332
MELEAGER
Dies ist der einzige bekannte Fall, dass an einem
Deckel die Heimtragung (vgl. 230 a. 231) und das Jagdmahl
mit einander verbunden sind, während jede dieser Dar-
stellungen für sich allein gerne an den Deckeln der
Sarkophage mit calydonischer Jagd angebracht werden.
Eine gewisse Analogie bietet der Deckel 293 a, auf dem
rechts das Jagdmahl, links Meleagers Bestattung dar-
gestellt war. 1
Die jugendliche Eckmaske weiss ich nicht zu be-
nennen. Die vier Helden, die ausser Atalante an dem
Gelage theilnahmen, sind natürlich Meleager, die beiden
Dioscuren und der bärtige Jäger von 265', für den oben
S. 329 die Benennung Theseus vorgeschlagen ist. Das
Gebäude, zu dem der sterbende Meleager hingetragen
wird, ist wohl nicht ein Stück Stadtmauer, sondern sein
Grabmal; vgl. 231. 248a. Von den beiden Trägern ist
der vordere jugendlich und mit der Exomis bekleidet, der
hintere bärtig, mit Glatze, trägt eine Tunica mit kurzen
Aermeln. Statt des Paedagogen erscheint ein ältlicher
Mann, der in der Rechten einen Jagdspeer hält und mit
der Linken den linken Arm des Sterbenden stützt. Oeneus
ist mit Chiton und Mantel bekleidet und hält in der Linken
das Scepter.
Rohe Arbeit aus dem dritten Jahrhundert.
272) F. Saint-Germain-en Laye, Musee. Fig. 272.
L. 0,75. H. 0,38. Rh. 0,03. Zeichnung von Eichler 1873.
Gefunden 1751 in Paris bei Fundamentarbeiten in der Rue
Vivienne zusammen mit anderen Relieffragmenten. Ein sehr ähn-
liches Bruchstück ist bei dal Pozzo Windsor IV 34 (240) gezeichnet;
ich hielt es früher, als ich den Fundbericht von caylus noch nicht
kannte, für identisch mit 272 und habe deshalb leider versäumt, die
Zeichnung photographiren zu lassen.
Abbildung: Caylus Recueil d'Antiquites II 1756 pl. 115 nr. 3.
Litteratur: caylus a.a.O. /. 382. 386J.; O. jahn Wand-
gemälde des Columbariums in der Villa Pamfili (Abh. d. Münchner
Akad. VIII 1858) S. 270 A. 92; Marquardt-Mau Privatleben der
Römer P 1886 S. 309 A. 2; Matz Monatsberichte der Preussischen
Akademie der Wissenschaften 1871 S. 494.
Auf diesem Fragment Fig. 272 ist nur das Jagdmahl
dargestellt. Die Schmausenden lagern aber hier auf einem
regelrechten sigmaförmigen Stibadium mit einer auf der
Innenseite herumlaufenden Lehne, auf der vor jedem eine
mappa ausgebreitet. Im Hintergrund ein Parapetasma. In
der Mitte steht vor ihnen der Eberkopf auf einer Schüssel;
vgl. 265. Links davon ein hoher und schmaler cylinder-
förmiger Strohkorb mit kegelförmigem Deckel und herab-
hängendem Griff, wohl mit Backwerk gefüllt zu denken;
vgl. 2642. An dem Mahle nehmen nur drei Personen theil.
Links die bequem auf dem Leib liegende Atalante mit
Melonenfrisur und im ärmellosen Chiton mit gegürtetem
Ueberschlag, in der gesenkten Rechten eine kleine Hypo-
thymis und das Kinn auf die linke Hand gestützt; vgl.
2642. 266. 2661. Neben ihr Meleager in der Chlamys
und mit einer breiten Binde im Haar; die linke Hand ruht
mit drei ausgestreckten Fingern auf dem Tisch; den Kopf
wendet er nach rechts und scheint mit dem erhobenen
rechten Arme den Schenken herbeizuwinken vgl. 2641—
265. 270. Zu seiner Linken sitzt einer der Dioscuren
in Chlamys und Pileus; die Linke legt er mit derselben
Fingerstellung wie Meleager auf den Tisch; mit der Rech-
ten führt er den Becher zum Mund. Rechts bringt ein
Diener in gegürteter und geschürzter Aermeltunica und
Schuhen auf einer Schüssel ein gebratenes Huhn heran,
vgl. 265" (im Text S. 329). Ihm entsprach links ein
zweiter Diener, von dem nur der linke Unterschenkel er-
halten ist, gewiss der Schenke, dem der Wink des Me-
leager gilt; vgl. 2642. 265'.
