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Hermann Ball <Berlin> [Hrsg.]; Paul Graupe <Berlin> [Hrsg.]
Die Sammlung Victor Hahn, Berlin: Gemälde, Skulpturen, Möbel, Bronzestatuetten, Textilien vom 15. bis zum 18. Jahrhundert ; [Ausstellung Berlin W9, Bellevuestrasse 7, Mittwoch, den 22. Juni 1932 bis Sonnabend, den 25. Juni 1932, von 10 - 2 Uhr und 3 - 6 Uhr ; Versteigerung Berlin W9, Bellevuestrasse 7, Montag, den 27. Juni 1932, vor — Berlin, 1932

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https://doi.org/10.11588/diglit.3564#0010
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VORWORT

Die Sammlung Victor Hahn, die schon 1926 durch einen Katalog von
A. Donath in zwei stattlichen Foliobänden veröffentlicht worden ist, war
wohl von vornherein mit dem Ziel der künstlerischen Ausstattung einer vor-
nehmen und weiträumigen Behausung unter Aufwand sehr erheblicher Mittel
entstanden. Das kommt sowohl in der Mannigfaltigkeit der Gemälde, der
Vielheit der hier vertretenen Länder, Zeiten und Schulen zum Ausdruck, wie
im Uberwiegen der gebrauchsfähig gehaltenen italienischen Renaissancemöbel,
von denen namentlich die monumentalen Nußholztische (Nr. 103, 106, 107, 110)
durch ihre wuchtigen Formen und dunkle Patina zur Aufstellung von Bronzen
gleicher Abkunft wie geschaffen sind. Auch die in großer Zahl vereinigten
Pariser Kandelaber und Wandleuchter aus Goldbronze des 18. Jahrhunderts,
die erlesene Arbeiten der besten Meister, wie Gouthiere und Thomire, umfassen
(Taf. 23—26), standen hier vornehmlich im Dienst der Innendekoration. Die
Skulpturen dagegen haben sich, wenn man die Bronzen, Terrakotten, Marmor-
und Holzarbeiten zusammenfaßt, zu einer recht umfangreichen Spezialsammlung
verdichtet.

Der Vortritt gebührt hier den italienischen Renaissancebronzen, weil an ihrer
Spitze eine der schönsten Skulpturen und ein Haüptstück der Sammlung
steht, der Reiter von Andrea Riccio (Nr. 160, Titelbild) in einem ausgezeichneten
Exemplar, das in der eingehenden Modellierung und glänzenden Patina nichts
zu wünschen übrig läßt. Ein besonders scharfsichtiger Betrachter hat in der
Sandalenverschnürung des Reiters wappenähnlich eingeordnete Mondsicheln
und Kugeln bemerkt, die vielleicht als Andeutung der Wappenzeichen der
Strozzi und Medici angesehen werden können. Riccio ist ferner durch den
Satyrleuchter (Nr. 159, Taf. 41) und den sitzenden Satyr, ein seltenes Modell
(Nr. 158, Taf. 36), würdig vertreten. Der Paduaner Leuchter (Nr. 162, Taf. 41)
hat einen nahen Verwandten im Louvremuseum (vgl. Planiscig, Piccoli Bronzi
Taf. 94). Ein Werk hohen Ranges ist der Akrobat im Handstand (Nr. 165, Taf. 40).
der auch im Kaiser-Friedrich-Museum (Kat. Ital. Bronzen 1914, Taf. 40) und in der
Wallace-Collection London zu sehen ist. Das Berliner Exemplar wurde dem
Florentiner Domenico Poggini — mit Fragezeichen — zugeschrieben; die Figur
gleicht jedoch in der straffen Schönheit des Aktes, der sicheren Modellierung und
auch im Bewegungsmotiv so sehr den Bronzestatuetten des Paduaner Gold-
schmieds Francesco da Sant'Agata, daß sie diesen mit ziemlicher Sicherheit
zugerechnet werden kann. Aus der durch W. v. Bode um die Jahrhundertwende
zusammengebrachten Bronzesammlung v. Dircksen sind mehrere bedeutende
Stücke in die Sammlung V. Hahn übergegangen: Die ruhende Frau nach Michel-
angelos Grabmal des Giuliano dei Medici (Nr. 153), dann die Gruppe des
Herkules, der im Wahnsinn seinen Gefährten Lychas tötet (Nr. 178), von
Giovanni da Bologna, und der Herkules im Kampf mit dem Löwen (Nr. 163,
Taf. 39), eine seltene Gruppe, die als Werk des Baccio Bandinelli galt, aber
viel enger mit der von Planiscig (Piccoli Bronzi, Taf. 132) veröffentlichten
Herkulesgruppe des Venezianers Vittore dei Gambelli, genannt Camelio (1460
bis 1537) Arerwandt ist. Die sehr kunstvoll komponierte Gruppe des Simson, der
 
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