Fabricius? Laudabiliter se subjecit. Er musste am
27. August eine von dem Oberpfarrer Professor Arnold verfasste Erklärung
unterschreiben, in der er nicht nur die Thesen von 1760 widerrief und „die
der theologischen Fakultät alhier in meinem libello Apologetico und hernach
in meinen sogenannten Articulis fundamentalibus und andern beygehenden
im Jahr 1764 exhibirten Schriften aus Missverstand gemachte Vorwürfe“ zurück-
nahm, sondern auch gelobte, dass er sich „hinführo wieder zur Kirche halten“
und „als Glied der Reformierten der hiesigen christlichen Gemeinde in Zukunfft
beywohnen werde.“
Ein Mann von solchem Charakter konnte sich natürlich keines persönlichen
Ansehens bei den Kollegen erfreuen; Fabricius hat es aber auch nicht ver-
standen, sich in der Bürgerschaft von Herborn eine geachtete Stellung zu erringen.
Schuld daran war neben seiner wenig umgänglichen Art vor allem seine schlechte
finanzielle Lage; mit dem Gehalt eines ausserordentlichen Professors von 200
Gulden liessen sich keine Sprünge machen, und Fabricius reichte auch mit dem
Höchstgehalt eines Ordinarius von 500 Gulden, das er übrigens erst 1773, ein Jahr
vor seinem endgültigen Ausscheiden aus dem Lehrkörper, erlangte, nicht aus. Er
konnte seine Wohnungsmieten nicht bezahlen und blieb jahrelang die Waren beim
Krämer und Gastwirt schuldig; Klagen, Prozesse und Gehaltsabzüge waren die
Folgen. Nach seinem eigenen Zeugnis konnte er 1763 deshalb keine Wohnung
erhalten und richtete im Verlauf weniger Monate vier Gesuche an die Regierung
um Überlassung einer Wohnung im Herborner Schloss, und noch 1774, also
im Alter von 73 Jahren, musste er um freie Wohnung im Schloss oder Ver-
gütung des Hauszinses bitten; allein die Regierung schlug das Gesuch mit der
Begründung ab, Fabricius habe „für die Hochschule zu Herborn eigentlich gar
keine, viel weniger solche Verdienste, die ihm auf eine ausserordentliche Gnade
Anspruch geben könnten.“
Das Bild, das sich uns aus den Akten über Fabricius entrollt, ist also
kein vorteilhaftes, und wenn auch nicht jedes Urteil über ihn sine ira et studio
abgegeben ist, — selbst der akademische Senat hat Fabricius gegenüber keines-
12) Ihren Wortlaut konnte ich nicht feststellen; nach den Akten scheinen sie die „dog-
mata, ohne welche man weder seelig werden, noch reformiert seyn könne“, zum Gegenstand
gehabt zu haben.