GRAPHISCHE VORBILDER FÜR DAS SEBALDUSGRAB
Unter diesen Motiven spielt besonders die Vase eine große Rolle, und auch am Sebaldus-
grab ist von derselben reichlich Gebrauch gemacht. VVir finden sie nicht nur an den
Apostelsäulchen, in deren Aufbau sie ja schon dadurch gelangen mußten, daß dieser
den Hochfüllungen Zoan Andreas entnommen ist, sondern auch an den mit diesen
alternierenden Kandelabern. Hier ist sie geradezu der prominenteste Teil des Aufbaues,
der mit ihr beginnt, der aus ihr hervorwächst.
Schon in der antiken Dekoration spielt die Vase eine Rolle; häufiger begegnen wir ihr
jedoch erst in der römischen Kunst. Zunächst in der horizontal verlaufenden Bordüre,
ohne Ranke mit flankierenden Tieren, als reines Ornament1. Von hier aus scheint die
Übernahme auf altchristliche Sarkophage erfolgt zu sein. Hier ist sie, aus dem Ornament-
verband nur mit den flankierenden Tieren herausgelöst, zum Lebensbrunnen umgedeutet.
Die Spätantike hat die Vase aber auch noch in einer zweiten, hier wichtigeren Art ver-
wendet, in der Hochfüllung, und zwar immer in Verbindung mit der Ranke, die aus ihr
aufsteigt2. Während sie nun im Fries beliebig oft wiederholbar war, kommt sie hier nur
einmal vor, aber als Beginn und Wurzel der Bewegung, deren Richtung nach aufwärts
eine eindeutig bestimmte ist. Daher immer als Schmuck von Pilastern, sogar von Säulen3
oder dort, wo die Dekoration das von ihr geschmückte Glied deutlich als den seitlichen
Rahmen, gegenüber der Füllung, kennzeichnen soll4. Als Beginn und Verwurzelung
einer aufsteigenden Bewegung wird die Vase abwechselnd mit der Blattstaude verwendet,
der diese Funktion vorher offenbar ausschließlich zugekommen ist. Später werden beide
Motive gleichmäßig gern verwendet und werden auch manchmal zu einem Mischgebilde
zusammengezogen5, so daß der Vasenkörper teilweise vegetabilisiert erscheint.
Nur der Vollständigkeit halber sei noch erwähnt, daß diese Vase auch geeignet befunden
wurde, auf kleineren Flächen, besonders solchen von Zwickel- und Giebelform, als
Ausgangspunkt der Komposition verwendet zu werden6. Es ist hier eigentlich nur eine
Verbindung von Hoch- und Breitfüllung, die die Fortsetzungsmöglichkeit nach drei
Richtungen bietet.
Da wir die Vase schon als Lebensbrunnen angetroffen haben, die Ranke, mit der sie
verbunden wird, aber fast immer als VVeinlaub charakterisiert erscheint, dem ja gleichfalls
symbolische Bedeutung zukommt, so dürfte auch eine Bedeutungsverknüpfung ein-
getreten sein. Es würde sich die große Beliebtheit dieses Motivs in der altchristlichen
Dekoration hieraus erklären. Im weiteren Verlauf der italienischen Kunst verschwindet
1 Zum Beispiel am Baptisterium von Spalato oder an einem Fragment vom Trajansforum (Lateranisches Museum).
2 Zum Beispiel Pilaster im Lateranischen Museum. 3 Sarkophag mit Christus zwischen Aposteln im Lateranischen
Museum. 4 Zum Beispiel Kuppelmosaiken von S. Giovanni, Neapel. Hier ist die Ranke zur Girlande umgehildet, erscheint
nicht als VVeinlaub, wie gewöhnlich. Ferner Elfenbeinkathedra in Ravenna. 5 So an der erwähnten Elfenbein-
kathedra in Ravenna. 6 Zum Beispiel in den Gewölbezwickeln von S. Giovanni, Neapel, und an ravennatischen
Sarkophagen.
