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Belvedere: Monatsschrift für Sammler und Kunstfreunde — Band 7.1925

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Lazarev, Viktor Nikitič: Ein Bild des Francesco Solimena
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https://doi.org/10.11588/diglit.69286#0216
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EIN BILD DES F. SOLIMENA

Diese Schlußfolgerung wird außerdem noch durch folgende Tatsache bestätigt. In seinem
zweiten Briefe weist Mariette deutlich darauf hin, daß das Solimenasche Bild sich zu seiner
Zeit nicht mehr in königlichem Besitz befand, sondern Eigentum einer Privatperson
war, deren Namen er nicht nennt. Dieser neue Besitzer eben hatte an Stelle des Bild-
nisses Ludwigs XIV. den Kopf Ludwigs XV. gesetzt. Stroganoff lüftet in seinem Katalog
das Inkognito des »padrone«, der diese Änderung vollzogen hat: er trug den Namen
Bouret. Zweifellos ist dieser Bouret derselbe Etienne-Michel Bouret (1710—1777)',
der einer der beliebtesten Günstlinge Ludwigs XV. war. Als Generalpächter verfügte er
über sagenhafte Reichtümer und verpraßte während seines stürmischen Lebens zwei-
undvierzig Millionen Francs. Nicht wenig hatte er auch für Kunst und Literatur veraus-
gabt, denen er nicht fremd gegenüberstand2. Derselbe Etienne-Michel Bouret war es,
der die Veränderungen an dem Bildnisse Ludwigs XIV. vorgenommen hat, um letzteres
durch den Kopf Ludwigs XV. zu ersetzen. Auf diese Weise hat das bei de Dominici
erwähnte Solimena-Bild eine ganze Reihe nachweisbarer Umgestaltungen durchgemacht.
Ursprünglich stellte es eine Glorifikation Ludwigs XIV. dar. Darauf, nachdem es in die
Sammlung Bourets gekommen, wurde es in eine Verherrlichung Ludwigs XV. ver-
wandelt, dessen Bildnis an Stelle des Kopfes Ludwigs XIV. eingefügt wurde. Endlich,
nachdem es in den Besitz Stroganoffs gelangt war, wurde es noch einer Wandlung
unterzogen: Das Porträt Ludwigs XV. wurde durch das Bildnis Katharinas II. ersetzt.
In dieser Form ist das Bild Solimenas bis auf unsere Zeit gekommen3.
Es entsteht nun die Frage, wieso die hartnäckig anhaltende Legende, daß das Bildnis
Karls V., beziehungsweise Philipps V., einst das Solimenasche Bild geschmückt hätten,
aufgetaucht ist? Bezüglicli des Porträts Philipps V. findet diese Frage recht leicht ihre
Lösung. Scheinbar war der Stich Carmonas hier die Hauptsache. Als letzterer an Stelle
des Porträts Ludwigs XIV. dasjenige Karls III. von Spanien einfügte, konnten die Zeit-
genossen Carmonas, die nicht genau über die ursprüngliche Darstellung des Medaillons
unterrichtet waren, leicht die Vorstellung erhalten, das Porträt Karls III. sei an Stelle
desjenigen seines Vaters — des Königs Philipp V. von Spanien — eingefügt worden. Viel
komplizierter ist die Frage in bezug auf das sagenhafte Bildnis Karls V., das im Stroga-
noffschen Katalog vorkommt. Selbst wenn wir annehmen wollen, Stroganoff hätte hier
den bei Caylus und im ersten Briefe von Mariette erwähnten Philipp V. mit Karl V.
verwechselt, so bliebe noch zu erklären, warum jene falsche Tradition, welche schon
1 Über ihn siche Voltaire. Correspondance generale. Marmontel. Memoires d'un pere. Diderot. Le Neveu de Rameau.
Memoires secrets dits de Bachaumont. Clement el Lemoine. De Silhouette, Bouret, les derniers fermiers-generaux. 1872.
Ih. Lhuillier. Le pavillon Bouret. Bulletin de la societe de l'archeologie de Seine et Marne 1875—1877. Larousse, Grand
dict., II, S. 1118—1119. La grande Encyclopedie, VII, S. 7(5 —746. 2 Siehe Potiquet. Les poesies du sieur D'...
(L Amateur d autographes, 1883). 3 Alle diese Veränderungen wurden äußerst vorsichtig ausgeführt, worauf der vor-
zügliche Zustand des Bildes hinweist.

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