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Belvedere: Monatsschrift für Sammler und Kunstfreunde — 1.1922

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Berichte aus den Kunstzentren
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https://doi.org/10.11588/diglit.52117#0291
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BERICHTE AUS DEN KUNSTZENTREN
VON KUNSTSTATTEN UND PERSÖNLICHKEITEN DES KUNSTLEBENS

WIEN:
DIE AUSSTELLUNG OSTASIATISCHER KUNST IM ÖSTERREICHISCHEN MUSEUM
FÜR KUNST UND INDUSTRIE.
Es ist ein Werk des Bahnbrechens für Wien und als solches sollte diese Ausstellung in
erster Linie gewertet werden. In außerordentlich mühevoller, fast einjähriger Arbeit ist es
den Veranstaltern derselben gelungen, das Material zustande zu bringen, das seine Auf-
stellung nunmehr im Österreichischen Museum für Kunst und Industrie gefunden hat. Bei
dem recht geringen Interesse, das asiatischer Kunst überhaupt seitens der Wiener Samm-
lungen und Sammler seit jeher entgegengebracht wurde, kann es nicht sonderlich Wunder
nehmen, wenn das, was da zusammengetragen werden konnte, durchaus nicht das Niveau
erreicht, das dem Fachmann wie dem kunstverständigen Laien von anderen Sammlungen
dieser Art, wie etwa London, Berlin oder Köln, zur Gewohnheit geworden sein mag.
Was dem Material nach vielleicht Lücken in der Ausstellung offen läßt, haben die Ver-
anstalter getrachtet durch eine systematische Gliederung zu ersetzen, und es ist ihnen
dieser Versuch auch fast gelungen, obwohl zu dem vollkommenen Verständnis dieser
Systematik eigentlich eine größere Vertrautheit mit der Idee, welche der Aufstellung zu-
grunde lag, vorausgesetzt werden muß, und der Katalog allein z. B. nicht imstande ist,
die Gedankengänge klarzumachen, die die Veranstalter bei der Durchführung dieses
Planes leiteten. Äußerst dankenswert ist, daß man versucht hat, wo Gegenstände in un-
seren Sammlungen nicht aufzutreiben waren wie auch bei der gesamten Baukunst
durch beigebrachte Abbildungen der Vorstellung von diesen Kunstwerken möglichst nahe
zu kommen und so die Prämissen für das Verständnis zu schaffen, das für die weitere
Betrachtung des ausgestellten Materials unbedingt notwendig ist.
Die überaus interessanten Abreibungen von den Reliefsteinschnitten auf den Gräbern
der Han-Dynastie, die gleich in dem ersten kleinen Vorraum der Ausstellung ihre Unter-
bringung gefunden haben, führen uns in die engen Beziehungen ein, welche seit der
frühesten Zeit die ostasiatische Kunst mit den Naturmythen und allen kosmischen Er-
scheinungen verknüpften. Gleichzeitig begegnen uns auf diesen Reliefs Darstellungen, welche
interessant für die Art der Stilisierung verschiedener Naturerscheinungen sind und die
die Wurzel für die in der Ornamentik der ostasiatischen Völker bis in die jüngste Zeit ge-
bräuchlichen Formen bilden. Für die Entwicklung des Ornaments wird man viel sehens-
wertes Material vorfinden. Eine Kriegstrommel aus der frühesten Zeit, Nr. 10 des Katalogs
(Tafel XCVIII, Fig. 1), aus dem 2. bis 4. nachchristlichen Jahrhundert zeigt jene eigen-
artige, aber für diese frühen Zeiten nicht ungewöhnliche Streifenornamentierung, in der
das Muster innerhalb eines Streifens in kurzen Abständen immerwährend wechselt. Aus
der Gruppe dieser früheren Bronzen wäre noch als besonders interessant ein Räucher-
gefäß aus Bronze, Nr. 68 des Katalogs, zu erwähnen, das wieder ein Beispiel dafür bietet,
wie die ganze Weltanschauung der Chinesen in ihren Kunstwerken zum Ausdruck kommt.
Der Dekor dieses Räuchergefäßes besteht aus den Sternbildern sowie am Deckel und
Boden in den 72 aus Strichkombinationen gebildeten Trigramen, des Yang und Yi, dem
Symbol des männlichen und weiblichen Prinzips mit dem Tao, dem göttlichen Symbol,
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