Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
VORWORT

Wer das gepflegte Haus des Herrn Erich von Goldschmidt-Rothschild in der Berliner
Tiergartenstraße gekannt hat, wird die Auflösung der einzigartigen Kunstsammlung
von internationalem Rang lebhaft bedauern. Einzigartig war diese Sammlung sowohl durch
ihren Inhalt wie durch die Form, in der sie sich dem Besucher darbot. Ein höchst kultivierter,
stark persönlich eingestellter Geschmack, verbunden mit einer umfassenden Kenntnis der
Materie und einem sicheren Qualitätsgefühl, hatte hier in jahrelanger intensiver Sammel-
tätigkeit die Verwirklichung des Ideals erstrebt, das dem 18. Jahrhundert selbstverständlich
erschien: Der gesamte Bestand an Gemälden, Zeichnungen, Farbstichen, Mobiliar, silbernem
und bronzenem Gerät, Tapisserien, Seidenstoffen, Bijouterien und Porzellan war nach einem
wohlüberlegten Plan als Dekoration der Wohnräume zu einer großartigen Gesamtwirkung
zusammengefaßt. Innerhalb dieses Ensembles hatte jedes einzelne Objekt eine bestimmte
Funktion, ohne daß es in seiner selbständigen Geltung beeinträchtigt worden wäre. Mit Eifer
wachte der Besitzer darüber, daß die bis ins kleinste festgelegte Anordnung nicht gestört
wurde. Sein intimes Verhältnis zu den Dingen duldete nicht, daß der unmittelbare Kontakt
mit dem Kunstwerk durch Vitrinen erschwert oder unmöglich gemacht wurde. Nur die
empfindlichen Meißner Geschirre mit Feinmalereien der frühen Höroldt-Periode waren für
sich im Speisezimmer in einem großen Glasschrank vereinigt, der selten dem Besucher
offenstand.

Dieser an sich schon imponierende Kunstbesitz erhielt durch das Vermächtnis der Baronin
Mathilde von Rothschild in Frankfurt und des Barons Ferdinand von Rothschild in London
einen qualitativ bedeutenden Zuwachs an Gemälden, Graphik, Möbeln, Bronzen, Bijouterien
und Porzellan, der sich organisch dem Ganzen einfügte. Damit empfing die Sammlung die
letzten Glanzlichter.

Bei dem hohen Durchschnittsniveau und dem beträchtlichen Umfang der vorliegenden
Sammlung kann an dieser Stelle nur auf einige der allerwichtigsten Werke hingewiesen
werden.

Unter den Gemälden stehen an erster Stelle die im Format etwas abweichenden Gesell-
schaftsszenen von Pater (Nr. 17 und 18, Tafel 1 und 2). Sie variieren das gleiche Thema,
das Watteau, den genialen Lehrer Paters, malerisch stets aufs neue gereizt hat.
Größtes Interesse beanspruchen die beiden mit Sepia lavierten, voll bezeichneten, 1776 und
1 778 datierten Tuschzeichnungen von Moreau le Jeune «L'Accord parfait» und «Le Pari
 
Annotationen