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Kallmann, Hans Jürgen; Galerie Baudenbach (München)
Hans Jürgen Kallmann: 28. November 1947 bis 11. Januar 1948 — München: Galerie Baudenbach, 1947

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https://doi.org/10.11588/diglit.68314#0010
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Professor
Dr. Offo H. Förster
Köln

Als mit unsere besten Künstlern auch Hans Jürgen
Kallmann aus dem Blickfeld der Öffentlichkeit ver-
bannt wurde, war er noch nicht dreißig Jahre alt
und hatte im wesentlichen zweierlei gezeigt: Tier-
bilder von eigentümlich strömender Kraft, und —
scheinbar abgelegen: die Wandtönungen im Berliner
Kronprinzenpalais, vor denen sich die Bilder der Ex-
pressionisten so reich entfalteten. Nun man ihm nach
zehn Jahren wieder begegnet, hat der erste Eindruck,
leugnen wir es nicht, etwas Beunruhigendes. Mächtige
Flächen leuchtender Pastellfarben rufen unausweich-
lich die Erinnerung hervor, was Degas aus solchen
zu machen verstand — und vor welchem Deutschen
dürfte man daran denken?
An vehemente Farbigkeit sind wir gewöhnt — aber
nicht mehr in dieser Verbindung mit einer zuweilen
drastischen Gegenständlichkeit. Der durch die Schule
der Abstrakten gegangene Kritiker kraust die Stirn:
ist dies ein Rückfall in dekorative Moden des Jahr-
hundertbeginns? Muß man nicht die durchgeistigende
Vollendung der einzelnen Bildelemente vermissen,
wären nicht Motive wie der Trunkene, der Knabe mit
der Larve, Hans Kasper — mit bloßer Andeutung,
die die Phantasie der Beschauer anregt, überzeugen-
der gestaltet? Da ist, auf amerikanische Anregung
und für eine amerikanische Veröffentlichung geschaf-
fen, die Folge „Das bist Du, Europa“: Dostojewskij,
Don Quichotte, Faust und Mephistopheles, Don Juan;
sie enthält auch die Bildnisse großer Maler — Grüne-
wald, Rembrandt, Goya — die die Atmosphäre ihres
Schaffens in prägnanten Symbolen vergegenwärtigen.
Vor diesen Blättern hat die Kritik, fragend und etwas
unsicher zwar, von Film, ja von Panoptikum ge-
sprochen. Aber gerade eine solche Reminiszenz macht
deutlich, wie weit diese Darstellungen über die vor-
dergründig-popularisierende Übersetzung in unsere
Begriffswelt hinausreichen und an tiefere Wesens-
schau heranführen.
Der Blick auf Kallmanns meisterliches Selbstbildnis,
das einen ernsten, feinen Gelehrtenkopf zeigt, gibt

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