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Andreae, Bernard [Hrsg.]; Matz, Friedrich [Hrsg.]; Andreae, Bernard [Hrsg.]; Robert, Carl [Hrsg.]
Die antiken Sarkophagreliefs (1,2): Die Sarkophage mit Darstellungen aus dem Menschenleben: Die römischen Jagdsarkophage — Berlin, 1980

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https://doi.org/10.11588/diglit.14580#0044

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1.5.4. DER SARKOPHAG IN DRESDEN

nämlich aus dem Circus mit seinen Tierhatzen172, in die symbolisch gemeinte Darstellung eindringen. Dies
ist nicht überraschend, wenn man bedenkt, daß der Sarkophag eines Venators173 am Anfang der ganzen
Entwicklung stand.

1.5.4. Der Jagdsarkophag in Dresden und das Fragment in Subiaco

Auch der vierte auf Tafel 6/7 wiedergegebene Sarkophag in Dresden (Kat. 28, Taf 7,6) stellt einen Sonderfall
dar. Er scheint zwar nicht das einzige Exemplar dieses Typus gewesen zu sein, denn das, was von einem
Sarkophag in Subiaco (Kat. 210, Taf. 6,5) übrig geblieben ist, stimmt so weitgehend mit dem Dresdner
Exemplar (Kat. 28, Taf. 7,6) überein, daß man eine nah verwandte Darstellung annehmen darf. Es ist
aber zu wenig, um sichere Schlüsse daraus zu ziehen, vor allem deshalb, weil die Darstellung des Dresdner
Sarkophages, der bis auf das ergänzte Stück in der rechten oberen Hälfte sehr gut erhalten ist, in einem
Punkt besonders merkwürdig erscheinen muß. Wiedergegeben ist eine Jagd auf Hirsch, Löwe und Eber.
Aber es ist nicht der Löwe, das edelste und gefährlichste Wild, das sich der nicht nur durch das Motiv,
sondern auch durch sein Porträt eindeutig bestimmte Sarkophaginhaber als Jagdherr ausgesucht hat, sondern
ein gewaltiger Keiler, dessen Kamm (in dem Bruch auf Bruch angefügten Fragment) den Löwen fast ums
Doppelte überragt. Quak portentum\llA Man könnte sich ohne weiteres vorstellen, daß das Verhältnis auf
dem Fragment in Subiaco (Kat. 210, Taf. 6,5) umgekehrt war, das heißt, daß der Jagdherr den Löwen
und die beiden Reiter hinter ihm ein untergeordnetes Wild wie den Eber jagen, aber das läßt sich nicht
mehr feststellen und darf deshalb bei den folgenden Überlegungen keine Rolle spielen. Auszugehen ist von
dem Faktum, daß der Jagdherr auf dem Dresdner Sarkophag (Kat. 28, Taf. 7,6) mit geschwungenem Vena-
bulum gegen den Eber anreitet, der bereits einen (in den Proportionen überlängten) Jagdgehilfen im Adonisty-
pus zu Boden geworfen hat. Dieser hatte seinen linken Arm ins Paludamentum gewickelt und stößt mit
der Faust von unten gegen den Hals des Ebers, um die Hauer von sich fern zu halten. In das Fell des
Ebers hat sich ein Hund verbissen, und von hinten springt ein Jäger hinzu, der dem Eber die Saufeder
ins Blatt stößt. Der Kopf dieses Jägers ist ergänzt ebenso wie die Köpfe der drei Jäger über dem F.ber.
Das Fragment mit dem Hund ist Bruch auf Bruch angepaßt. Der Eber hat den Hund nach Keilerart von
unten mit den Gewehren erfaßt und durch die Luft geschleudert175. Es handelt sich also um eine dramatische
und mit vielen Einzelheiten ausgestaltete Sauhatz, der gegenüber die Jagd nach links hin deutlich an Spannung
und Kraft nachläßt.

Der Jagdherr trägt weiche, eng anliegende Schuhe, Beinkleider, eine tiefgegürtete Ärmeltunica und das
übliche nach hinten wehende Paludamentum. E,r ist durch nichts von den reitenden Jagdherren vieler kanoni-
scher Löwenjagdsarkophage zu unterscheiden. Sein Schwert hat als Griff einen Adlerkopf, und auf dem
Rücken seines Pferdes liegt ein Pantherfell als Schabracke. Ob letztere etwas über seinen Rang aussagt,
scheint zweifelhaft, denn der hinter ihm reitende Jäger mit idealen Gesichtszügen hat ebenfalls eine Pantherfell-
schabracke, der dritte, diesem gleichgeordnete Reiter hingegen nicht.

Der Kopf des Jagdherrn (Taf. 10,6) ist zu einem Porträt von einer jedoch ziemlich allgemein gehaltenen
Prägung ausgearbeitet. Die Stoppelhaare auf der kugeligen Schädelkalotte sind mit Spitzmeißelhieben einge-
kerbt, ebenso ist der Wangen- und Kinnbart in drei Reihen übereinanderges^tzter Kerben angegeben. Die
Lippen des kleinen Mundes sind voll, ein Schnurrbart reicht von der Oberlippe entlang der gefurchten
Nasolabialfalte bis zum Bart hinab. Die kurze gerade Nase ist vorn bestoßen, könnte also spitzer gewesen
sein, als sie heute erscheint. Besonders eigentümlich, wenn auch nicht gerade individuell oder realistisch
ist der Schnitt der Augen, bei denen das schwere Oberlid mit einer scharfen Furche in Form einer Kreislinie
weit über das Unterlid übergreift. Der Augapfel quillt vor. Er hat eine eingeritzte Pupille und ein durch
zwei nebeneinander gesetzte Bohrtupfer angegebenes Glanzlicht darauf. Bei den Brauen erkennt man unter
der Bestoßung noch die schräggesetzten Kerben zur Angabe der Haare. Die hohe Stirn, in die der unregel-
mäßige Haaransatz sich in der Mitte und an den Schläfen tiefer hinabzieht als über den Brauen, ist von

s. Kap. 3.2.
s. Kap. 1.1.

Vgl. Horaz, Carmina i, 22, 13.

Vgl. den Sarkophagdeckel im Praetextatmuseum (Kat. 94,
Taf. 91,2) und Kap. ;.

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