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Joseph Baer & Co., Buchhandlung und Antiquariat <Frankfurt, Main> [Hrsg.]
Illustrierte Bücher des XVIII. - XX. Jahrhunderts ... aus dem Nachlaß der Frau Ida Schoeller, Dueren: Pergamentminiaturen, Graphik, alte Drucke, schöne Einbände, deutsche, französische, englische und nordische Literatur, Bibliographie und Kunst, Privat- und Luxusdrucke, Reisewerke ; Versteigerung Freitag, den 6. und Samstag, den 7. Mai 1921 — Frankfurt a. M., 1921

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https://doi.org/10.11588/diglit.21649#0010
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Im März 1903 sah ich Frau Ida Schoeller zum ersten Mal. Damals
wurden bei Lepke in Berlin die Bücherschätze des Herrn A. Jungk, Bremen,
versteigert, eine kleine, auserlesene Sammlung von illuminierten Hand-
schriften, Holzschnittbüchern und Ornamentstichen. Anwesend waren bei
der Versteigerung eine Anzahl deutscher und französischer Buchhändler;
Privatsammler waren fast garnicht vertreten. Um so größer war
unser Erstaunen, als man erfuhr, daß eines der kostbarsten Bücher
dieser Sammlung, ein Pergament-Exemplar des „Theuerdank" in der
ersten Ausgabe, von einem deutschen Büchersammler erworben worden
war, und zwar von einer Frau. In Deutschland war damals die Zahl
von Bücherliebhabern, die wirklich wertvolle Bücher, besonders solche
des 15. und 16. Jahrhunderts, sammelten, noch sehr klein, und eine Frau
war bisher in die Reihe der deutschen Bibliophilen überhaupt noch nicht
eingetreten. — Der „Theuerdank" bildete gewissermaßen den Grundstock
einer Büchersammlung, die Frau Schoeller in den folgenden Jahren
mit Eifer systematisch ausbaute. Und als ich sie im Jahre 1908 in ihrem
schönen Heim in Düren zu besuchen Gelegenheit hatte, fand ich in stilvollen
Räumen untergebracht eine Bibliothek, die an Reichhaltigkeit und Bedeutung
alle Privat-Bibliotheken des damaligen Deutschland bei weitem übertraf.

Ida Schoeller ist am 3. März 1863 in Bonn als Tochter des Essener
Kaufmanns Eduard Schulz geboren. Als ihre Mutter in zweiter Ehe den
Kunstmaler, schwedischen Konsul Swen Viktor Heiander heiratete,
siedelte sie von Essen nach Düsseldorf über, wo sie den größten Teil
ihrer Jugend verbrachte. In der Familie, der sie entstammte, war
künstlerisches Interesse und Sammlersinn zuhause und auch bei ihr
zeigten sich schon früh verwandte Neigungen. Nach ihrer eigenen
Schilderung begeisterte sie sich „als kleines, langzöpfiges Mädchen
für alte Mönchshandschriften, und in ihrer freien Zeit malte sie eifrig,
um schöne Majuskeln mit ihren krausen, bunten Ranken und Ver-
goldungen auf Festprogrammen zu Großmutters Geburtstag oder in
Familienbüchern, Alben und dergleichen anzubringen." Eine besondere
Freude bereitete es ihr, als es ihr gelang, von ihrem Vater ein hübsches
schwedisches Pergamentblatt aus dem 14. Jahrhundert'mit Noten und sorg-
fältig geschriebenem Text zu erbetteln. Sie katalogisierte selbst als junges
Mädchen die reichhaltige Bibliothek ihrer Eltern, wobei sie die Titelblätter
des Katalogs in bunten Farben ausmalte. Im Mai 1888 heiratete sie den
Papierfabrikanten Guido Schoeller und wohnte von nun^an in Düren.
Ihre Ehe war leider nur von kurzer Dauer. Und nach dem Tode ihres
Mannes im Jahre 1899 traf man die vornehme, einfach gekleidete Frau
 
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