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Eg. Gersbach
metrische Kleingeräte, jedoch keinen einzigen Mikrostichel aufzuweisen* * * 66). Diese Tatsache
wird meist einleuchtend mit der Nichtbeachtung dieser unscheinbaren Artefakte be-
gründet, was auch für die Azilienstationen zutreffen kann. Abgesehen davon sind ver-
einzelte Exemplare bereits in dessen Frühphase anzutreffen und auch die „Falkenstein-
höhle“ hat wenigstens ein dürftiges Stück geliefert67). Freilich werden sie im Azilien
entsprechend der nur schwach entwickelten geometrischen Mikrolithik niemals die Rolle
spielen wie etwa im Tardenoisien. Es bleibt noch zu betonen, daß im Inventar des Stiel-
spitzenwohnplatzes Brennet „Lachengraben“ (Säckingen) neben einem primitiven Dreieck
auch zwei echte Mikrostichel vorliegen. Daraus kann man schließen, daß die Technik der
Klingenzerlegung eng mit dem Auftreten der geometrischen Kleingeräte verflochten und
kulturell auf eine gemeinsame Wurzel zurückzuführen ist.
Das Problem wird noch weitaus verwickelter in Anbetracht der Tatsache, daß sich
unter den gemeinhin als uniform betrachteten Tardenoisienwohnplätzen in Umrissen
faßbar-eine weitere Formengruppe abzuzeichnen beginnt. Sie führt bei sonst grundsätz-
lich übereinstimmendem Werkzeugbestand doch ein ganz spezifisches Gerät, dem wir
innerhalb der bisher erwähnten Siedlungsplätze nicht begegnet sind. Es sind die Stationen
mit kleinen lanzettförmigen Spitzen, wohl Kümmerformen der Federmesserchen.
Ein ausgezeichneter Vertreter ist der Fundplatz Balm bei Günsberg „Unter der Fluh“
(Kt. Solothurn)68). Seine Industrie verkörpert nach H. Obermaier ein „Alttardenoisien
mit Azilieneinschlag“, dessen relativ frühe Ansetzung durch die Fauna erhärtet wird, in
der inmitten der Tierwelt des Waldes noch „die ganze Phalanx der alpinen Säugetiere
sowie das Ren (?) vertreten ist". Unterehrendingen und Wettingen „Tegerhard V“
(Kt. Aargau) sowie der „Rappenfelsen“ bei Anglishardt auf der Schwäbischen Alb sind
ebenfalls hierherzustellen69). Eine Durchsicht des Artefaktbestandes der bisher vorliegen-
den Plätze auf dieses Gerät wird ihre Zahl ohne Zweifel noch vermehren.
Fassen wir abschließend zusammen: Im späteren Mesolithikum Südwestdeutschlands
und der Schweiz stehen sich mindestens drei, wahrscheinlich jedoch noch weitere Formen-
kreise gegenüber. Davon kann der eine sicher mit einer Spätphase des Azilien identifiziert
werden, obschon die Übereinstimmung aller im Typenschatz überraschend groß ist. Die
Vorlage eines umfassenderen Materials aus diesem Raum und seine Überprüfung nach
den oben herausgestellten Gesichtspunkten wäre dringend vonnöten. Dabei ist der Stiel-
60) Der Spatenforscher 3, 1938, 21 f. (B. Brause); Prähist. Zeitschr. 22, 1931, 77 f. Abb. 2—9
(Darlaten); Bull. d. 1. Soc. d’Anthr. Bruxelles 40, 1925, 1 f. Abb. 2 (Leduc); K. Gumpert
a. a. O. Tabelle S. 93 f.; W. Barner, Steinzeitliche Siedelplätze am Nordabhang des Thüster
Berges 1, 1928, 15 Taf. 6.
67) Germania 18, 1934, 81 f. Abb. 5, 2; im älteren Azilien: Festschr. O. Tschumi (1948) 18 ff.
Abb. 25, 29—33; Anthropologie 43, 1933, 427 f. Tabelle, F. Zur Altersstellung vgl. A. C.
Blanc, Dei Microbulini e della precoce comparsa del Mesolitico in Italia. Riv. d. Antropo-
logia 32, 1939. Dagegen O. Octobon in Festschr. O. Tschumi (1948) 23 f.
68) Jahrb. Soloth. Gesch. 14, 1941, 259 f. Taf. 1, 1—8; 15, 1942, 170 f. Abb. 3, 6—7. 10. Zur
Fauna: Eclogae geologicae Helvetiae 34, 1941, 267 f.
68) Jahresber. d. Schweiz. Ges. f. Urgesch. 37, 1946, 33 f. Abb. 3 oben Mitte; 36, 1945, 42; 39,
1948, 27 Abb. 3 unten links. A. Rieth, Vorgeschichte der Schwäbischen Alb. Mannus Bibi. 61
(1938) 35 Abb. 7, 14; Germania 19, 1935, 281 f. Abb. 1—5. Verwandte Stationen aus dem
Maastal. Bull. Soc. Royale Beige d’Anthr. et de Prähist. 58, 1947, 131 f.
