MICHELOZZO DI BARTOLOMMEO
ARBEITEN IM PALAZZO VECCHIO ODER
DELLA SIGNORIA ZU FLORENZ.
E von Michelozzo im Palazzo della Signoria aus-
geführten Arbeiten waren laut Vasari so beträcht-
lich, dass er ihm, nach Arnolfo, einen bedeutenden
Anteil an dessen damaliger Erscheinung zuschreibt. Da nun seine
Arbeiten zum Teil untergegangen sind, so müssen wir etwas länger
bei dieser Thätigkeit verweilen, um den wirklichen Sachverhalt bei
einigen wichtigen Sälen genauer feststellen zu können.
Die HALLEN DES VORDEREN HOFES. Der alte
Hof des Palazzo della Signoria war durch verschiedene Einbauten
entstellt, und es entstand der Wunsch, ihn in einer der Stadt wür-
digen Weise wieder herzustellen1). Am 6. Februar 1454 (n. Stils)2)
ward beschlossen, für den Ersatz der in seinen zugemauerten
Hallen angebrachten Amtsräumlichkeiten neue Lokale zu mieten,
üblichen Gebrauche, die alten Fenster sorgfältig zugemauert und
die Stellen der neuen herausgeschnitten wurden, ist unbestimmt.
DeTAILS IM HOFE. Blatt 8. Die Angabe Vasaris,
dass Michelozzo die von ihm ersetzten Säulen mit neuen Kapi-
talen versehen habe, um sie von jenen Arnolfos zu unterscheiden,
ist nicht verständlich, da sämtliche Kapitale, abgesehen von ge-
ringen Zuthaten in Stuck, deutlich den Charakter Michelozzos
und dieselbe Vorliebe für Mannigfaltigkeit zeigen, die wir an seinen
beiden Tabernakeln treffen. Auffallend ist bei den einen (vier rechts
vom Eintritt, Fig. 19) eine ältere Zeichnung des Laubs, während an
den übrigen es an dasjenige Michelozzos in Mailand erinnert. Siehe
Allgemeines, Kapitale Bl. 5 die zwei ersten rechts abgebildet. Die
Profilierungen der Bogengurte, Fenster u. s. w. sind voll und kräftig,
ohne schwer zu wirken. Richtig ist wieder Vasaris Bemerkung,
dass diese Fenster (Fig. 20) jenen des Palazzo Medici (Riccardi)
gleichen, und hierin liegt eine Bestätigung, dass diese Gebäude-
und am 13. desselben Mo-
nats3), dass innerhalb drei
Tagen die drei Operai
und der Notar, welche dem
Umbau vorstehen und die
Meister berufen sollen, ge-
wählt sein müssen. Am
11. Oktober war das Werk
bereits im Gange4).
Dass ausserdem das
Gebäude, wie Vasari schreibt,
baufällig war und die Säu-
len durch Michelozzo aus-
gewechselt werden mussten,
scheint durch den Umstand
bestätigt, dass sämtliche
Säulenkapitäle aus der Zeit
Michelozzos stammen. Die
FIG. 21. CASSETTE VON DER DECKE DES SAALS DER ZWEI HUNDERT IM PALAZZO VECCHIO.
teile demselben Meister zu-
geschrieben wirklich von
ihm herrühren. Die Sgraf-
fitodekoration der Mauern,
bestehend in Lilien auf
blauem Grunde, wurde 1809
auf Befehl der französischen
Regierung in Toscana be-
seitigt. Sie ist noch bei
Grandjean und Famin ab-
gebildet.
Die inneren um-
bauten. ®v® Vasari, der
selbst im Palaste der Sig-
noria viel baute und den
früheren Zustand des Pa-
lastes genau kannte, wid-
unregelmässige Grundform des Hofes, die ungleichen Abstände der
Säulen (Fig. 18) sprechen dafür, dass diese wirklich an die Stellen der
älteren aufgemauert wurden. Aus den Worten des Beschlusses vom
13. Februar geht hervor, dass man damals nur an die Restau-
ration der unteren Teile des Hofs dachte, und liegt hierin eine
neue Bestätigung der Erzählung Vasaris und des von ihm be-
schriebenen Verfahrens Michelozzos bei der Erneuerung der Säulen,
welches nur bei der beabsichtigten Beibehaltung der oberen
Stockwerke einen Sinn hatte.
Der OBERE TEIL DES HOFES. Wieviel Zeit zwischen
der Vollendung dieser Arbeit und dem Entschluss, auch die oberen
Teile des Hofs zu erneuern, verstrich, können wir nicht sagen,
ebenso wenig, ob diese abgetragen und, wie Vasari berichtet, durch
leichtere Mauern ersetzt wurden, oder aber nach dem in Florenz
met im Leben Michelozzos den zahlreichen Umbauten, welche
dieser in den drei oberen Stöcken vornahm, eine Besprechung,
deren Länge er zu entschuldigen für nötig findet.
