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Belvedere: Monatsschrift für Sammler und Kunstfreunde — Band 7.1925

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Stix, Alfred: Studien Delacroix' zu seinem Wandgemälde "Jakob ringt mit dem Engel" in der Kirche St. Sulpice in Paris
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https://doi.org/10.11588/diglit.69286#0114

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ALFRED STIX

nur ganz wenig variiert. Die wesentlicheren Varianten bei der Gruppe der Kämpfenden
bestehen überhaupt bei strenger Beibehaltung des Grundmotivs nur in leichter
Änderung der Kopfstellung und der gegen oben gestreckten Hände.
Die Ölskizze stimmt fast vollständig mit der von Meyer-Graefe publizierten, sehr aus-
geführten Zeichnung überein. Die bedeutendste Abweichung, abgesehen von solchen,
die durch die immerhin flüchtigen Ausführungen der Zeichnung zu erklären sind, ist ein
stärkeres Herausdrehen des Kopfes Jakobs.
Viel größer als bei der Gruppe der Kämpfenden ist im Werden des ganzen Werkes
der Unterschied in der Ausführung der Landschaft. Hier findet sich von der ersten
Bleistiftskizze zur Ölskizze und bis zur schließlichen Ausführung eine starke Weiter-
entwicklung. Die mächtigen Bäume des Hintergrundes erhalten eine immer größere
und überragendere Bedeutung, während die dunklen Felskulissen, die sich auf der O1-
skizze finden, zu ihren Gunsten mehr zurückgedrängt werden. Hier hat der Künstler
eben Rücksicht auf die zu schmückende große Fläche genommen. Auch in einem
anderen Falle ist dies geschehen; während auf der kleinen Ölskizze es noch vollkommen
genügt, die rechte untere Ecke kompositionell einfach durch eine Schattenpartie zu
füllen und das weggeworfene Gewand und die Rüstung Jakobs am Fuße des Erdhügels,
vor dem er kämpft, hingelegt sind, rückt er auf dem großen Wandbilde dieses Beiwerk
weiter hinunter, füllt dadurch die Ecke und verstärkt mit dem richtunggebenden Speer
die Diagonale der Komposition.
Die genauere Datierung dieser Vorstudien ist nicht ganz einfach. Delacroix hat am
29. Juni 1861 zur Besichtigung des vollendeten Werkes eingeladen. Aber die Ausführung
hat sich über ein Jahrzehnt hinausgeschoben. Der Auftrag erfolgte, wie aus seinem
Journal hervorgeht, am 2. Oktober 1849. Erst von 1853 an beginnt er intensiver mit
der Arbeit. Daß die Zeichnungen in der Albertina zu den ersten Gedanken des Künstlers
über dieses Thema gehören, ist wohl kaum zweifelhaft, und diese dürften doch wahr-
scheinlich an die Auftragerteilung anschließen. Aus einer Briefstelle, die Robaut publiziert1,
scheint hervorzugehen, daß schon so früh Skizzen zu den Wandgemälden existiert
haben. Ich würde glauben, daß auch die Ölskizze in diese frühe Beschäftigung des
Künstlers mit dem Werke fällt, da die großen Veränderungen, welche er später in der
Landschaft anbrachte, darauf hindeuten, daß sie noch zu einer Zeit entstanden ist, wo
sich der Künstler mit den vollen Erfordernissen des großen Wandgemäldes im einzelnen
noch nicht intensiv beschäftigt hat.

1 A. Robaut: L'ceuvre complet de E. Delacroix, p. 356, Nr. 1332.

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