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Badische Fundberichte: amtl. Nachrichtenbl. für die ur- u. frühgeschichtl. Forschung Badens — 19.1951

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Gieseler, Wilhelm: Anthropologische Bermerkungen an dem Schädeldach vom Röthekopf bei Säckingen
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https://doi.org/10.11588/diglit.43771#0019
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Anthropologische Bemerkungen an dem Schädeldach vom Röthekopf bei Säckingen

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herdhöhle im Lonetal ausgegraben hat. Die Schädel aus der Ofnet und vom Hohlestein
zeigen alte, z. T. sehr schwere, tödliche Hiebverletzungen. Einige der altpaläolithischen
Menschenfunde (z. B. Sinanthropus, Ngandongschädel von Java) weisen ebenfalls der-
artige Schädelbrüche auf, ebenso sind sie bei einer Reihe von Neandertalern und Jung-
paläolithikern festzustellen oder doch mindestens zu vermuten (Gieseler 1952).
Wie steht es damit bei der Säckinger Calotte? Alte Hiebbrüche in der Ausdehnung und
Anschaulichkeit, wie sie die beiden Hohlesteinschädel aufweisen, sind nicht vorhanden.
Wohl aber finden sich an den Unterrändern des Schädeldachs an einigen Stellen glatte
Durchtrennungen der Knochenwand und an anderen Aussplitterungen der inneren
Knochentafel. Das ist nicht verwunderlich; denn da an der Calotte keine Verwitterung
festzustellen ist, muß die jetzige Form durch Bearbeitung der Unterränder entstanden sein.
Auf eine Stelle sei noch besonders aufmerksam gemacht: An der rechten Schädelseite
findet sich unter dem Scheitelbeinhöcker ein 1 cm langes, linsenförmiges Loch, das auf der
Innenseite nach oben und unten stark ausgesplittert ist. Ohne eingehendere Untersuchung
und Neuzusammensetzung der Calotte läßt sich nicht entscheiden, ob hier eine alte Ver-
letzung (als die Weichteile noch erhalten waren) oder eine später entstandene Durchtren -
nung der Knochenwand vorliegt. Der Entdecker schrieb, daß das Schädeldach beim
Herausnehmen aus dem Lehm in drei Teile zerbrochen sei; die Bruchstücke wurden dann
mit kochendem Leim und Syndetikon erhärtet und zusammengesetzt. Zur genaueren Fest-
stellung der Verletzungen und zur Bestimmung ihres prähistorischen Alters wäre eine
erneute Präparation der Calotte notwendig.
Zusammenfassend ist festz.uhalten: Das Schädeldach von Säckingen gehört zu einem
30—40jährigen Manne; es stammt aus einer Schädelbestattung. Der Entdecker E. Gers-
bach setzte die Calotte ins Spät-Magdalenien. Es besteht keine Veranlassung,
an dieser Alterseinreihung zu zweifeln.
Schriftenverzeichnis
Bayer, J., Das Alter der Paläolithstation auf dem Röthekopf bei Säckingen in Baden. Eiszeit 4,
1927, 125/126.
GersbacM, Egon, Die steinzeitliche Besiedlung des Kreises Säckingen. Bad. Fundber. 17, 1941—
1947, 42—74.
Gersbach, Emil, Der Röthekopf bei Säckingen in Baden. Ber. Naturforsch. Ges. Freiburg i. Br., 24,
1925, 353—368.
Gieseler, W., 1951, Die süddeutschen Kopfbestattungen (Ofnet, Kaufertsberg, Hohlestein) und
ihre zeitliche Einreihung. Naturwiss. Monatsschrift „Aus der Heimat“ 59, 1951, 291—298.
Gieseler, W., Schädelverletzungen, Kannibalismus und Bestattungen im europäischen Paläolithi-
kum. Naturwiss. Monatsschrift „Aus der Heimat“ 60, 1952, 161—173.
QuenstedT, W. u. A., Fossilium Catalogus. Pars 74: Hominidae fossiles. Dr. W. Junk, s’Graven-
hage, 1936, 286.

Tübingen

W. Gieseler
 
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