76
Artemis Ephesia
93
Statuetten aus Gold und Elfenbein
Während diese ephesische Artemis uns
nur aus Nachbildungen, die außerhalb
des Heiligtums gefunden wurden, be-
kannt ist, sind die im Artemision gefiin-
denen Statuetten unmittelbarer Teil des
archaischen Heiligtums. Da diese aber
vom Aussehen der tradierten späteren
Kultstatue der Artemis Ephesia völlig ab-
weichen, entsteht ein interessantes Span-
nungsverhältnis. Wie sehen nun aber
die erhaltenen Darstellungen weiblicher
Figuren aus Edelmetall und Elfenbein im
Artemision des 7. und 6. Jhs. v. Chr. aus?
Eine weibliche Figur mit daedalischer
Stufenperücke auf einem Goldblech
(Abb. 85) ist nackt wiedergegeben,
ebenso eine Elfenbeinfigur, die von
Hogarth gefunden wurde. Diese hält mit
beiden Händen ihre Brüste. Die meisten
weiblichen Figuren sind bekleidet dar-
gestellt, einige der Elfenbeinstatuetten
sowie die beiden Goldstatuetten aus der
österreichischen Grabung tragen einen
Chiton, andere auch nach ostionischer
Mode einen Schleier (Abb. 86, 87). Die-
ser Statuettentypus ist aus der Großpla-
stik der archaischen Zeit gut bekannt,
man nennt ihn Korentypus, weil einge
dieser Figuren in Inschriften als Koren
(= Mädchen) angesprochen werden. Eine
der Elfenbeinstatuetten dieses Typus fällt
besonders auf, weil sie auf einem
Pantherkopf steht (s. S. 31); eine andere
aus der Grabung von Hogarth trägt auf
ihrem Kopf eine Stange, auf der ein Falke
sitzt. Wieder eine andere Figur trägt auf
jeder Hand einen Falken. Bei Aelian
(Nat. anim. XII4) ist eine Falkenart, der
Mermnos, als heiliges Tier der Kybele
erwähnt. Ein anderer Statuettentypus,
der sowohl durch die englischen als auch
österreichischen Grabungen belegt ist,
trägt ein orientalisches mantelartiges
Gewand und eine hohe Kopfbedeckung,
einen Polos und Ketten, eine davon mit
einem Anhänger. Bei der neugefundenen
Statuette fallen die vor den Ohren spiral-
förmig gewundenen Locken und der
große rosettenförmige Ohrschmuck auf
(Abb. 88).
Ikonographisch lassen sich diese bei-
den Figuren an Kybelebilder anschlie-
ßen, und so verstehen wir beide als Dar-
stellungen einer Göttin, die wahrschein-
lich auch im Artemision Kybele genannt
wurde (vgl. S. 41). Zusammen mit der
Statuette aus den österreichischen Gra-
bungen fand sich ein Kultgerät, beste-
hend aus zwei Schalen, die in der Mitte
durch einen Steg geteilt sind (Abb. 89).
Auf dem Polos befindet sich eine dazu-
gehörige Einlassung. Solche Schalen hatte
auch schon Hogarth gefunden. Damit kann
für diese Statuette die Funktion geklärt
werden: sie ist als Griff für diese Schalen
verwendet worden und wies damit eine
direkte Beziehung zum Kultgeschehen
auf. Die kultische Handlung, die mit
diesem Gerät ausgeführt wurde, ist im
eigentlichen Sinne geheiligt. Die Funk-
tion der meisten übrigen Statuetten kann
dagegen nicht so leicht geklärt werden.
Einige weisen aber an ihrer Unterseite
eine Einbohrung für einen Gegenstand
auf, den man sich wahrscheinlich eben-
falls als Griff vorstellen darf.
Abh. 93 Gürtel I: Zeichnung des Fragmen-
tes aus Bronze, an jeder Seite diinne, geritzte
Linien, der Rand ist durchlöchert, um das
Lederfutter befestigen zu können. Die rechts
erhaltene Giirtelschnalle ist in Form einer
phrygischen Fibel gebildet, unter der sich
das sich verschmälernde eigentliche Ver-
schlußstiick durchzieht. Die Konstruktion
ähnelt jener auf der marmornen römischen
Artemisstatue von Abb. 95.
Abb. 94 Gürtel //: Zeichnung des Frag-
mentes aus Bronze. Links ist der Gürtelver-
schluß erhalten. Die Gürtelschließe mit Lö-
wenköpfen ist auf den Gürtel aufgesetzl, das
Verschlußstück schließt daneben an.
