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Baumeister: das Architektur-Magazin — 8.1909/​1910

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Lieb, Heinrich: Die Berechnung der Bogendächer in der Bautechnik, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.53857#0378
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BOIA/;r DER BAUMEISTER,
1910, AUGUST

MONATSHEFTE FÜR ARCHITEKTUR
UND BAUPRAXIS =======
VIII. JAHRGANG, HEFT 11

Die Berechnung der Bogendächer in der
Bautechnik.
Von Bau-Ingenieur H. Lieb, M.-Gladbach.
Wenn man in letzter Zeit in den Kreisen der Architekten
eine besondere Vorliebe für die Bogendächer findet, so hat
dies vielleicht seinen Grund in den von den Eisenbahnver-
waltungen bei neuen grösseren Bahnhofsanlagen ausgeführten
Hallendächern mit massiver Bedachung, welche in ihren ein-
fachen Linienführungen äusserst ruhig wirken. Letzterer Vor-
zug kommt wohl hauptsächlich bei der Verwendung der
Bogendächer für Maschinenhallen zur Geltung, wo das Dach
im Gegensatz zu den beständig bewegten Maschinen einen
besonders ruhigen Eindruck macht und ausserdem die Halle
höher erscheinen lässt, da die den Durchblick hindernden
Füllstäbe der hölzernen oder eisernen Binder fehlen.
Auch für überdachte Durchfahrten oder offene Hallen eignet
sich das massive Bogendach sehr gut, sind doch die den
Witterungseinflüssen ausgesetzten, vollwandigen Bogenträger
viel billiger im Anstrich zu erhalten, als die bisherigen Kon-
struktionen.
Der Zweck dieser Zeilen ist nun, die Berechnung derartiger
vollwandiger Bogenträger an Hand eines Beispiels zu erläu-
tern und diese so einfach wie möglich zu gestalten, so dass
sie auch der weniger geübte Statiker durchzuführen vermag.
Die Spannweite des Bogens betrage 10,0 m, der Stich sei
+ der Spannweite = 2,0 m, als Bedachungsmaterial werde
mit Rücksicht auf das geringe Eigengewicht Bimsbeton gewählt.
Zur Beleuchtung und Entlüftung diene ein längs des Firstes
angeordnetes Oberlicht. Die Binderentfernung betrage 4,00 m,
der Abstand der Eisenpfetten ca. 1,25 m.
Die Belastung des Daches setzt sich zusammen aus:
a) Eigengewicht,
b) Schneelast,
c) Winddruck.
a) Betrachten wir zuerst das Eigengewicht, dasselbe besteht
aus:
Gewicht der Bogenträger: rd. 10 kg/qm
„ „ Pfetten: „ 10 „
„ „ Bimsbetons:
0,12 1000 -^rd. 150 „
„ „ Pappe: „ 5
pro qm Grundriss: 175 kg.
Am First wäre noch das wesentlich leichtere Oberlicht zu
berücksichtigen. Zur Vereinfachung der Rechnung wird jedoch
der Bogen auf seine ganze Länge durch Eigengewicht gleich-
mässig belastet angenommen und dafür das Oberlicht bei
Berechnung des Winddruckes nicht besonders berücksichtigt.
b) Schneedruck.
Derselbe wird mit 75 kg/qm Grundfläche in Rechnung gesetzt.
c) Winddruck.
Dieser betrage 125 kg/qm senkrecht getroffener Fläche.
Unter der Annahme, dass der Wind die Fläche unter einem
Winkel von 10° treffe, wird der senkrecht zur Dachfläche
wirkende Winddruck
w = 125 (sin a + 10°) kg/qm,
wo a den Neigungswinkel des Daches darstellt.

1. Berechnung des Bogenträgers.
Da, wie schon oben erwähnt, die Berechnung auf möglichst
einfache Weise durchgeführt werden soll, wird der Bogen
mit 3 Gelenken ausgeführt oder wenigstens ein Dreigelenk-
bogen der Berechnung zu Grunde gelegt. Wird dann bei
den im gewöhnlichen Hochbau vorkommenden verhältnis-
mässig geringen Spannweiten das Mauerauflager auch als
Flächenlager ausgebildet, so ist das von geringer Bedeutung.
Die ungünstigsten Belastungen sind:
a) Eigengewicht -j- Schneelast auf beiden Seiten -i- Wind-
druck (einseitig) und
b) Eigengewicht + einseitige Schneelast + Winddruck.
Bei der unter a genannten Belastungsweise ergeben sich
infolge Eigengewichtund Schneelast nachstehende Knotenlasten:
1 08
P' = -’2 • 4,0 • (175 + 75) = 540 kg
2 3?
Pi'=-^ • 4,0 • (175 + 75) = 1160 kg
9 55
P2' = 7^- • 4,0 (175 + 75)= 1275 kg
4 15
Pä' = -y- • 4,0 (175 + 75) = 2075 kg
PL = Pa' = 2075 „
P5' = P2' = 1275 „
P«' = Pt' =1160 „
P7' = P' = 540 „