Sowohl die Abgeschlossenheit der Komposition wie
der rechts erhaltene Randstreifen, der leider auf unserer
Abbildung nicht wiedergegeben ist, beweisen, dass das
Fragment das Mittelfeld eines geriefelten Sarkophags war.
Aus dem dritten Jahrhundert.
273) F. Verschollen, vermuthlich in der ersten Hälfte
des 17. Jahrhunderts in Rom. Fig. 273. Nach dal Pozzo
Windsor IV 25 (98).
Alte Zeichnung: dal Pozzo a.a.O.
Auch dieses Fragment Fig. 273 ist wahrscheinlich das
Mittelfeld eines geriefelten Sarkophags. Vor einem im
Hintergrund ausgespannten Parapetasma sind auf einem
mit einer Matratze bedeckten Speisesopha Meleager und
Atalante gelagert. Vermuthlich trugen beide Porträtzüge,
woraus sich sowohl die sonst in dieser Zeit ganz un-
erhörte Bärtigkeit des Meleager, als auch der auffallende
Umstand erklärt, dass Atalante im Typus einer Göttin,
etwa der Diana, dargestellt ist. Sie trägt ein hohes
Diadem, einen von der rechten Brust abgeglittenen Chiton
und einen um den Unterkörper geschlungenen Mantel.
Indem sie sich zu ihrem Liebhaber hinwendet, stützt sie
ihr Kinn auf die linke Hand (vgl. 2642. 266. 2661. 272),
während die Rechte auf der Matratze ruht. Meleager
trägt eine auf der rechten Schulter geheftete, die ganze
Brust bedeckende Chlamys und hält in der Linken ein
Trinkgefäss; vgl. 2641. 2661. Zu seiner Linken erscheint
etwas im Hintergrund der eine Dioscur, den wir uns
wohl auf der rechten Ecke des Speisesophas sitzend vor-
zustellen haben. Mit der Rechten führt er den Becher
zum Mund, die Linke ruht auf der Matratze; vgl. 272.
Bekleidet ist er mit einer den ganzen Oberkörper ver-
hüllenden Chlamys und dem Pileus. Vor ihm sitzt in
Rückenansicht ein mit einem Himation um den Unterkörper
bekleideter Jüngling am Boden. Mit der Linken stützt er
sich auf die Erde, mit dem rechten Zeigefinger berührt er
MELEAGER
Dies ist der einzige bekannte Fall, dass an einem
Deckel die Heimtragung (vgl. 230 a. 231) und das Jagdmahl
mit einander verbunden sind, während jede dieser Dar-
stellungen für sich allein gerne an den Deckeln der
Sarkophage mit calydonischer Jagd angebracht werden.
Eine gewisse Analogie bietet der Deckel 293 a, auf dem
rechts das Jagdmahl, links Meleagers Bestattung dar-
gestellt war. 1
Die jugendliche Eckmaske weiss ich nicht zu be-
nennen. Die vier Helden, die ausser Atalante an dem
Gelage theilnahmen, sind natürlich Meleager, die beiden
Dioscuren und der bärtige Jäger von 265', für den oben
S. 329 die Benennung Theseus vorgeschlagen ist. Das
Gebäude, zu dem der sterbende Meleager hingetragen
wird, ist wohl nicht ein Stück Stadtmauer, sondern sein
Grabmal; vgl. 231. 248a. Von den beiden Trägern ist
der vordere jugendlich und mit der Exomis bekleidet, der
hintere bärtig, mit Glatze, trägt eine Tunica mit kurzen
Aermeln. Statt des Paedagogen erscheint ein ältlicher
Mann, der in der Rechten einen Jagdspeer hält und mit
der Linken den linken Arm des Sterbenden stützt. Oeneus
ist mit Chiton und Mantel bekleidet und hält in der Linken
das Scepter.
Rohe Arbeit aus dem dritten Jahrhundert.
272) F. Saint-Germain-en Laye, Musee. Fig. 272.
L. 0,75. H. 0,38. Rh. 0,03. Zeichnung von Eichler 1873.
Gefunden 1751 in Paris bei Fundamentarbeiten in der Rue
Vivienne zusammen mit anderen Relieffragmenten. Ein sehr ähn-
liches Bruchstück ist bei dal Pozzo Windsor IV 34 (240) gezeichnet;
ich hielt es früher, als ich den Fundbericht von caylus noch nicht
kannte, für identisch mit 272 und habe deshalb leider versäumt, die
Zeichnung photographiren zu lassen.
Abbildung: Caylus Recueil d'Antiquites II 1756 pl. 115 nr. 3.
