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Architektonische Rundschau: Skizzenblätter aus allen Gebieten der Baukunst — 22.1906

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Heft 1
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Sutter, Conrad: Der Garten ein Kunstwerk
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https://doi.org/10.11588/diglit.44851#0015
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1Q06

A RCHI TEKTONISCHE R UN DSC HA U

Heft 1


Garten der Architekten L. F. Fuchs und A. Koch in Darmstadt.
Verweilens entgegenkommt, einem gewissermaßen ins Freie
erweiterten Wohnen entspricht, das alles zeigt im Prinzip das
richtige Erfassen für künstlerische Gestaltung der Gartenanlage,
wenn auch namentlich in den architektonischen Details noch
eine etwas von den Formen des Empire oder Biedermeier-
tums abhängige Anlehnung zu spüren ist, so ist doch die
ganze Schöpfung auch in der farbigen Behandlung, im Wechsel
zwischen Rasen, Blumenanlagen, Wegen etc. eine einheitliche.
Es ist ein Garten zu beschaulichem Wandeln, zu ungestörtem
Naturgenuß auf einladenden Sitzplätzen, der das Gefühl der
Wohnlichkeit durch rhythmische und geordnete Verwendung
des Geländes hervorruft.
Auf gleichem Prinzip beruht die danebenliegende Garten-
anlage des Gartenarchitekten E. UZ Begas (Neu-Isenburg), der
sich seinen Garten als einen hinter einem herrschaftlichen
Stadthause gelegenen Hausgarten denkt. Auch hier die ein-
fache geometrische Gliederung, der gute Wechsel zwischen
Rasenflächen und Blumen- oder Nährpflanzengruppen, die
gute Verwendung alter Baumbestände und im ganzen die
starke Betonung des Wohngartencharakters, bei einer schon
freieren Führung der Formen.
Das Bürgergärtchen des Malers H. D. Leipheimer (Darm-
stadt) leidet etwas unter einem Zuviel, das dort ausgestellt
werden sollte. Die geometrische Grundrißanlage ist einfach,
klar und zweckentsprechend. Worin gerade die besondere
Betonung des »Bürgerlichen« liegen soll, habe ich nicht emp-
funden, ich sah »hausmachende« Gärten auf dem Lande, auch
kleine Pfarrgärten oder Kleinstadtgärten, deren Besitzer den
verschiedensten Berufsarten angehörten, die alle mehr oder
weniger einen gleichen Charakter trugen. Ob es ein Vorzug
wäre, das Spießbürgertum im Garten wiederzuspiegeln und
ob das eine künstlerische Tat wäre, erscheint mir zweifelhaft.
Die beiden Sondergärten der in dieser Ausstellung ver-
einigt auftretenden Architekten L. E. Euchs und A. Koch
(Darmstadt) leiden in ihren Grundrissen etwas unter der un-
günstigen Geländeform, in die sie hineingepaßt werden mußten,

doch kommt das tatsächlich noch mehr beim Beschauen des
Planes als in Wirklichkeit zur Geltung. Die Verfasser ge-
stalteten den einen Garten mehr als einfachen Hausgarten,
der zugleich Nutzgarten ist, während der andre mehr einer
vornehmeren Lebensführung entsprechen soll. Der Hausgarten
ist entschieden und klar für seine Zweckbestimmung heraus-
gearbeitet. Die verschiedene Bodenhöhe ist durch Terrassie-
rung geschickt benutzt und damit zugleich eine Teilung in
Nutzgarten und Blumengärtchen erzielt. Der Rebengang gibt
mit seiner guten, einfachen, völlig zweckentsprechenden Form
der ganzen Anlage gewissermaßen den architektonischen Halt
und wirkt bestimmend auf die Gesamteinteilung. Obwohl
man bei beiden Gärten von Euchs und Koch das entschiedene
Streben nach künstlerischer Gestaltung erkennt, so ist dieser
Vorzug doch mehr in der einfacheren Form des Hausgartens
als in dessen Gegenstück zu finden. Dort tritt uns allerdings
eine größere Eleganz, aber auch eine weniger eigenartige
Lösung entgegen. Ich betonte schon die nicht gerade günstige
Geländeform, die hier auszubilden war, und dieser ist sicher
die Schwierigkeit der Lösung zuzuschreiben, der eine gewisse
Nonchalance der Formgebung entspricht. Ich möchte gerade
dieses Beispiel dazu benutzen, um auf den hohen Wert der
Geschlossenheit im künstlerischen Bild, das der Garten bieten
soll, hinzuweisen. In den Details dieses Gartens und in der
Art, wie die Künstler sich damit abgefunden haben, steinerne
Brunnen und Bänke, Gartenmöbel und Plastiken unterzubringen,
zeigt sich trotzdem, daß auch hier mit ernsten Absichten auf
ein künstlerisches Ziel hingearbeitet wurde.


Wie dieses rein künstlerische Ziel, den Garten zu einem
vollendeten Schmuckstück zu gestalten, erreicht wird, finden
wir in den Gärten Olbrichs in entzückender Weise klargelegt.
Olbrichs Anordnung seiner drei Gärten entspricht ganz
und gar der Großzügigkeit der Orangeriegartenanlage und
zeigt den alles beherrschenden Raumkünstler. Warum hat er
für seine Gärten gerade die erste große Terrasse gewählt,
warum hat er auf dieser großen freien, auf drei Seiten von
mächtigen Kastanien- und Lindenbäumen gradlinig eingefaßten
Terrasse seine drei Gärten, auf deren Querachse, vertieft an-
gelegt, und diesen Gärten nach dem vorderen Terrassenrain
einen Rasenvorhof geschaffen, dessen Fläche er wieder durch
niedrige Terrassierung belebte und
mit den Gärten in Berührung-
setzte? — Weil er seiner Aufgabe
mit dem ganzen Ernste bewußter
rein künstlerischer Gestaltungs-
kraft gegenübertritt, weil er sich
nicht vom Zufall der Materie leiten
läßt, sondern den Zufall, die äuße-
ren Umstände meistert und seinen
künstlerischen Absichten gefügig-
macht. So wie Olbrich seine Gär-
ten geschaffen hat, sind sie nur
an dieser Stelle denkbar. Gleich
großen Schmuckstücken sind sie
in die Erde eingelassen, einer wie
der andre gleich groß in acht-
eckiger Form. Die geometrischen


Der rote und der blaue Garten. Gesamtansicht.

Architekt: Professor J. M. Olbrich in Darmstadt.

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