Artemis Ephesia
93
Statuetten aus Gold und Elfenbein
Während diese ephesische Artemis uns
nur aus Nachbildungen, die außerhalb
des Heiligtums gefunden wurden, be-
kannt ist, sind die im Artemision gefiin-
denen Statuetten unmittelbarer Teil des
archaischen Heiligtums. Da diese aber
vom Aussehen der tradierten späteren
Kultstatue der Artemis Ephesia völlig ab-
weichen, entsteht ein interessantes Span-
nungsverhältnis. Wie sehen nun aber
die erhaltenen Darstellungen weiblicher
Figuren aus Edelmetall und Elfenbein im
Artemision des 7. und 6. Jhs. v. Chr. aus?
Eine weibliche Figur mit daedalischer
Stufenperücke auf einem Goldblech
(Abb. 85) ist nackt wiedergegeben,
ebenso eine Elfenbeinfigur, die von
Hogarth gefunden wurde. Diese hält mit
beiden Händen ihre Brüste. Die meisten
weiblichen Figuren sind bekleidet dar-
gestellt, einige der Elfenbeinstatuetten
sowie die beiden Goldstatuetten aus der
österreichischen Grabung tragen einen
Chiton, andere auch nach ostionischer
Mode einen Schleier (Abb. 86, 87). Die-
ser Statuettentypus ist aus der Großpla-
stik der archaischen Zeit gut bekannt,
man nennt ihn Korentypus, weil einge
dieser Figuren in Inschriften als Koren
(= Mädchen) angesprochen werden. Eine
der Elfenbeinstatuetten dieses Typus fällt
besonders auf, weil sie auf einem
Pantherkopf steht (s. S. 31); eine andere
aus der Grabung von Hogarth trägt auf
ihrem Kopf eine Stange, auf der ein Falke
sitzt. Wieder eine andere Figur trägt auf
jeder Hand einen Falken. Bei Aelian
(Nat. anim. XII4) ist eine Falkenart, der
Mermnos, als heiliges Tier der Kybele
erwähnt. Ein anderer Statuettentypus,
der sowohl durch die englischen als auch
österreichischen Grabungen belegt ist,
trägt ein orientalisches mantelartiges
Gewand und eine hohe Kopfbedeckung,
einen Polos und Ketten, eine davon mit
einem Anhänger. Bei der neugefundenen
Statuette fallen die vor den Ohren spiral-
förmig gewundenen Locken und der
große rosettenförmige Ohrschmuck auf
(Abb. 88).
Ikonographisch lassen sich diese bei-
den Figuren an Kybelebilder anschlie-
ßen, und so verstehen wir beide als Dar-
stellungen einer Göttin, die wahrschein-
lich auch im Artemision Kybele genannt
wurde (vgl. S. 41). Zusammen mit der
Statuette aus den österreichischen Gra-
bungen fand sich ein Kultgerät, beste-
hend aus zwei Schalen, die in der Mitte
durch einen Steg geteilt sind (Abb. 89).
Auf dem Polos befindet sich eine dazu-
gehörige Einlassung. Solche Schalen hatte
auch schon Hogarth gefunden. Damit kann
für diese Statuette die Funktion geklärt
werden: sie ist als Griff für diese Schalen
verwendet worden und wies damit eine
direkte Beziehung zum Kultgeschehen
auf. Die kultische Handlung, die mit
diesem Gerät ausgeführt wurde, ist im
eigentlichen Sinne geheiligt. Die Funk-
tion der meisten übrigen Statuetten kann
dagegen nicht so leicht geklärt werden.
Einige weisen aber an ihrer Unterseite
eine Einbohrung für einen Gegenstand
auf, den man sich wahrscheinlich eben-
falls als Griff vorstellen darf.
Abh. 93 Gürtel I: Zeichnung des Fragmen-
tes aus Bronze, an jeder Seite diinne, geritzte
Linien, der Rand ist durchlöchert, um das
Lederfutter befestigen zu können. Die rechts
erhaltene Giirtelschnalle ist in Form einer
phrygischen Fibel gebildet, unter der sich
das sich verschmälernde eigentliche Ver-
schlußstiick durchzieht. Die Konstruktion
ähnelt jener auf der marmornen römischen
Artemisstatue von Abb. 95.
Abb. 94 Gürtel //: Zeichnung des Frag-
mentes aus Bronze. Links ist der Gürtelver-
schluß erhalten. Die Gürtelschließe mit Lö-
wenköpfen ist auf den Gürtel aufgesetzl, das
Verschlußstück schließt daneben an.