Den Winddruck W, der senkrecht zur Tangente des Bogens
wirkt, findet man am leichtesten dadurch, dass man in dem
der Windseite zugekehrten Auflagerpunkt eine um 10° gegen
die Vertikale geneigte Gerade errichtet und von dieser Linie
Senkrechte zu den einzelnen Lastangriffspunkten zieht. Die auf
der geneigten Geraden dadurch abgeschnittenen Strecken
stellen dann den Ausdruck
A~b • sin (a + 10°) dar.
Die Winddrücke werden also:
1 03
W'=-^- • 4,0 • 125 = rd. 260 kg
1 85
Wi' = -y- • 4,0 • 125 = „ 465 „
1 43
W2'=+p .4,0 - 125= „ 360 „
W8'= 0,666 -4,0-125 = 400 „
Werden diese Winddrücke mit den senkrechten Lasten zu
den Resultierenden R' bis R's zusammengesetzt, so sind die
auf den Binder wirksamen Kräfte festgelegt.
Im Nachstehenden sollen nun nicht die einzelnen Resultate
von vorne an entwickelt und bewiesen werden, da dies über
den Rahmen dieses Artikels hinausgehen würde, sondern es
genüge die Angabe über die Entstehung der einzelnen Figuren.
Im übrigen braucht sich der in der Statik weniger Bewandte
keineswegs an den vielen Linien zu stossen, da sich in äusserst
einfacher und klarer Weise eine an die andere reiht.
Die Zusammensetzung der senkrecht wirkenden Lasten P'
mit den Winddrücken W' (Fig. 1) erfolgte nach dem Parallelo-
gramm der Kräfte, nachdem letztere senkrecht zur Tangente
des Bogens (die Verlängerungen schneiden sich sämtlich im
Mittelpunkt des Kreises) aufgetragen waren. Nun wurden in
Fig. 2 die Lasten R' bis Ra' und PL bis Pt' nach Richtung
und Grösse als Seilzug aneinander gereiht und füi die Kräfte je-
der Bogenhälfte die Lage der Resultierenden R resp. P bestimmt.
Dies erfolgte auf graphische Weise dadurch, dass von den
beliebig gewählten Polen Oi und O2 Seilstrahlen nach den
Anfangs- resp. Endpunkten der Kräfte R' und P' gezogen
wurden. Die Parallelen zu diesen Strahlen ergeben für die
beiden Bogenhälften die in Fig. 1 dargestellten Seilkurven;

Soeben erschien:
VORSCHLAG ZU EINEM GRUNDPLAN
FÜR GROSS-BERLIN
Von Hermann Jansen, Architekt, Berlin 1990
Mit 14 Abbildungen und 4 Plänen

Beim Wettbewerb mit einem ersten Preise
erster Stelle ausgezeichnet.
Einige Urteile:
„Deutsche Bauzeitung“ vom 7- 5- 1910.
. . . Man wird auch in dieser Anlage die eingehende Denkarbeit
schätzen, die den Jansenschen Entwurf im ganzen auszeichnet. . . . „Das
ist eine Auslese aller der wertvollen Punkte, die der Erläuterungs-
bericht Jansens enthält.“
„Die Neue Rundschau“ Juli 1910.
... So genommen, wird Jansens Buch zu einem wertvollen Doku-
ment. Das Programmbuch enthält genug Grundsätzliches, um als
Programmschrift auch in einem allgemeinen Sinne gelten zu können.
. . . eines Problems, mit dem sich jeder Grossstadtbewohner in den
nächsten Jahrzehnten irgendwie auseinanderzusetzen haben wird. Es
ist ihm etwas ausserordentlich Reifes gelungen, etwas, das des „un-
geteilten“ ersten Preises würdig gewesen wäre. Seine Arbeitsmethode
spiegelt sich sowohl in seinen Plänen wie in seiner Erläuterungsschrift
ausserordentlich klar und sicher wieder; seine Gesamtarbeit überzeugt
so nachdrücklich, dass man mit der Empfindung eines ästhetischen
Erlebnisses vor seinen schönen Plänen und Vorschlägen steht.
„Kunst und Künstler“, Jahrg. VIII. Heft 11.
. . . Ein Entwurf, der sich, ohne die Verkehrsfragen zu vernach-
lässigen, vor allem dem Gestaltungsproblem im Grossen widmet, ist
der mit dem ersten Preise ausgezeichnete von H. Jansen.
„Städtezeitung“ vom 15. 4. 1910.
. . . Wenn die Arbeiten auch spez. Berliner Verhältnisse bearbeiten,
so dürfte vieles daraus doch auch den Städtebauer, den Kommunal-
techniker und den Verkehrs wi ssenschaftler allgemein interes-
sieren ... in dieser Hinsicht sind die Vorschläge von Jansen ausser-
ordentlich fruchtbar und positiv.

Preis 5 Mark.
Verlegt bei Georg D. W. Callwey, München
Zu beziehen durch alle Buchhandlungen.
 
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