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Bammer, Anton [Oth.]; Muss, Ulrike <Univ.-Doz. Dr. phil> [Oth.]
Das Artemision von Ephesos: das Weltwunder Ioniens in archaischer und klassischer Zeit — Mainz am Rhein, 1996

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.30985#0037
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30

Amazonen und Kimmerer

Frauen in Ephesos - Amazonen
in Kleinasien

Die literarischen Nachrichten über die
Amazonen stehen in einer langen Tradi-
tion mit anderen Nachrichten über
Frauen im Artemision. Da viele Heilig-

tümer in Kleinasien vorgriechischen Göt-
tinnen geweiht warten, eröffnet die Be-
deutung der weiblichen Kulte die Frage
nach dem Einfluß der Frauen in der Ge-
sellschaft und im Kult. Athenaios sagt
von den Lydern, daß sie sich wie Frauen
kleiden und wie Frauen benehmen. Ari-

stophanes berichtet von den lydischen
Mädchen, daß sie die ephesische Artemis
verehren, Strabon erzählt über die Prie-
sterinnen der Artemis von Ephesos, daß
sie Jungfrauen sein mußten, und Artemi-
dor sagt, daß es den verheirateten Frauen
verboten war, den Tempel zu betreten.
Über die Spiele zu Ehren der Artemis be-
richtet Thukydides, daß an ihnen auch
unverheiratete Mädchen teilnehmen dür-
fen.

In Kleinasien wurde in der archaischen
Zeit der geschlechtlichen Differenzie-
rung, sowohl was den Kult als auch das
tägliche Leben anbelangt, weniger Be-
deutung beigemessen als in Griechen-
land. Die ephesischen Frauen scheinen
auch noch im 4. Jh. v. Chr. wohlhabend
und politisch bedeutend gewesen zu sein,
weil sie, wie Strabon berichtet (vgl. S.
53), nach dem Tempelbrand ihr Gold ein-
schmelzen ließen und es zum Wiederauf-
bau des Tempels zur Verfügung stellten.

Ein auffälliges Charakteristikum der
Funde aus dem Artemision ist das Über-
wiegen bzw. das deutliche Betonen des
weiblichen Elementes in der Kulttradi-
tion. So stellen die Statuetten weibliche
Figuren dar, viele andere Weihgeschenke
weisen ausschließlich Beziehungen zur
Welt der Frauen auf. Bei den zahlreichen
Weihungen aus dem für uns weiblichen
Bereich wie Schmuck, Kleidung und Ar-
beitsgeräte kann es sich sowohl um Wei-
hungen von Frauen, aber auch von Män-

Abb. 26 Relief aus Elfenbein mit der Dar-
stellung eines liegenden Steinbocks. Der
Kopf ist nach rückwärts gedreht, das Maul
ist geöffnet, Brust und Hinterteil sind mit
zwei großen geritzten Doppelkreisen deko-
riert. Die Beine sind im Verhältnis zum Kör-
per sehr fragil gegeben. Die Darstellung
zeigt die Charakteristika des sog. Tierstils,
nämlich großzügig modellierte Körper und
winzige, wie Grashalme aussehende Glied-
maßen. Gefunden 1986.

Abb. 27 Liegender Widder aus Elfenbein,
das rechte Vorderbein ist nach hinten aufge-
bunden. Die Pupille des dreieckigen Auges
war aus anderem Material eingelegt. Die
Riickseite weist einen kreuzförmigen Ver-
schlußansatz auf der auf eine Verwendung
des Widders als Teil eines Zierzaumzeuges
hindeutet. Auch bei diesem Fund ist die Be-
ziehung zur Kunst der Nomaden gegeben-
Gefunden 1972, südlich des Hekatompedos.

Abb. 28 Unterkörper einer weiblichen
Figur aus Elfenbein, mit Chiton bekleidet
und auf einem in vertikaler Richtung her-
auswachsenden Pantherkopf stehend, von
dem sie durch eine dekorierte kleine Basts
getrennt ist.
 
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