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Unter diesen Motiven spielt besonders die Vase eine große Rolle, und auch am Sebaldus-
grab ist von derselben reichlich Gebrauch gemacht. VVir finden sie nicht nur an den
Apostelsäulchen, in deren Aufbau sie ja schon dadurch gelangen mußten, daß dieser
den Hochfüllungen Zoan Andreas entnommen ist, sondern auch an den mit diesen
alternierenden Kandelabern. Hier ist sie geradezu der prominenteste Teil des Aufbaues,
der mit ihr beginnt, der aus ihr hervorwächst.
Schon in der antiken Dekoration spielt die Vase eine Rolle; häufiger begegnen wir ihr
jedoch erst in der römischen Kunst. Zunächst in der horizontal verlaufenden Bordüre,
ohne Ranke mit flankierenden Tieren, als reines Ornament1. Von hier aus scheint die
Übernahme auf altchristliche Sarkophage erfolgt zu sein. Hier ist sie, aus dem Ornament-
verband nur mit den flankierenden Tieren herausgelöst, zum Lebensbrunnen umgedeutet.
Die Spätantike hat die Vase aber auch noch in einer zweiten, hier wichtigeren Art ver-
wendet, in der Hochfüllung, und zwar immer in Verbindung mit der Ranke, die aus ihr
aufsteigt2. Während sie nun im Fries beliebig oft wiederholbar war, kommt sie hier nur
einmal vor, aber als Beginn und Wurzel der Bewegung, deren Richtung nach aufwärts
eine eindeutig bestimmte ist. Daher immer als Schmuck von Pilastern, sogar von Säulen3
oder dort, wo die Dekoration das von ihr geschmückte Glied deutlich als den seitlichen
Rahmen, gegenüber der Füllung, kennzeichnen soll4. Als Beginn und Verwurzelung
einer aufsteigenden Bewegung wird die Vase abwechselnd mit der Blattstaude verwendet,
der diese Funktion vorher offenbar ausschließlich zugekommen ist. Später werden beide
Motive gleichmäßig gern verwendet und werden auch manchmal zu einem Mischgebilde
zusammengezogen5, so daß der Vasenkörper teilweise vegetabilisiert erscheint.
Nur der Vollständigkeit halber sei noch erwähnt, daß diese Vase auch geeignet befunden
wurde, auf kleineren Flächen, besonders solchen von Zwickel- und Giebelform, als
Ausgangspunkt der Komposition verwendet zu werden6. Es ist hier eigentlich nur eine
Verbindung von Hoch- und Breitfüllung, die die Fortsetzungsmöglichkeit nach drei
Richtungen bietet.
Da wir die Vase schon als Lebensbrunnen angetroffen haben, die Ranke, mit der sie
verbunden wird, aber fast immer als VVeinlaub charakterisiert erscheint, dem ja gleichfalls
symbolische Bedeutung zukommt, so dürfte auch eine Bedeutungsverknüpfung ein-
getreten sein. Es würde sich die große Beliebtheit dieses Motivs in der altchristlichen
Dekoration hieraus erklären. Im weiteren Verlauf der italienischen Kunst verschwindet
1 Zum Beispiel am Baptisterium von Spalato oder an einem Fragment vom Trajansforum (Lateranisches Museum).
2 Zum Beispiel Pilaster im Lateranischen Museum. 3 Sarkophag mit Christus zwischen Aposteln im Lateranischen
Museum. 4 Zum Beispiel Kuppelmosaiken von S. Giovanni, Neapel. Hier ist die Ranke zur Girlande umgehildet, erscheint
nicht als VVeinlaub, wie gewöhnlich. Ferner Elfenbeinkathedra in Ravenna. 5 So an der erwähnten Elfenbein-
kathedra in Ravenna. 6 Zum Beispiel in den Gewölbezwickeln von S. Giovanni, Neapel, und an ravennatischen
Sarkophagen.
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