Nach dem Stile der vorhandenen Räume schienen nur noch
vier derselben mit den Umbauten Michelozzos in Beziehung gebracht
werden zu können: die Säle der Dugento und ein daneben-
liegender, deren Decke in Fig. 21 abgebildet, im ersten — der
Udienza und des Orologio darüber im zweiten Stocke. Vasari
betont gerade den Reichtum einiger seiner geschnitzten, bemalten,
mit goldenen Lilien auf blauem Grunde verzierten Decken, und war
man um so mehr berechtigt, die drei Decken der erwähnten Säle
als die seinigen anzusehen, als deren Dekoration nicht nur diese
Merkmale aufweist, sondern ihr Stil in manchem Detail hinreichende
Ähnlichkeit mit anderen Werken Michelozzos bot, um zur Annahme
zu führen, dass diese drei Räumlichkeiten noch von ihm herrühren 5).
1) Gaye, Carteggio I, 560, meldet bereits diesen Beschluss unter dem
29. Januar 1454 als gefasst vom Gonfaloniere di giustizia und Giovanni
di Cosimo Medici. Dieser mochte für die Wahl Michelozzos entscheidend ge-
wirkt haben.
2) Storia del Palazzo Vecchio, narrata da Aurelio Gotti, Firenze 1889,
p. 85, ... pro reducendo loca inferiora circa curiam palatii dominorum ad pristinam
et originalem et antiquam fortnam cum qua constructa a principio fuerunt pro
ornatu et pulchritudine et magnificentia dicti palatii, ideo propterea etc. . . . .
3) Ibidem, p. 85. Ad finem . . . quod Palatium . . . habeat eius ornatum
in suis partibus inferioribus circa lodias . .
4) Gaye, I, 562, . . . adtento quod fuit inceptum opus lodiarum et colun-
narum inferioris partis pro magnificentia et ornatu dicti palatii . . .
5) Umsomehr, als man sonst wegen ihres Charakters, der eine viel spätere
Datierung ausschliesst, zu der sehr unwahrscheinlichen Annahme greifen müsste, dass
die 1 eichen Decken Michelozzos etwa zehn Jahre nach ihrer Herstellung schon durch
neue ersetzt worden wären.
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ARBEITEN IM PALAZZO VECCHIO ODER
DELLA SIGNORIA ZU FLORENZ.
E von Michelozzo im Palazzo della Signoria aus-
geführten Arbeiten waren laut Vasari so beträcht-
lich, dass er ihm, nach Arnolfo, einen bedeutenden
Anteil an dessen damaliger Erscheinung zuschreibt. Da nun seine
Arbeiten zum Teil untergegangen sind, so müssen wir etwas länger
bei dieser Thätigkeit verweilen, um den wirklichen Sachverhalt bei
einigen wichtigen Sälen genauer feststellen zu können.
Die HALLEN DES VORDEREN HOFES. Der alte
Hof des Palazzo della Signoria war durch verschiedene Einbauten
entstellt, und es entstand der Wunsch, ihn in einer der Stadt wür-
digen Weise wieder herzustellen1). Am 6. Februar 1454 (n. Stils)2)
ward beschlossen, für den Ersatz der in seinen zugemauerten
Hallen angebrachten Amtsräumlichkeiten neue Lokale zu mieten,
üblichen Gebrauche, die alten Fenster sorgfältig zugemauert und
die Stellen der neuen herausgeschnitten wurden, ist unbestimmt.
DeTAILS IM HOFE. Blatt 8. Die Angabe Vasaris,
dass Michelozzo die von ihm ersetzten Säulen mit neuen Kapi-
talen versehen habe, um sie von jenen Arnolfos zu unterscheiden,
ist nicht verständlich, da sämtliche Kapitale, abgesehen von ge-
ringen Zuthaten in Stuck, deutlich den Charakter Michelozzos
und dieselbe Vorliebe für Mannigfaltigkeit zeigen, die wir an seinen
beiden Tabernakeln treffen. Auffallend ist bei den einen (vier rechts
vom Eintritt, Fig. 19) eine ältere Zeichnung des Laubs, während an
den übrigen es an dasjenige Michelozzos in Mailand erinnert. Siehe
Allgemeines, Kapitale Bl. 5 die zwei ersten rechts abgebildet. Die
Profilierungen der Bogengurte, Fenster u. s. w. sind voll und kräftig,
ohne schwer zu wirken. Richtig ist wieder Vasaris Bemerkung,
dass diese Fenster (Fig. 20) jenen des Palazzo Medici (Riccardi)
gleichen, und hierin liegt eine Bestätigung, dass diese Gebäude-
und am 13. desselben Mo-
nats3), dass innerhalb drei
Tagen die drei Operai
und der Notar, welche dem
Umbau vorstehen und die
Meister berufen sollen, ge-
wählt sein müssen. Am
11. Oktober war das Werk
bereits im Gange4).
