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Verein für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung [Hrsg.]
Annalen des Vereins für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung — 37.1907(1908)

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Domarus, Max Eugen: Die älteste politische Zeitung in Nassau: ein Beitrag zur Geschichte des deutschen Zeitungswesens und der hohen Schule in Herborn
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https://doi.org/10.11588/diglit.70481#0162
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M. Domarus

liger und unglimpflicher expressionen insonderheit in Religions-
Sachen20) um so unfehlbarer zu enthalten, als bey weiterer Verspürung
solcher anzüglichkeiten man keinen Anstand nehmen wird noch darf, den
ferneren Druck der Zeitung zu untersagen und deshalb das Behörige zu
verordnen, wessen man jedoch, insofern durch ein in gehörigen Schranken
bleibendes Zeitungswerk dem Herrn Professori und der Herbornischen Druckerei
ein erlaubter Verdienst zugehen kann, lieber erübrigt haben möchte“. Am
24. Oktober forderte die Regierung ausserdem den Prorektor Rau auf, seines
Amtes als Oensor zu walten, da Fabricius „seine vorhin gebrauchte, anzügliche
Schreibart“ noch nicht abgelegt habe.
Ob die Drohung bei Fabricius etwas gefruchtet hat, vermag ich ohne
Kenntnis der späteren Nummern nicht zu sagen; wahrscheinlich war sie damals
die Veranlassung, dass Fabricius, wie wir von Regelein wissen, den Titel der
Zeitung in „Neueste Europaeische Nachrichten von Staatsgeschichten“
änderte, die „Kirchengeschichten“ also fortliess; später nahm er allerdings den
alten Titel wieder auf.
Ein Paar Monate hören wir nun nichts von der Herborner Zeitung, bis
Fabricius im Januar 1754 mit den auswärtigen Postämtern in Kon-
flikt geriet.
Schon im Oktober 1753 waren von dem Heidelberger Postamt, das den
Vertrieb der Herborner Nachrichten in der Pfalz bis ins Elsass und in die
Schweiz übernommen hatte, dann auch von Mainz und im Januar 1754 vom
Postamt in Weinheim Beschwerden wegen unregelmässiger Zustellung der Zeitung
bei Fabricius eingegangen. Nach einer Eingabe des Fabricius an die Landes-
regierung in Dillenburg vom 22. Januar 1754 war das kaiserliche Postamt in
Wetzlar und dessen vermutlich von den Jesuiten angestifteter (!) Postmeister
Löhr an allem schuld. Von diesem Postamt erhielt Fabricius eine Probezeitung
„der stumme Advokat“ zugesandt; er schickte das Blatt, das er für ein Pasquill
erklärte — es enthielt auch Artikel gegen Fabricius —, nicht zurück, sondern
gab es privatim weiter an den Oberpostmeister von Lüls in Heidelberg. Das
Wetzlarer Postamt forderte jedoch durch den Herborner Zeitungsexpeditor
Conradi „den stummen Advokaten“ zurück, andernfalls es alle Herborner Zeitungs-
pakete zurückschicken würde. Das Letztere geschah denn auch zu Anfang
Januar 1754, worauf Fabricius von der Regierung, mit deren „Vorwissen, folglich
Bewilligung“, die Zeitung erschiene, Schutz wider „das unbefugte und boshafte
Verfahren des Postmeisters zu Wetzlar“ forderte.
Die Regierung konnte ihm am 24. Januar keinen anderen Rat erteilen,
als sich „den stummen Advokaten“ wieder zu verschaffen und dem Postamt
in Wetzlar zurückzusenden; denn wenn ihm die Zeitung als Probe zur Debits-
verschaffung und nachherigen Remission zugeschickt worden sei, so habe er
sich die Verzögerung in der Spedition der Herborner Zeitungen selbst zuzuschreiben.
Dieser Konflikt mit dem „katholischen“ (!) Postamt in Wetzlar sollte
Fabricius verhängnisvoll werden; Fabricius hatte sich in dieser Sache und über-

20) Im Konzept stand zuerst „gegen die römische Religion“.
 
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