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Robert, Carl [Hrsg.]; Matz, Friedrich [Hrsg.]; Andreae, Bernard [Hrsg.]; Robert, Carl [Hrsg.]
Die antiken Sarkophagreliefs (3,3): Einzelmythen: Niobiden - Triptolemos ungedeutet — Berlin, 1919

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https://doi.org/10.11588/diglit.12730#0150
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5o8

THESEUS

Die zeitlich dritte, aber der Anordnung nach zweite
Szene stellt vor, wie Theseus die schlafende Ariadne
auf Naxos verläßt. Ariadne, die in dieser Szene gleichfalls
Porträtzüge und die Frisur des dritten Jahrhunderts trägt,
nimmt genau die Mitte der rechten Hälfte ein; nur um
dies zu erreichen ist die Reihenfolge der beiden Szenen
vertauscht und sind diese so stark ineinander geschoben.
Ariadne ist im Typus der vatikanischen Statue dargestellt,
nur in mehr aufrechter Haltung und mit entblößtem Ober-
körper. Links von ihr steht Theseus in seinem Schiff, mit
denselben Porträtzügen wie in den beiden ersten Szenen.
Den Kopf wendet er von Ariadne weg. Die linke Hand
umfaßt den Schwertgriff, sie war abgebrochen und ist von
dem Ergänzer richtig angesetzt worden Fig. 430'. Der
Gestus der verlorenen rechten Hand läßt sich mit Sicher-
heit nicht erraten; vielleicht machte sie eine Gebärde des
Bedauerns. Das Schiff verschwindet unter dem Torbogen;
doch setzen sich die unter ihm sichtbaren Meereswogen
noch jenseits von diesem bis zum linken Fuß der Virtus
fort. Links und rechts von der Pfeilerbasis streckt aus
ihnen ein Delphin seinen Kopf hervor. Der dargestellte
Teil des Schiffes ist das Vorderteil, wie man aus dem
Sporn, dem links von diesem angebrachten apotropäischen
Auge und der Richtung der Ruderer erkennt. Sein oberer
Rand ist mit phantastischen Seetieren, sein Bauch mit
Fischen dekoriert. Von den beiden in viel kleineren Dimen-
sionen gebildeten Ruderern ist der eine stark verstümmelt,
der andere vollständig erhalten. Dieser wendet seinen
bärtigen Kopf nach Ariadne zurück. Von zwei weiteren
Schiffern sind folgende von dem Ergänzer nicht beachtete
Spuren vorhanden: 1. die Bruchstelle hinter dem Rücken
des zweiten Ruderers nebst dem kreisrunden Puntello dar-
über; 2. die Bruchstelle am Schiffsschnabel; darüber, jedoch
in größerer Entfernung, abermals ein kreisrunder Puntello;
diese Brüche rühren von den Beinen des dritten Schiffers
her; 3. ein verschollenes Fragment, auf dem ein vom Ge-
wand bedeckter Arm mit einem Tau zur Seite dargestellt
war, der Rest eines vierten in den oberen Teil der Bild-
fläche gehörenden Schiffers. Beachtet man, daß die beiden
Taue neben dem Mast straff gezogen, das am Schnabel
befestigte hingegen schlaff ist, so ergibt sich, daß diese

beiden Schiffer damit beschäftigt waren, das Segel aufzu-
ziehen; vgl. Thiersch Pharus S. 17 Abb. 16 a. Die atheni-
schen Knaben und Mädchen sind wiederum vergessen.

Auch von dem Deckel waren Reste gefunden. Sie zeig-
ten Tiere und den Rest einer menschlichen Fio-ur. ferner
Wasser mit Delphinen. Maximilian Mayer vermutet, daß
zwischen beiden Bruchstücken die Inschrift angebracht war.
Ausgeschlossen ist nicht, daß diese Reste von weiteren
Szenen des Theseusmythus, z. B. seiner Ankunft in Athen
herrührten.

Aus der ersten Hälfte des dritten Jahrhunderts.

439) F. Früher Rom, Pal. Castellani. Von mir dort
nicht mehr vorgefunden. Fig. 431. Maße unbekannt. Nach
Berichten der Sächsischen Gesellschaft der Wissenschaften
1878 Taf.V Nr.3 (Zeichnung des Kupferstechers L.Schulze
1868).

Früher im Besitz des Sign. Tommaso della Moda.
Abbildung: Ber. der Sachs. Ges. a. a. O.

Literatur: Braun Bullettino deW Institute* 1852 f.b^s.\ Heyde-
mann Ber. d. Sachs. Ges. a. a. O. S. 146 f.; Matz und von Duhn
Antike Bildwerke in Rom II 1881 S. 264 Nr. 2909; M. Mayer Archäo-
logische Zeitung XLII 1884 S. 272 A. 2. S. 277 f.; Robert Journal of
hellenic studies XX 1900 S. 87.

Das Fragment Fig. 431 ist die rechte untere Ecke einer
Replik von 430. Erhalten ist der Minotaurus, der hier
nach der entgegengesetzten Richtung liegt wie auf 430.
Auch ist er noch nicht tot, sondern im Sterben dargestellt,
wie die noch halb geöffneten Augen und der erhobene
rechte Arm beweisen. Ferner erkennt man den rechten
Fuß mit einem Rest des Schienbeins und unter ihm die
linke Fußspitze des über ihm stehenden Theseus. Ein
zwischen beiden Füßen am Boden liegender Stein hatte
dem Minotaurus als Waffe gedient. Die beiden vom Kopf
des Minotaurus überschnittenen vertikalen Linien scheinen
das linke Bein des Dädalus zu sein, das der Zeichner nicht
verstanden hat. Die hinter den Beinen des Minotaurus
sichtbaren Gewandmassen gehören wohl zu der links fol-
genden Ariadne der anderen Szene.
 
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