Dass ausserdem das
Gebäude, wie Vasari schreibt,
baufällig war und die Säu-
len durch Michelozzo aus-
gewechselt werden mussten,
scheint durch den Umstand
bestätigt, dass sämtliche
Säulenkapitäle aus der Zeit
Michelozzos stammen. Die
FIG. 21. CASSETTE VON DER DECKE DES SAALS DER ZWEI HUNDERT IM PALAZZO VECCHIO.
teile demselben Meister zu-
geschrieben wirklich von
ihm herrühren. Die Sgraf-
fitodekoration der Mauern,
bestehend in Lilien auf
blauem Grunde, wurde 1809
auf Befehl der französischen
Regierung in Toscana be-
seitigt. Sie ist noch bei
Grandjean und Famin ab-
gebildet.
Die inneren um-
bauten. ®v® Vasari, der
selbst im Palaste der Sig-
noria viel baute und den
früheren Zustand des Pa-
lastes genau kannte, wid-
unregelmässige Grundform des Hofes, die ungleichen Abstände der
Säulen (Fig. 18) sprechen dafür, dass diese wirklich an die Stellen der
älteren aufgemauert wurden. Aus den Worten des Beschlusses vom
13. Februar geht hervor, dass man damals nur an die Restau-
ration der unteren Teile des Hofs dachte, und liegt hierin eine
neue Bestätigung der Erzählung Vasaris und des von ihm be-
schriebenen Verfahrens Michelozzos bei der Erneuerung der Säulen,
welches nur bei der beabsichtigten Beibehaltung der oberen
Stockwerke einen Sinn hatte.
Der OBERE TEIL DES HOFES. Wieviel Zeit zwischen
der Vollendung dieser Arbeit und dem Entschluss, auch die oberen
Teile des Hofs zu erneuern, verstrich, können wir nicht sagen,
ebenso wenig, ob diese abgetragen und, wie Vasari berichtet, durch
leichtere Mauern ersetzt wurden, oder aber nach dem in Florenz
met im Leben Michelozzos den zahlreichen Umbauten, welche
dieser in den drei oberen Stöcken vornahm, eine Besprechung,
deren Länge er zu entschuldigen für nötig findet.
Nach dem Stile der vorhandenen Räume schienen nur noch
vier derselben mit den Umbauten Michelozzos in Beziehung gebracht
werden zu können: die Säle der Dugento und ein daneben-
liegender, deren Decke in Fig. 21 abgebildet, im ersten — der
Udienza und des Orologio darüber im zweiten Stocke. Vasari
betont gerade den Reichtum einiger seiner geschnitzten, bemalten,
mit goldenen Lilien auf blauem Grunde verzierten Decken, und war
man um so mehr berechtigt, die drei Decken der erwähnten Säle
als die seinigen anzusehen, als deren Dekoration nicht nur diese
Merkmale aufweist, sondern ihr Stil in manchem Detail hinreichende
Ähnlichkeit mit anderen Werken Michelozzos bot, um zur Annahme
zu führen, dass diese drei Räumlichkeiten noch von ihm herrühren 5).
1) Gaye, Carteggio I, 560, meldet bereits diesen Beschluss unter dem
29. Januar 1454 als gefasst vom Gonfaloniere di giustizia und Giovanni
di Cosimo Medici. Dieser mochte für die Wahl Michelozzos entscheidend ge-
wirkt haben.
2) Storia del Palazzo Vecchio, narrata da Aurelio Gotti, Firenze 1889,
p. 85, ... pro reducendo loca inferiora circa curiam palatii dominorum ad pristinam
et originalem et antiquam fortnam cum qua constructa a principio fuerunt pro
ornatu et pulchritudine et magnificentia dicti palatii, ideo propterea etc. . . . .
3) Ibidem, p. 85. Ad finem . . . quod Palatium . . . habeat eius ornatum
in suis partibus inferioribus circa lodias . .
4) Gaye, I, 562, . . . adtento quod fuit inceptum opus lodiarum et colun-
narum inferioris partis pro magnificentia et ornatu dicti palatii . . .
5) Umsomehr, als man sonst wegen ihres Charakters, der eine viel spätere
Datierung ausschliesst, zu der sehr unwahrscheinlichen Annahme greifen müsste, dass
die 1 eichen Decken Michelozzos etwa zehn Jahre nach ihrer Herstellung schon durch
neue ersetzt worden wären.
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