Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Verein für Badische Ortsbeschreibung [Hrsg.]
Badenia oder das badische Land und Volk: eine Zeitschr. zur Verbreitung d. histor., topograph. u. statist. Kenntniß d. Großherzogthums ; eine Zeitschrift des Vereines für Badische Ortsbeschreibung — 2.1860-1862

DOI Heft:
Die Juden in Konstanz. Nach den Urkunden des dortigen Stadtarchives
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.22622#0035
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
21

men sich verbreitende Pest der schlimmsten und verheerendsten
Art gab die Veranlassung hiezu. Man beschuldigte geradezu die
Juden allenthalben, dieBrunnen vergiftet und hiedurch diese
fürchterliche Seuche geflissentlich erzeugt zu haben. Fast gleich-
zeitig, wie auf Verabredung, fiel nun das bethörte Volk an
mehreren Orten, wie in Basel, Freiburg, Straßburg, Frank-
furt, in-den meiften Städten von Schwaben, Oberallemannien,
Elsaß und Franken, über die Juden her und mordete sie schSa-
renweise. Auch Konstanz blieb hierin nicht zurück, indem da-
selbst viele derselben unschuldig verbrannt wnrden.

Die alte Stadt-Chronik sagt darüber in ihrer naiven
Bündigkeit: „Anno 1348, an dem dritten Tag in dem Märzen,
wurdent die Juden ze Kostenz vcrbrennt und auch an gar
mängen Enden in dem Land verboten. Und beschach dns darumb,
daß (damals) der ersll groß' Tod angefangen, und zieh man
die Juden, sie vergiftent die Lüt. Es fand sich aber darnach,
daß ihnen Unrecht beschehen."

Aehnliches geschah wieder im Jahre 1390, als sich das Ge-
rücht verbreitete, daß Juden ein Christenknäblein ^) ge-
schlachtet hätten, um dessen Blut bei religiösen Feierlichkeiten zu
gebrauchen. Es wurden wieder viele ermordet, und wahrschein-
lich nur sene am Leben gelassen, welche entrinnen konnten oder
sich taufen ließen. Ein Jude, der dies gethan und darüber

giften und Umbringen der Christenkinder, und den jüdischen Ueb'rr-
rnnth irn Glücke, welcher sich öfters vermaß, bestehenden Gesetzen zu trotzen
und christliche Sitten und Gebräuche zu verhöhnen. Vergl. oberrheinische
Zeitschrift VIII, 264.

5) Die Sage von den gemordeteu Christen kuäbl ein scheint aus der
altesten Zeit gestammt zu haben und eirr Gegensatz der frechen Beschuldi-
gung gewesen zu sein, womit die Juden einst das christliche Abendnrahl den
Heiden als einen Ritus dargestellt, bei welchem das Fleisch und Blut
eines Kiudes genosseu würde. Diese Augabe war es vorzüglich, was die
Heiden zu den grausamen Christenv erfo tguug eu ausreizte, und so
erschien es als eine Nemesis, daß die Verwandlung der jüdischen Verdächti-
gung in die mittelalterliche Christen - Sage eben auch eine hauptsächliche Ur-
sache der blutigen Judenverfolgungen wurde. Vergl. hierüber Moue,
oberrhein. Zeitschr. IX, 260.
 
Annotationen