Eg. Gersbach
metrische Kleingeräte, jedoch keinen einzigen Mikrostichel aufzuweisen* * * 66). Diese Tatsache
wird meist einleuchtend mit der Nichtbeachtung dieser unscheinbaren Artefakte be-
gründet, was auch für die Azilienstationen zutreffen kann. Abgesehen davon sind ver-
einzelte Exemplare bereits in dessen Frühphase anzutreffen und auch die „Falkenstein-
höhle“ hat wenigstens ein dürftiges Stück geliefert67). Freilich werden sie im Azilien
entsprechend der nur schwach entwickelten geometrischen Mikrolithik niemals die Rolle
spielen wie etwa im Tardenoisien. Es bleibt noch zu betonen, daß im Inventar des Stiel-
spitzenwohnplatzes Brennet „Lachengraben“ (Säckingen) neben einem primitiven Dreieck
auch zwei echte Mikrostichel vorliegen. Daraus kann man schließen, daß die Technik der
Klingenzerlegung eng mit dem Auftreten der geometrischen Kleingeräte verflochten und
kulturell auf eine gemeinsame Wurzel zurückzuführen ist.
Das Problem wird noch weitaus verwickelter in Anbetracht der Tatsache, daß sich
unter den gemeinhin als uniform betrachteten Tardenoisienwohnplätzen in Umrissen
faßbar-eine weitere Formengruppe abzuzeichnen beginnt. Sie führt bei sonst grundsätz-
lich übereinstimmendem Werkzeugbestand doch ein ganz spezifisches Gerät, dem wir
innerhalb der bisher erwähnten Siedlungsplätze nicht begegnet sind. Es sind die Stationen
mit kleinen lanzettförmigen Spitzen, wohl Kümmerformen der Federmesserchen.
Ein ausgezeichneter Vertreter ist der Fundplatz Balm bei Günsberg „Unter der Fluh“
(Kt. Solothurn)68). Seine Industrie verkörpert nach H. Obermaier ein „Alttardenoisien
mit Azilieneinschlag“, dessen relativ frühe Ansetzung durch die Fauna erhärtet wird, in
der inmitten der Tierwelt des Waldes noch „die ganze Phalanx der alpinen Säugetiere
sowie das Ren (?) vertreten ist". Unterehrendingen und Wettingen „Tegerhard V“
(Kt. Aargau) sowie der „Rappenfelsen“ bei Anglishardt auf der Schwäbischen Alb sind
ebenfalls hierherzustellen69). Eine Durchsicht des Artefaktbestandes der bisher vorliegen-
den Plätze auf dieses Gerät wird ihre Zahl ohne Zweifel noch vermehren.
Fassen wir abschließend zusammen: Im späteren Mesolithikum Südwestdeutschlands
und der Schweiz stehen sich mindestens drei, wahrscheinlich jedoch noch weitere Formen-
kreise gegenüber. Davon kann der eine sicher mit einer Spätphase des Azilien identifiziert
werden, obschon die Übereinstimmung aller im Typenschatz überraschend groß ist. Die
Vorlage eines umfassenderen Materials aus diesem Raum und seine Überprüfung nach
den oben herausgestellten Gesichtspunkten wäre dringend vonnöten. Dabei ist der Stiel-
60) Der Spatenforscher 3, 1938, 21 f. (B. Brause); Prähist. Zeitschr. 22, 1931, 77 f. Abb. 2—9
(Darlaten); Bull. d. 1. Soc. d’Anthr. Bruxelles 40, 1925, 1 f. Abb. 2 (Leduc); K. Gumpert
a. a. O. Tabelle S. 93 f.; W. Barner, Steinzeitliche Siedelplätze am Nordabhang des Thüster
Berges 1, 1928, 15 Taf. 6.
67) Germania 18, 1934, 81 f. Abb. 5, 2; im älteren Azilien: Festschr. O. Tschumi (1948) 18 ff.
Abb. 25, 29—33; Anthropologie 43, 1933, 427 f. Tabelle, F. Zur Altersstellung vgl. A. C.
Blanc, Dei Microbulini e della precoce comparsa del Mesolitico in Italia. Riv. d. Antropo-
logia 32, 1939. Dagegen O. Octobon in Festschr. O. Tschumi (1948) 23 f.
68) Jahrb. Soloth. Gesch. 14, 1941, 259 f. Taf. 1, 1—8; 15, 1942, 170 f. Abb. 3, 6—7. 10. Zur
Fauna: Eclogae geologicae Helvetiae 34, 1941, 267 f.
68) Jahresber. d. Schweiz. Ges. f. Urgesch. 37, 1946, 33 f. Abb. 3 oben Mitte; 36, 1945, 42; 39,
1948, 27 Abb. 3 unten links. A. Rieth, Vorgeschichte der Schwäbischen Alb. Mannus Bibi. 61
(1938) 35 Abb. 7, 14; Germania 19, 1935, 281 f. Abb. 1—5. Verwandte Stationen aus dem
Maastal. Bull. Soc. Royale Beige d’Anthr. et de Prähist. 58, 1947, 131 f.