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Becker, Carl Heinrich [Editor]
Papyri Schott-Reinhardt (1) — Heidelberg: Carl Winter's Universitätsbuchhandlung, 1906

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https://doi.org/10.11588/diglit.71105#0045
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Sprache, Stil und Geist,

29

an die niederen Steuerbeamten, gewiß nicht an die Bevölkerung. Eine große geographisch
und chronologisch geordnete Tabelle dieser Urkunden wird in späterer Zeit einmal die allmäh-
liche Arabisierung Ägyptens unübertrefflich illustrieren. Bis dahin ist aber noch viel zu tun.
Die Bilinguität der Urkunden hat eine Parallele in der der Protokolle, von denen
ich unter Nr. XXI ein Beispiel publiziere. Die griechischen Protokolle wurden unter 'Abd
el-Άζϊζ (65—86 H.) zweisprachig, und von spätestens a. H. 114 an rein arabisch. Dies sind
die Resultate von Karabaceks Untersuchungen (PERF 77 ff.). Es ist sehr wichtig, daß das
älteste rein arabische Protokollfragment (ib. 85) von dem bekannten Statthalter 'Ubaidalläh
b. el-Habhäb stammt, dessen epochemachende Bedeutung für die ägyptische Verwaltung ich
an andrer Stelle wahrscheinlich zu machen versucht habe.1) Von a. H. 111 — also aus
seiner Amtszeit — ist ein Protokoll erhalten, von dem bisher bloß der griechische Text be-
kannt ist, das aber vielleicht auch einen arabischen Paralleltext besitzt.2) Da bei den ära-
rischen Papyrusfabriken eine gewisse Gleichmäßigkeit anzunehmen ist, dürfen wir das Er-
löschen der Bilinguität der Protokolle zwischen 111 und 114 H. ansetzen. Ungefähr in
dieser Zeit wird sie auch bei den Urkunden zu Ende gehen.
Es ist bisher noch nicht darauf aufmerksam gemacht worden, daß die zweisprachigen
Protokolle bald mit dem griechischen3), bald mit dem arabischen4) Text beginnen. Ist das
Zufall oder sollte sich, ähnlich wie bei den bilinguen Urkunden, hieraus ein chronologischer
Anhaltspunkt gewinnen lassen? Das können nur sicher datierte Stücke beweisen. Die Fol-
gerung liegt nahe, wenn man den Wiener Papyrus von a. H. 22 und unsre Nr. V und VI
von a. H. 91 vergleicht. Aber es kann Zufall sein. Jedenfalls ist darauf zu achten, da
wir dann auch bei undatierten Stücken einen festen Punkt bekämen. Die Reihenfolge wäre
dann: Griechisch, Griechisch-Arabisch, Arabisch-Griechisch, Arabisch.
An zweisprachigen Papyri sind mir außer den Heidelberger5), Wiener und Kairoer6)
Stücken nur noch die Grenfellpapyri und der Berliner Qorrapapyrus bekannt. Vielleicht
sind auch ff. Berliner Fragmente dieser Gruppe zuzurechnen: P. 5472, P. 10600 und ein
nicht inventarisiertes Stück in Mappe 151a.
Unsre einsprachigen Urkunden unterscheiden sich von den zweisprachigen nun nicht
nur durch die äußere Form, sondern auch durch Inhalt und Konzeption. Die einsprachigen
Papyri sind individuelle Stücke, die zweisprachigen — wenigstens die hier vorgelegten —
Formulare. Letztere sind gewiß ursprünglich griechisch gedacht und bei der Arabisierung
der Verwaltung übersetzt. Die rein arabischen Urkunden hingegen sind gleich arabisch
konzipiert. Auch sie mögen in vielen Exemplaren und ähnlichem Wortlaut verschickt worden
sein (cf. II, 38), aber der Unterschied von den bilinguen Formularen ist doch in die Augen
springend.
Beide Gruppen kleiden sich in die Form des Briefes, wenn auch in zwei Ministerial-
schreiben und Formulare scharf trennenden Fassungen.

A. Formulare.

Im Namen Gottes, des Barmherzigen, des Erbarmers!
Dies ist ein Schreiben von N. N.
An die Leute des Dorfes X im Kreise Y.



’) Beiträge z. Gesch. Ägyptens II, 107 ff.
2) Gardthausen, Griech. Palaeographie, >S. 34 ff.
8) Unsre PSR 194, 351.
9 Tafel XII; PERF 79; ib. Tafel IV.

5) Zu den behandelten kommen noch PSR Inv.
194, 351; alter Bestand Inv. 996.
») Ar. Pal. 100, 101.
 
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