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Becker, Wilhelm Gottlieb; Tauber, Andreas [Hrsg.]; Pursh, Frederick [Hrsg.]; Block, Ludwig Heinrich von [Hrsg.]
Der Plauische Grund Bei Dresden: Mit Hinsicht Auf Naturgeschichte Und Schöne Gartenkunst ; Mit fünf und zwanzig Kupferblättern — Nürnberg, 1799

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https://doi.org/10.11588/diglit.17514#0162
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— ii7
So sehr auch diess herrliche Thal verschönert werden konnte, müTste denn
doch die Natur, wenn alle jene beschriebenen Anlagen verwirklichet werden Toll-
ten, mit grösster Schonung behandelt werden. Der Fremdling, welcher das
Thal besuchte, müsste anfangs blosse Natur zu finden glauben, und nur bei den
einzelnen angelegten Parthien, die er nirgends ganz zu übersehen vermöchte,
die verschöiiernde Hand erblicken. Nie dürfte die Gegend zum Garten werden;
denn das Geschmückte, was in dem Garten verlangt wird, verträgt lieh nicht mit
dem hohen Naturcharakter. Ein reizender Garten in einer alltäglichen Gegend
hat einen entsehiedenen Werth, und verdient unstreitig, wenn er den reinen Ge-
schmack befriediget, den Namen eines merkwürdigen und vortreflichen Kunst-
werks; allein der nämliche Gartenähnliche Schmuck, der ihn zu einem Gedicht
idealer Natur macht, würde in einer über alle Gartenkunst erhabenen Natur-
gegend gewiss nur als ein Spielwerk erscheinen. Eine kleine arkadische Schäser-
welt, die in einem grossen Naturgarten, wie ein künstlicher Wassersall, gleiche
sam nur als ein vorübergehendes Schauspiel aufgeführt wird, kann wohl an einem
festlichen Tage Vergnügen gewähren; aber das geschaftigte Leben des Landmanns
in Dörfern und Feldern unterhält uns stets und ermüdet uns nie. Dort lind
wir im Schauspiel und merken auf Rollen und Spieler; hier aber sind wir in der
wirklichen Welt, und sehen handeln, geniessen und dulden, und nehmen be-
ständigen Theil an diesem natürlichen Wechsel der Dinge. Dort wird über unsere
Einbildungskraft eine Zeitlang durch Täuschung geboten; hier erlaubt lieh hin-
gegen unsere Phantasie, zuweilen über die Wahrheit zu gebieten, und ob sie
lieh schon bewusst ist, dass lie nichts an ihr zu verändern vermag, so schwärmt
sie doch gern in solchen Versuchen, wie das Kind auf blumigen Wiesen, kehrt
aber noch froher in die Arme der Mutter zurück.
Eine weise Verschönerung der wahren Natur, zu welcher die Kunst: nur hie
und da die erbetene Hand reicht, beraubt uns nie des natürlichen Eindrucks,
der uns so wohl thut, der den Geilt zu ernsten Betrachtungen seimmt und das
Herz an reinen Empsindungen wärmt. Die Kunst, die gleich Tarn nur wie eine
seltne Erscheinung aus derselben hervortritt, wirkt dann nicht bloss durch den
Brennspiegel der Einbildungskraft auf unsre Gefühle; sie wirkt noch schneller
und sichrer durch den unerkünstelten Tleiz der Natur, der ihr willig die Macht
leiht, womit lie den Sinn der Empsindung beherrscht. Eine traute Verbindung
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