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Baumeister: das Architektur-Magazin — 6.1908

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Heilmeyer, Alexander: Münchner Ausstellungs-Architektur
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https://doi.org/10.11588/diglit.52603#0231
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DB BAUMEISTER

HERAUSGEBER: oooooooo
HERMANN JANSEN,
WILLIAM MÜLLER,
ARCHITEKTEN, BERLIN
ALLE ZUSENDUNGEN AN DIE SCHRIFT-
LEITUNG BERLIN W 35., STEGLITZERSTR. 53.
VI. Jahrgang

»< MONATSHEFTE
<S5 FÜR ARCHITEKTUR
SR UND BAUPRAXIS.

September 1908.


VERLAG UND EXPEDITION: ° ° •-
GEORG D. W. CALLWEY
MÜNCHEN, FINKENSTR. 2
BERLIN W. 57. KURFÜRSTEN-
STRASSE 8.
Heft 12

INHALT: Hauptblatt: Münchner Ausstellung 1908. (30 Abb.) Von Alex. Heilmeyer, München. — Hohe oder niedrige Bauten? Von Joh. F. Thoene,
Köln. (Schluss aus Heft 11.)
Beilage: Moderne Schaufensteranlagen. Von Franz Behring, Berlin. — Olbrich f. — Beständigkeit von Zement- und Betonbauten. —
Bücherbesprechungen. — Bücherschau. — Chronik.
Tafeln 89/92: Hauptrestaurant (Münchner Ausstellung 1908). Arch. Professor Emanuel v. Seidl, München. — 93: Eingangsbauten
(Münchner Ausstellung 1908). Arch. Gebr. Rank, München. — 94: Grosse Bierhalle (Münchner Ausstellung 1908). — 95/96: Eingebauter
Eingang im Equitable-Haus, Berlin. Aufgen. Arch. Franz Behring, Berlin.
Sup pl.-Taf el n 23: „Aus Mebes, Um 1800“. — 24: Jagdschloss Grünau, Schloss Blutenburg, Schloss Sandersdorf. Aufgen. Martin
Baur, München.

Münchner Ausstellungs-Architektur.

Will man so recht aus dem Grunde einsehen, was die
Ausstellung „München 1908“ ist und was sie auf diesem Ge-
biete bedeutet, so darf man sich nur einmal recht lebhaft
vorstellen, was man gewöhnlich an Ausstellungen zu sehen
bekommt. Sie hat nichts gemein mit jenen internationalen
Schaustellungen, die mit einem Riesenaufwand von markt-
schreierischen Mitteln in Szene gesetzt werden. Welcher

rungen entgegen. Ein starker Hauch des künstlerischen Geistes
weht durch die ganze Ausstellung und verleiht ihr ein An-
sehen und eine Würde, die sonst solchen ephemeren Er-
scheinungen gänzlich fehlt.
Diese Münchner Ausstellung erfüllt auch eine erzieherische
Aufgabe; indem sie bei der Auswahl und Aufstellung der
Dinge überall künstlerischen Geschmack walten liess, er-

Missbrauch wird dabei mit der
Kunst getrieben! Die Architektur
undBaukunstarbeiten mit Mitteln,
welche ihrem innersten Wesen
und ihrer Bestimmung entgegen-
gesetzt sind. Die prunkvollen
Ausstellungspaläste sind oft nichts
weiter als blosse Improvisationen
aus Holz, Gips und anderen
leichten Stoffen und Materialien.
Man ahmt griechische Tempel
und italienische Paläste nach. Wie
bei lustigen Fastnachtsspielen er-
scheint alles kostümiert, will
nichts anderes als blenden und
täuschen. Der Schmuck alter
Tempel und Paläste wird ver-
wendet, um einen Bazar oder eine
Schenke auszustaffieren, uralte
Symbole und Zeichen schmücken
die modernsten Industrie-und Fa-
brikerzeugnisse. Der fliessende,
gärende Zustand unserer mo-
dernen Zivilisation und Kultur
wird in der in keinerlei feste
Formen ausgeprägten Produk-
tion sehr unangenehm empfun-
den. Man fühlt keinen festen
Boden unter den Füssen, sondern
glaubt auf einem Trottoirroulant
zu stehen, daher das Uebelbe-
finden bei allen feiner organi-
sierten Naturen.
Eine Besserung dieser Zu-
stände konnte erst eintreten, als
die Ausstellungen von künstleri-


hob sie diese Schaustellung auf
die Höhe ästhetischer Kultur.
München 1908 ist die erste
Ausstellung, dieeinen rein
ästhetischen Eindruck ver-
mittelt.
In Nachfolgendem sollen hier
zunächst die baulichen Anlagen
und deren Charakter eine kurze
Besprechung erfahren:
Die gesamte architektonische
Anlage für die Ausstellungerfolgte
im wesentlichen nach den Plänen
des städtischen Bauamtmannes
Wilh. Bertsch auf Grund eines
Entwurfes, der in dem von der
Stadtgemeinde München veran-
stalteten Wettbewerb zur „Er-
langung von Projektskizzen für
die bauliche Ausgestaltung des
Ausstellungsplatzes“ mit dem
1. Preis bedacht worden war. Der
beigefügte Situationsplan lässt
erkennen, in welch vortrefflicher
Weise der Architekt den ge-
stellten Forderungen zu ent-
sprechen wusste.
Die vorteilhafte Einbeziehung
des im HintergrundederRuhmes-
halle mit dem Standbilde der
Bavaria liegenden Parkes in
einem Abmasse von annähernd
68 000 qm Bodenfläche in den
über 156 000 qm umfassenden
Ausstellungsplatz erwies sich als
ein Hauptmoment für die Ent-

schen Gesichtspunkten aus arran- Bildhauer Fritz Behn, München,
giert wurden, als sich erfahrene

Kraft. wicklung der gesamten Bau-
anlage.

Künstler, meist Architekten, diesses Problems bemächtigten.
In Darmstadt, Dresden und Mannheim hatte man zuerst neue
Wege beschritten. Es waren die ersten, nach künstlerischen
Prinzipien organisierten Ausstellungen. In noch viel stärkerem
Masse tritt dieses Prinzip auf der Münchner Ausstellung zutage.
Sie hat einen bestimmt ausgeprägten lokalen Cha-
rakter. Sie ist eigentlich eine städtische Ausstellung, die alles
zeigt, was München auf kulturellem und sozialem Gebiete, in der
Schule, Gesundheitspflege, im Handel und Gewerbe und in
der Industrie leistet. Münchner Geschmack, Münchner Kunst
und Kunstgewerbe, Münchner Leben tritt uns in allen Aeusse-

Um den Bavariapark mit seinem prächtigen Baumbestand
und seinen grünen Rasenflächen in seiner ihm eigenen Schön-
heit zu erhalten, legte man die grossen Bauten ringsherum;
die Nutzbauten mit den grossen Ausstellungshallen liegen an
der äusseren Peripherie des Platzes gegen den Pschorrring.
Die Anlage und Situierung der Baumassen lässt eine durch-
aus künstlerisch durchdachte Anordnung erkennen, die hier
an der Grenze der Stadt, in der Nähe der freien Natur eine
malerisch anmutende Gesamtstimmung schaffen wollte. Die
einzelnen Bauten sind sehr günstig situiert. Es ergeben sich
nun auf dem Ausstellungsplatze mannigfache, wirkungsvolle
 
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