Anton Raphael Mengs.
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des Jünglings, und des Mädchens, beide an den Grenzen der Pnbertät.
Menschen, die bei wachsender Geistesstärke Formen von hoher Bedeutung,
den Ausdruck heftiger Affekte zeigen, sind ihm selten geglückt. Seine
größeren Compositionen sind nicht häufig mit wahrer Rücksicht auf den Zweck
und die Wirkung der Kunst erfunden und angeordnet, und es fehlt beinahe
durchaus an jener Harmonie aller Theile zum Ganzen, die eine Arbeit zu
einem Kunstwerke macht.,^ Soweit Ramdohr.
Der Vater unseres Künstlers, Ismael Mengs (geb. 1690 in Kopen-
hagen), war als Miniaturmaler am Hofe Augusts II. angestellt und leistete
Vorzügliches in der Emaille- und Porzellanmalerei. Er war einer der
wunderlichsten Menschen, die je die Sonne beschienen. Melancholisch und
verschlossen gegen die Außenwelt, zeigte er sich nur für zwei Dinge besonders
empfänglich, für Musik, — er selbst blies eifrig die Flöte — und für ein
Glas gutes Bier. Sein in einem abgelegenen Theile Dresdens befindliches
Haus war für Jedermann verschlossen; ja er soll sogar alle Mittel an-
gewandt Haben, um zu verheimlichen, daß er verheirathet war, und, da dies
nicht wohl unbekannt bleiben konnte, doch darüber Zweifel zu verbreiten
gewußt haben, ob und wieviel Kinder er von seiner Frau besaß. Er pflegte
deshalb, wenn seine Gattin, die aus der Lausitz gebürtig war, ihrer Nieder-
kunst entgegensah, mit ihr in irgend ein Landstädtchen jenseits der sächsischen
Grenze zu gehen, um erst, wenn das neugeborene Kind einige Wochen alt
war, in aller Stille nach Dresden zurückzukehren. Dieser Laune verdankt
die Stadt Außig in Böhmen den Ruhm, die Vaterstadt des Anton Raphael
Mengs zu sein, der hier im Jahre 1728 geboren wurde.*) Der Vater
war glücklich über die Geburt des Knaben, da er ihn, wie sonst wohl nur
Fürsten pflegen, im Voraus zu großen Zwecken ausersehen hielt und nichts
Geringeres aus ihm zu machen hoffte als einen Maler, der die Vorzüge
Rafaels mit denen des Antonio Allegri vereinigen würde. Deshalb nannte
er ihn Anton Raphael, und gab ihm den Zeichenstist schon als Spielzeug
in die Hand, noch ehe das Kind vielleicht die ersten Worte zu stammeln
wußte.
Anton Raphaels Mutter starb frühzeitig, nachdem sie vier Kindern das
Leben gegeben, zwei Söhnen und zwei Töchtern, von denen unser Meister
*) Vergl. die Einleitung in der deutschen Ausgabe von Mengs Schriften — Herausgeg.
von G. Schilling (Bonn 1843.) — und die ebenda wiedergegebene Lobschrift Bianconi's,
des Leibarztes August's III., der mit Mengs befreundet war.
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des Jünglings, und des Mädchens, beide an den Grenzen der Pnbertät.
Menschen, die bei wachsender Geistesstärke Formen von hoher Bedeutung,
den Ausdruck heftiger Affekte zeigen, sind ihm selten geglückt. Seine
größeren Compositionen sind nicht häufig mit wahrer Rücksicht auf den Zweck
und die Wirkung der Kunst erfunden und angeordnet, und es fehlt beinahe
durchaus an jener Harmonie aller Theile zum Ganzen, die eine Arbeit zu
einem Kunstwerke macht.,^ Soweit Ramdohr.
Der Vater unseres Künstlers, Ismael Mengs (geb. 1690 in Kopen-
hagen), war als Miniaturmaler am Hofe Augusts II. angestellt und leistete
Vorzügliches in der Emaille- und Porzellanmalerei. Er war einer der
wunderlichsten Menschen, die je die Sonne beschienen. Melancholisch und
verschlossen gegen die Außenwelt, zeigte er sich nur für zwei Dinge besonders
empfänglich, für Musik, — er selbst blies eifrig die Flöte — und für ein
Glas gutes Bier. Sein in einem abgelegenen Theile Dresdens befindliches
Haus war für Jedermann verschlossen; ja er soll sogar alle Mittel an-
gewandt Haben, um zu verheimlichen, daß er verheirathet war, und, da dies
nicht wohl unbekannt bleiben konnte, doch darüber Zweifel zu verbreiten
gewußt haben, ob und wieviel Kinder er von seiner Frau besaß. Er pflegte
deshalb, wenn seine Gattin, die aus der Lausitz gebürtig war, ihrer Nieder-
kunst entgegensah, mit ihr in irgend ein Landstädtchen jenseits der sächsischen
Grenze zu gehen, um erst, wenn das neugeborene Kind einige Wochen alt
war, in aller Stille nach Dresden zurückzukehren. Dieser Laune verdankt
die Stadt Außig in Böhmen den Ruhm, die Vaterstadt des Anton Raphael
Mengs zu sein, der hier im Jahre 1728 geboren wurde.*) Der Vater
war glücklich über die Geburt des Knaben, da er ihn, wie sonst wohl nur
Fürsten pflegen, im Voraus zu großen Zwecken ausersehen hielt und nichts
Geringeres aus ihm zu machen hoffte als einen Maler, der die Vorzüge
Rafaels mit denen des Antonio Allegri vereinigen würde. Deshalb nannte
er ihn Anton Raphael, und gab ihm den Zeichenstist schon als Spielzeug
in die Hand, noch ehe das Kind vielleicht die ersten Worte zu stammeln
wußte.
Anton Raphaels Mutter starb frühzeitig, nachdem sie vier Kindern das
Leben gegeben, zwei Söhnen und zwei Töchtern, von denen unser Meister
*) Vergl. die Einleitung in der deutschen Ausgabe von Mengs Schriften — Herausgeg.
von G. Schilling (Bonn 1843.) — und die ebenda wiedergegebene Lobschrift Bianconi's,
des Leibarztes August's III., der mit Mengs befreundet war.