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Belvedere: Monatsschrift für Sammler und Kunstfreunde — Band 7.1925

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Schlosser, Ignaz: Heinrich Friedrich Füger als Porträtist
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https://doi.org/10.11588/diglit.69286#0278

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FÜGER ALS PORTRÄTIST

»Ich habe mich um Zeichnung, Richtigkeit, Ausdruck, Kenntnis der Komposition und
des guten und edlen Stiles in der Geschichte bemüht... Ich gab mir viele Mühe des-
wegen (es handelt sich um die Nachahmung von Vorbildern), war aber allezeit glück-
licher in dem, was ich nach der Natur oder für mich selbst, als was ich nach anderen
Bildern malte. Dies überzeugte mich, daß ich mir eine Manier nach meinem eigenen
Gefühl nach der Natur bilden sollte . . .«
In allen diesen Äußerungen, trotzdem man in Anrechnung bringen muß, zu wem sie
gemacht wurden, sehen wir klar und deutlich die Komponenten, die die Kunst im all-
gemeinen Sinne zu jener Zeit ausmachten, aber auch die Besonderheit der Fügerschen
Persönlichkeit.
Das Porträt der Königin Karoline von Neapel vom Jahre 1778 möge als beweiskräftige
Illustration zu Fügers Worten dienen.
Altes und Neues halten sich die Wage, der Körper ist lebhaft bewegt, das Stoffliche
ist mit peinlicher Genauigkeit charakterisiert; aber die geistige Darstellung gibt bereits
einen allgemeinen Zustand; der landschaftliche Hintergrund hat in der Art, wie die
Illusion eines weiträumigen Parkes erweckt wird, viele Anklänge an englische Porträts;
und docli ist die Raumdarstellung präziser, noch wirkt die alte Art des mathematisch
nachrechenbaren Raumes, dem Auge sind für die Abmessung Hilfspunkte gegeben: links
noch auf der Vordergrundbühne die plastische Gruppe, rechts der Ausblick in den
Freiraum, nur einmal gehemmt durch eine Gartenarchitektur, jene Zweiteilung des
dargestellten Raumes, die für das italienische Porträt seit dem 16. Jahrhundert charak-
teristisch war. Ein interessantes Werk der Übergangszeit.
Ein weiterer Schritt den neuen Porträtproblemen entgegen geschah mit dem Bildnis
des Andrea Perula vom Jahre 1783 (Abb. 1, Wien, früher Sammlung Eißler).
Der Körper ist zur Ruhe gekommen, auf seine Mitwirkung zur allgemeinen Bewegung
wird verzichtet, er wird in faltenreicher Manteldraperie verborgen. Nur der Kopf ist
aus der Körperrichtung herausgedreht; diese Bewegung schildert das Individuum; das
ganze Gesicht verrät eine große Lebhaftigkeit: die hochgezogenen Augenbrauen, die
Falten an der Nasenwurzel, die beweglichen Nasenflügel, der leicht geöffnete Mund.
Verzichtet wurde auf die eingehende stoffliche Charakterisierung und auf die genaue
Raumdarstellung. Neu hinzu kam die Monumentalisierung des Dargestellten.
Bei dem Porträt der Königin von Neapel klang nur leise das Modell durch den allgemeinen
Schönheitssinn durch, hier ist Füger von dem Modell, von der Naturbeobachtung aus-
gegangen und hat durch Ausscheidung überflüssiger Details ein Porträt von eindrucks-
voller Größe und Lebendigkeit geschaffen.
An diesem Bilde wird es klar und deutlich, was Füger in Italien gelernt hat, daß er mit
Hilfe eines neuen Naturstudiums (und der ganz allgemeinen Leitung antiker und

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