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Bastine, Reiner [Hrsg.]
Klinische Psychologie (Band 2): Klinische Psychodiagnostik, Prävention, Gesundheitspsychologie, Psychotherapie, psychosoziale Intervention — Stuttgart, Berlin, Köln, 1992

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https://doi.org/10.11588/diglit.16130#0274
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10. Psychotherapie

lung zum Ziel haben. Die Optimierung kann prinzipiell auf zwei Wegen erfolgen, die
Pawlik (1976) als Selektionsstrategie und als Modifikationsstrategie bezeichnet hat.

- Selektionsstrategie: Bei der Selektion von Personen werden geeignete Klienten für
eine Behandlungsmethode ausgewählt, beispielsweise also diejenigen depressiven
Personen, von denen man weiß, daß sie von einer kognitiven Psychotherapie be-
sonders profitieren. Bei der Selektion von Behandlungsbedingungen wird für be-
stimmte Klienten dasjenige Behandlungsverfahren ausgewählt, von dem zu erwar-
ten ist, daß ihnen mit diesem am besten geholfen werden kann. In der Praxis wer-
den beide Auswahlmöglichkeiten häufig gemischt, indem etwa zunächst geeignete
Personen und nachfolgend geeignete Behandlungsweisen ausgewählt werden: Bei-
spielsweise wird eine psychoanalytisch arbeitende Psychosomatische Klinik
zunächst einmal solche Klienten aufnehmen, denen mit dem vorhandenen Behand-
lungsansatz geholfen werden kann (andere Klienten werden an andere Einrichtun-
gen, etwa an die Beratungsstelle eines Psychologischen Instituts, überwiesen). Für
die aufgenommenen Patienten wird anschließend entschieden, welche der in der
Klinik bestehenden Behandlungsalternativen in Frage kommt (z.B psychoanalyti-
sche Gruppentherapie, stationäre Einzeltherapie, ambulante psychoanalytische Ein-
zeltherapie, Psychoanalyse).

- Die Modifikationsstrategie dagegen zielt nicht auf die Auswahl, sondern auf die
Veränderung der Behandlungsbedingungen ab. Dies ist etwa dann der Fall, wenn
im Laufe einer Behandlung ein verändertes Vorgehen oder das Heranziehen weite-
rer Hilfen notwendig erscheinen, um das Behandlungsziel besser zu erreichen.

Beide Optimierungsstrategien werden bei der Indikation psychotherapeutischer Pro-
blemlösungen genutzt und als selektive bzw. adaptive Indikation bezeichnet (s.u.).

# Pragmatische Indikation: Behandlungsaufnahme und Therapiestratifikation.

In der Praxis sind die Entscheidungen für die Aufnahme einer psychotherapeutischen
Behandlung vielfältig determiniert und gewiß nicht nur von der Auswahl durch Pro-
fessionelle abhängig. Bereits zahlreiche Einflüsse im Vorfeld beeinflussen den Gang
zu einer psychologischen Einrichtung. Ausgehend von der Frage, welche Gründe Kli-
enten zur Aufnahme einer psychotherapeutischen Behandlung veranlassen, haben
Schmook et al., (1974) für diesen Prozeß den Begriff der Therapiestratifikation ein-
geführt. Erste Entscheidungen über die Notwendigkeit und die Art einer professionel-
len psychologischen Hilfe finden statt, bevor irgend ein Kontakt zu einer behandeln-
den Einrichtung besteht. Dieser zunächst verdeckt ablaufende Teilprozeß wird ver-
mutlich beeinflußt von subjektiven Krankheits- und Störungstheorien des Klienten, der
Dringlichkeit und Bedrohlichkeit der Problematik, Normen und Werten von Bezugs-
personen, den Erwartungen und Vorstellungen an eine Psychotherapie, den vorhande-
nen Möglichkeiten von Selbsthilfe und von sozialer Unterstützung sowie ökonomi-

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