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Aubert, Andreas; Kern, Guido Josef [Editor]; Friedrich, Caspar David [Ill.]
Caspar David Friedrich, "Gott, Freiheit, Vaterland" — Berlin: Cassirer, 1915

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https://doi.org/10.11588/diglit.62657#0014
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geräumt hatten. Und von der Stunde an, da der König zur Weihnachtszeit 1809 — auf einen
Wink Napoleons, der einem Machtgebot gleichkam — von Königsberg nach Berlin zurück-
gekehrt war, nahmen die Verhältnisse auch im Äußeren mehr und mehr ihr gewohntes Ge-
präge an.
Als die Kunstausstellung der Akademie am rz. September 1812 ihre Säle öffnete, ge-
schah es wieder in Feststimmung. Nicht „mitten unter dem Geräusch der Waffen", wie es
in der Vorrede zum Katalog für 1826, wenige Wochen vor der Niederlage bei Auerstädt
und Jena heißt. Nicht gedemütigt durch einen doppelten Text, einen französischen neben dem
deutschen, wie im Jahre 1828. „Vorübergegangen", heißt es jetzt im Katalog für 1810, „ist
für uns die trübe Zeit, wo Stürme des Krieges mit dunklen Wolken jede Aussicht verhüllten...
Aufgegangen ist sie wieder unter uns die Sonne!"
Diese Akademieausstellung in Preußens Hauptstadt im Jahre 1812 brachte Kaspar David
Friedrich die ersten offiziellen Auszeichnungen, eine ehrenvoller als die andere:
In ihrer Sitzung am ir. November beschloß die Direktion der Kunstakademie ihn als
ordentliches „auswärtiges" Mitglied aufzunehmen. Der Kronprinz kaufte die beiden großen
Gemälde, die der Künstler zur Ausstellung gesandt hatte. Und das Ehrenvollste von allem: kein
Geringerer als Kleist trat für ihn ins Feld und brach mit seinen Freunden Brentano und
Arnim eine Lanze für seine Zukunftskunst.
Friedrich stellte drei Arbeiten aus, zwei Landschaften in Öl und eine Sepiazeichnung. Um
das eine dieser Bilder, „Der Mönch am Meer", entbrannte der Kampf.
Mit zum erstenmal finden wir das Werk in einem Brief aus Dresden vom 2.2. Juni 1829
erwähnt, den Frau Gerhard v. Kügelgen geschrieben, nachdem sie Friedrich am Tage vorher
mit ihrem Manne besucht hatte:
„Ein großes Bild in Öl sah ich auch, welches meine Seele gar nicht entspricht: Ein
weiter unendlicher Luftraum. Darunter das unruhige Meer und im Vordergründe ein
Streifen Hellen Sandes, wo ein dunkel gekleideter oder verhüllter Eremit umherschleicht. Der
Himmel ist rein und gleichgültig ruhig, kein Sturm, keine Sonne, kein Mond, kein Gewitter
— ja, ein Gewitter wäre mir ein Trost und Genuß, dann sähe man doch Leben und Be-
wegung irgendwo. Auf der ewigen Meeresfläche sieht man kein Boot, kein Schiff, nicht
einmal ein Seeungeheuer, und in dem Sande keimt auch nicht ein grüner Halm, nur einige
Möven flattern umher und machen die Einsamkeit noch einsamer und grausiger." -
So schwer fiel es selbst den nächsten Freunden Friedrichs, sich in seine neue Stimmungs-
kunst hineinzufinden. Sie hat durch ihre Neuheit überraschend gewirkt und abstoßend durch
ihre Kälte und Einsamkeit, die viele mit Leere verwechselten.
In Kleists Abendzeitung vom i z. Oktober ist Friedrichs Kunst zum erstenmal in einem
Artikel besprochen, der die Überschrift „Empfindungen vor Friedrichs Seelandschaft" trägt und
mit den Initialen C. L. (Clemens Brentano) unterzeichnet ist. Am 22,. Oktober folgte dann
eine „Erklärung" von Kleist mit einer Art Entschuldigung gegenüber Arnim und Brentano,
die den früheren Artikel gemeinschaftlich verfaßt hatten. (In seiner ursprünglichen Gestalt
- Marie Helene v. Kügelgen ..ein Lebensbild in Briefen, S. iSi.

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