Litteratur: caylus a.a.O. /. 382. 386J.; O. jahn Wand-
gemälde des Columbariums in der Villa Pamfili (Abh. d. Münchner
Akad. VIII 1858) S. 270 A. 92; Marquardt-Mau Privatleben der
Römer P 1886 S. 309 A. 2; Matz Monatsberichte der Preussischen
Akademie der Wissenschaften 1871 S. 494.
Auf diesem Fragment Fig. 272 ist nur das Jagdmahl
dargestellt. Die Schmausenden lagern aber hier auf einem
regelrechten sigmaförmigen Stibadium mit einer auf der
Innenseite herumlaufenden Lehne, auf der vor jedem eine
mappa ausgebreitet. Im Hintergrund ein Parapetasma. In
der Mitte steht vor ihnen der Eberkopf auf einer Schüssel;
vgl. 265. Links davon ein hoher und schmaler cylinder-
förmiger Strohkorb mit kegelförmigem Deckel und herab-
hängendem Griff, wohl mit Backwerk gefüllt zu denken;
vgl. 2642. An dem Mahle nehmen nur drei Personen theil.
Links die bequem auf dem Leib liegende Atalante mit
Melonenfrisur und im ärmellosen Chiton mit gegürtetem
Ueberschlag, in der gesenkten Rechten eine kleine Hypo-
thymis und das Kinn auf die linke Hand gestützt; vgl.
2642. 266. 2661. Neben ihr Meleager in der Chlamys
und mit einer breiten Binde im Haar; die linke Hand ruht
mit drei ausgestreckten Fingern auf dem Tisch; den Kopf
wendet er nach rechts und scheint mit dem erhobenen
rechten Arme den Schenken herbeizuwinken vgl. 2641—
265. 270. Zu seiner Linken sitzt einer der Dioscuren
in Chlamys und Pileus; die Linke legt er mit derselben
Fingerstellung wie Meleager auf den Tisch; mit der Rech-
ten führt er den Becher zum Mund. Rechts bringt ein
Diener in gegürteter und geschürzter Aermeltunica und
Schuhen auf einer Schüssel ein gebratenes Huhn heran,
vgl. 265" (im Text S. 329). Ihm entsprach links ein
zweiter Diener, von dem nur der linke Unterschenkel er-
halten ist, gewiss der Schenke, dem der Wink des Me-
leager gilt; vgl. 2642. 265'.
Sowohl die Abgeschlossenheit der Komposition wie
der rechts erhaltene Randstreifen, der leider auf unserer
Abbildung nicht wiedergegeben ist, beweisen, dass das
Fragment das Mittelfeld eines geriefelten Sarkophags war.
Aus dem dritten Jahrhundert.
273) F. Verschollen, vermuthlich in der ersten Hälfte
des 17. Jahrhunderts in Rom. Fig. 273. Nach dal Pozzo
Windsor IV 25 (98).
Alte Zeichnung: dal Pozzo a.a.O.
Auch dieses Fragment Fig. 273 ist wahrscheinlich das
Mittelfeld eines geriefelten Sarkophags. Vor einem im
Hintergrund ausgespannten Parapetasma sind auf einem
mit einer Matratze bedeckten Speisesopha Meleager und
Atalante gelagert. Vermuthlich trugen beide Porträtzüge,
woraus sich sowohl die sonst in dieser Zeit ganz un-
erhörte Bärtigkeit des Meleager, als auch der auffallende
Umstand erklärt, dass Atalante im Typus einer Göttin,
etwa der Diana, dargestellt ist. Sie trägt ein hohes
Diadem, einen von der rechten Brust abgeglittenen Chiton
und einen um den Unterkörper geschlungenen Mantel.
Indem sie sich zu ihrem Liebhaber hinwendet, stützt sie
ihr Kinn auf die linke Hand (vgl. 2642. 266. 2661. 272),
während die Rechte auf der Matratze ruht. Meleager
trägt eine auf der rechten Schulter geheftete, die ganze
Brust bedeckende Chlamys und hält in der Linken ein
Trinkgefäss; vgl. 2641. 2661. Zu seiner Linken erscheint
etwas im Hintergrund der eine Dioscur, den wir uns
wohl auf der rechten Ecke des Speisesophas sitzend vor-
zustellen haben. Mit der Rechten führt er den Becher
zum Mund, die Linke ruht auf der Matratze; vgl. 272.
Bekleidet ist er mit einer den ganzen Oberkörper ver-
hüllenden Chlamys und dem Pileus. Vor ihm sitzt in
Rückenansicht ein mit einem Himation um den Unterkörper
bekleideter Jüngling am Boden. Mit der Linken stützt er
sich auf die Erde, mit dem rechten Zeigefinger berührt er