ROMANTISCHE LANDSCHAFTEN
verzichtet auf jede Staffage, er malt den Stimmungsgegensatz zwischen der Größe und der
verlassenen Einsamkeit dieser Natur, er zeigt uns, daß die Landschaft dieselbe ist wie
vor zwei Jahrtausenden, daß sie nur jetzt leer und unbelebt ist, daß die antike Welt
versunken ist und daß der Boden um sie trauert. Dieses Hineinlegen eines subjektiven
Gefühlsinhaltes in eine bestimmte Landschaft aber ist rein romantisch.
Wenn bei Antipoden wie Ludwig Richter und Rottmann die Landschaftsauffassung
doch im wesentlichen vom malerischen Motiv bedingt ist, so tritt die literarische Seite
der romantischen Malerei in den Vordergrund bei Ludwig Ferdinand Schnorr von
Carolsfeld, dem Bruder des Nazareners Julius Schnorr von Carolsfeld. Der Künstler
wurzelt in der nordischen und nicht in der italienischen Natur. Dennoch ist auch seine
Kunst deutlich von der Kochs bedingt, der ja dem neuerwachten Empfinden für die
Größe der Natur der Alpen als erster malerische Gestaltung verliehen hatte. Von alten
Meistern hat Schnorr, Friedricli von Schlegels Anregungen folgend, nicht die klassischen
und nicht die holländischen Landschafter, sondern die Altdeutschen studiert. Seine
Hauptwerke sind zwei inhaltlich zusammengehörige Bilder, die 1835 gemalte Heimkehr
(Abb.8) und der 1837 datierte Abschied des Herzogs (Abh. 7).DerKünstlerhatseinenbeiden
Bildern gelegentlich ihrer ersten Ausstellung Untertitel gegeben, die gleichmäßig auf beide
passen: »nach einer Ballade« und »eine Gebirgslandschaft«. In der Tat ist hier der Staffage
der Landschaftsdarstellung ein literarischer Inhalt unterlegt, der anders geartet ist als bei
Koch, bei seinen deutschrömischen Nachfolgern oder bei Rottmann. Wirklich spielen sich
auf beiden Bildern zwei Szenen einer lyrisch-romantischen Ballade ab. Die handelnden
Personen sind nicht bestimmte Individuen, sondern Typen: ein Herzog, seine
Frau, seine Kinder, seine Mannen. In bunter Theaterpracht und mit theatralischen
Gesten stehen sie vor uns. So bezeichnend für die literarische Einstellung des Künstlers
diese fast bilderbogenmäßige Staffage auch sein niag, ist sie für das Wesentliche seiner
Landschaftsauffassung, die kosmisch ist wie bei allen Romantikern, doch nebensächlich.
Wir sehen zwei verschiedene Ansichten eines weiten Gebirgstales vor uns, das nicht
der Natur nachgebildet, sondern frei der Phantasie des Künstlers entsprossen ist. Diese
Landschaften stehen für sich, sie sind unabhängig von der Staffage, das stimmungs-
gebende Moment der Beleuchtung und der Wolkenszenerie nimmt keine Rücksicht auf
das Freudige oder Traurige der dargestellten Gegenstände. Jede Einzelheit der Natur er-
scheint wieder belebt und beseelt, aber sie ist durchwegs dem Gesamtbild untergeordnet.
Wir können nur ahnend die Blumen des Vordergrundes erkennen und nicht wie bei
Kochs Gemälden sie botanisch fast mit Sicherheit bestimmen. Der ganze Reichtum der
Natur wird vor uns ausgebreitet und es wird betont, daß sie eine Macht ist, die über
den Menschen steht. So ist der Inhalt letzten Endes dem von Rottmanns hellenischen
Landschaften verwandt. In diesen Gemälden Schnorrs ist die romantische Empfindungs-
verzichtet auf jede Staffage, er malt den Stimmungsgegensatz zwischen der Größe und der
verlassenen Einsamkeit dieser Natur, er zeigt uns, daß die Landschaft dieselbe ist wie
vor zwei Jahrtausenden, daß sie nur jetzt leer und unbelebt ist, daß die antike Welt
versunken ist und daß der Boden um sie trauert. Dieses Hineinlegen eines subjektiven
Gefühlsinhaltes in eine bestimmte Landschaft aber ist rein romantisch.
Wenn bei Antipoden wie Ludwig Richter und Rottmann die Landschaftsauffassung
doch im wesentlichen vom malerischen Motiv bedingt ist, so tritt die literarische Seite
der romantischen Malerei in den Vordergrund bei Ludwig Ferdinand Schnorr von
Carolsfeld, dem Bruder des Nazareners Julius Schnorr von Carolsfeld. Der Künstler
wurzelt in der nordischen und nicht in der italienischen Natur. Dennoch ist auch seine
Kunst deutlich von der Kochs bedingt, der ja dem neuerwachten Empfinden für die
Größe der Natur der Alpen als erster malerische Gestaltung verliehen hatte. Von alten
Meistern hat Schnorr, Friedricli von Schlegels Anregungen folgend, nicht die klassischen
und nicht die holländischen Landschafter, sondern die Altdeutschen studiert. Seine
Hauptwerke sind zwei inhaltlich zusammengehörige Bilder, die 1835 gemalte Heimkehr
(Abb.8) und der 1837 datierte Abschied des Herzogs (Abh. 7).DerKünstlerhatseinenbeiden
Bildern gelegentlich ihrer ersten Ausstellung Untertitel gegeben, die gleichmäßig auf beide
passen: »nach einer Ballade« und »eine Gebirgslandschaft«. In der Tat ist hier der Staffage
der Landschaftsdarstellung ein literarischer Inhalt unterlegt, der anders geartet ist als bei
Koch, bei seinen deutschrömischen Nachfolgern oder bei Rottmann. Wirklich spielen sich
auf beiden Bildern zwei Szenen einer lyrisch-romantischen Ballade ab. Die handelnden
Personen sind nicht bestimmte Individuen, sondern Typen: ein Herzog, seine
Frau, seine Kinder, seine Mannen. In bunter Theaterpracht und mit theatralischen
Gesten stehen sie vor uns. So bezeichnend für die literarische Einstellung des Künstlers
diese fast bilderbogenmäßige Staffage auch sein niag, ist sie für das Wesentliche seiner
Landschaftsauffassung, die kosmisch ist wie bei allen Romantikern, doch nebensächlich.
Wir sehen zwei verschiedene Ansichten eines weiten Gebirgstales vor uns, das nicht
der Natur nachgebildet, sondern frei der Phantasie des Künstlers entsprossen ist. Diese
Landschaften stehen für sich, sie sind unabhängig von der Staffage, das stimmungs-
gebende Moment der Beleuchtung und der Wolkenszenerie nimmt keine Rücksicht auf
das Freudige oder Traurige der dargestellten Gegenstände. Jede Einzelheit der Natur er-
scheint wieder belebt und beseelt, aber sie ist durchwegs dem Gesamtbild untergeordnet.
Wir können nur ahnend die Blumen des Vordergrundes erkennen und nicht wie bei
Kochs Gemälden sie botanisch fast mit Sicherheit bestimmen. Der ganze Reichtum der
Natur wird vor uns ausgebreitet und es wird betont, daß sie eine Macht ist, die über
den Menschen steht. So ist der Inhalt letzten Endes dem von Rottmanns hellenischen
Landschaften verwandt. In diesen Gemälden Schnorrs ist die romantische Empfindungs-