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Köstler, Dietmar; Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege; Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege [Mitarb.]; Verein zur Förderung der Industrie-Archäologie [Mitarb.]; Deutsches Museum von Meisterwerken der Naturwissenschaft und Technik [Mitarb.]; Deutsches Museum von Meisterwerken der Naturwissenschaft und Technik [Mitarb.]
Vom Glaspalast zum Gaskessel: Münchens Weg ins technische Zeitalter — Arbeitshefte des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege, Band 3: München: Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege, 1978

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https://doi.org/10.11588/diglit.63240#0049
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DIEISARTALBAHN

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Das Isarufer zwischen Thalkirchen, Maria Einsiedel und Mün-
chen war von jeher ein reger Umschlagplatz für Floßgut aus
dem an Naturprodukten (Holz, Kohle, Torf) reichen Süden. Mit
dem Bau des Südbahnhofes (1868—71) und in dessen Gefolge
der Stadtlagerhäuser (heutige Großmarkthalle, 1871—88), des
Schlacht- und Viehhofes (1876-78) und der beiden Staats-
linien München —Holzkirchen (1854—57) und München-
Starnberg—Penzberg (1852 — 54) werden die Standortvorteile
für gewerbliche Zwecke im Süden Münchens noch erhöht.
Bereits 1870 geht beim Magistrat von München ein Antrag ein,
das Projekt einer Isartalbahn in „nähere Erwägung zu
ziehen" und sich den bereits gebildeten Ausschüssen der Ge-
meinden des Isar- und des Loisachtales anzuschließen. Dabei
wird die „hohe industrielle und finanzielle Bedeutung" eines
solchen Projektes hervorgehoben. Als 1888 die Erweiterung des
Münchner Trambahnnetzes auf dem Programm steht, geht in
diesem Zusammenhang beim Magistrat ein Gesuch des Kauf-
manns Franz Mayerhofer als Vertreter des Fabrikanten Böhrin-
ger in Mannheim zur Errichtung einer Lokalbahn nach Wolfrats-
hausen vom Sendlinger Torplatz aus über die Goethestraße
zum Südbahnhof und durch die Thalkirchner Straße ein. Zu-
sätzlich zu dieser Dampfbahn plant er einen Pferdebahnbetrieb
auf der Linie Bayerstraße — Goethestraße, der die Wolfrats-
hauser Linie mit dem bestehenden Trambahnnetz verbinden
soll. Hinter dem Fabrikanten Böhringer steht eine überregionale
Lokalbahnaktiengesellschaft, die sich hier offensichtlich ein lu-
kratives Geschäft verspricht. Nach langwierigen Verhandlun-
gen mit der Gemeinde München über die Führung der Isartal-
bahn innerhalb des Burgfriedens und nach Passieren des
schwerfälligen Verwaltungsapparates der kgl. Staatsregierung,
wird 1890 von der kgl. Regierung eine „allerhöchste Konzes-
sionsurkunde" zum Bau und Betrieb einer Lokalbahn von Mün-
chen nach Wolfratshausen erlassen. Am 10. Juni 1891 wird die
Teilstrecke München —Ebenhausen eröffnet und die Empfangs-
gebäude am Thalkirchner Bahnhof (Maria-Einsiedel-Str. 3)
übergeben. Ebenfalls bis zur Eröffnung sind die Gebäude des
Münchner Isartalbahnhofes (Schäftlarnstraße 9) fertiggestellt.
Am 4. März 1893 wird die Errichtung einer neuen Haltestelle
zwischen der Haltestelle Maria-Einsiedel und Großhesselohe
„nächst der Restauration 'Prinz Ludwigshöhe' vom kgl. Mini-
sterium genehmigt. 1896 erhält die Lokalbahnaktiengesellschaft
die Konzession zu einer normalspurigen Bahn von Wolfratshau-
sen nach Bichl in Anschluß an die in Bau genommene Staats-
bahnlinie Penzberg —Bichl —Kochel unter der Bedingung, daß
die Tarife nicht niedriger sein dürfen als die auf der 16 km länge-
ren Staatsbahnstrecke München —Tutzing —Kochel.
1899 erfolgt die Konzession zur Einführung des elektrischen Be-
triebes zwischen München und Grünwald neben dem Betrieb
mit Dampflokomotiven. Die Stromversorgung soll von einer ei-
genen elektrischen Zentrale in Thalkirchen aus geschehen. Die-
se Maschinenstation ist Teil einer neu geplanten Wartungs-
und Deponieranlage, die außerdem noch drei größere Lok-
schuppen und verschiedene Nebengebäude umfaßt.

1911 wird die Verstaatlichung der Isartalbahn und die Übernah-
me der Strecke Isartalbahnhof — Großhesselohe im Zusam-
menhang mit der Eröffnung des Zoologischen Gartens aktuell.
1914 beträgt das Defizit der Lokalbahnaktiengesellschaft 200
bis 250 000 RM; das große Geschäft, das sich die Gesellschaft
hier versprochen hat, scheint sich nicht eingestellt zu haben.
Erst 1938 wird die Isartalbahn durch Reichsgesetz der Reichs-
bahn einverleibt. Seit dem Bau einer Gleisschleife in Großhes-
selohe im Jahre 1950 und Umleitung der wichtigsten Züge zum
Holzkirchner Bahnhof gingen die Fahrgastzahlen der Isartal-
bahn immer mehr zurück. Mit der Planung des Mittleren Rings
wird 1963 die Isartalbahn Gegenstand öffentlicher Auseinander-
setzungen. Um einen reibungslosen Verkehr in der Bruder-
mühlstraße und auf der Hangauffahrt bei der geplanten neuen
Thalkirchner Brücke (Brudermühlbrücke) zu gewährleisten,
wünscht die Stadt eine Aufhebung des Zugverkehrs zwischen
dem Isartalbahnhof und Thalkirchen. Schließlich behalten aber
doch Rentabilitätsabwägungen auf Seiten der Bundesbahn und
Verkehrsstrategien auf Seiten der Stadt die Oberhand: Am 31.
Mai 1964 wird die Isartalbahn — 74 Jahre alt — zwischen Mün-
chen und Höllriegelskreuth stillgelegt und durch eine Buslinie
ersetzt. Das Ergebnis der Bemühungen um eine Lösung der
durch die Stillegung der Isartalbahn entstandenen Verkehrspro-
bleme im Isartal ist der Ausbau der Strecke München — Wol-
fratshausen vom Holzkirchner Bahnhof aus als S-Bahnlinie.
Der Gleisabschnitt Isartalbahnhof wird heute lediglich noch als
Industriegleis benutzt.

Abb. 92 Isartalbahn, Betriebsgebäude Schäftlarnstraße
(Remisen)
Abb. 93 Bahnhof Schäftlarnstraße (Isartalbahnhof)
Abb. 94 Bahnhof Großhesselohe
Abb. 95 Bahnhof Großhesselohe (Staatsbahnhof)
 
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