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hang mit anderen Gebieten des gesellschaftlichen Le-
bens zeigt, gelangt der zweite zur Komparatistik
unterschiedlicher Sphären der Kultur. Beide sind zur
Komparatistik der Kulturen, als auch zur inherenten
Soziologie gerichtet. Beide betonen die spezifische so-
ziale Funktion und Unersetzbarkeiten der Kunst-
werke.
Der Trend zur synthetischen Konzeption der Kunst
und ihrer Geschichte, ob schon als Synthese (bzw.
Kooperation) der Methoden oder als Erarbeitung (und
Applikation) des gemeinsamen Nenners verschiedener
Sphären aufgefasst, wird in der gesummten gegen-
wärtigen Kunsthistoriographie bemerkbar. Die sowje-
tische Kunstgeschichte im Bezug zu diesem syntheti-
sierenden Trend zeichnet sich damit aus, dass das
Suchen nach der universalistischen, komplexen und
synthetischen Auffasung in ihrer Geschichte vom
Anfang an enthalten war. Sie konnte sich hier auf
die Tradition der russischen Kunsthistoriographie
stützen, aber die entscheidende Rolle spielte die
marxistische Plattform der sowjetischen Kunst-
wissenschaft mit ihrem fundamentalen Universalismus
und Monismus. Daraus erfolgte auch das zweite ent-
scheidende Merkmal der Richtung der sowjetischen
Kunstgeschichte zum synthetischen Standpunkt: näm-
lich dass die Einstellung zur Synthese mit dem pro-
grammatischen Objektivismus und Materialismus un-
zertrennlich verbunden ist. Der sowjetische Kunst-
historiker hat keine Angst die historische Erkenntnis
und den ästhetischen Eindruck, die Erkenntnis und
das Erlebnis, das objektive und subjektive Element
zu synthetisieren. Er geht aus der Überzeugung über
die Objektivität der Erkenntnis als auch der Werte

aus. Er fasst die Kunst als dialektische Einheit der
historisch entstandenen Erkenntnis und der überzeit-
lichen Werte auf. Dies ist letzten Endes auf der Über-
zeugung der Gesetzmässigkeit der historischen Ent-
wicklung der Gesellschaft begründet. Auf dieser Ge-
setzmässigkeit ist die Dauerhaftigkeit der Werte der
Kunst begründet. Die ästhetische Wertung tritt hier
nicht als blosse subjektive Tätigkeit auf, ja sogar nicht
einmal als eine Tätigkeit eines kollektiven Subjektes,
da sich durch sie — wie es sich aus dem Marxismus
ergibt — die geschichtliche Gesetzmässigkeit selbst
realisiert. Diese gesetzliche Natur der Geschichte stellt
der Progress der Humanität dar. Die Kunstwerke der
Vergangenheit seien Dauerwerte, weil sie die Konkre-
tisierungen des auf diese Weise historisch sich reali-
sierenden Fortschrittes der Menschlichkeit seien.
Die vorgelegte Studie stellt nur den ersten Teil eines
grösseren Ganzen dar. Sie konzentriert sich nur auf
die· Analyse der ersten Art des Weges der sowjeti-
schen kunsthistorischen Methodologie zur syntheti-
schen Auffassung — auf die Analyse der Syntheti-
sierung der Methoden. In deren Rahmen unterscheidet
sie die monistische Konzeption (repräsentiert durch
B. R. Vipper) und die polyphonischen Konzeptionen
(repräsentiert durch Alpatovs und Lazarevs Programm
der Synthese). Der zweite Teil der Analyse der Wege
der sowjetischen kunsthistorischen Methodologie zur
synthetischen Konzeption (als Analyse der „Syntheti-
zität.“ aufgefasst) wird im Sammelband Litteraria (Slo-
wakische Akademie der Wissenschaften) unter dem
Titel „Grundfragen der Kunstgeschichte mit den Augen
der sowjetischen Semiotik gesehen“ erscheinen.
 
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