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Berichte des Alterthums-Vereines zu Wien — 1.1854

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Über Burgen und Schlösser im Lande unter der Enns
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II. Archäologische Beschreibung einiger Ritterburgen und Schlossruinen im Kreise unter dem Wienerwald
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https://doi.org/10.11588/diglit.70122#0082
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42 F- O. von Leber,
14) in desselben: Andeutungen %u Ausfl. von •/» bis «m 4 Tagen, mittelst der von Wien auslaufenden Eisenbahnen,
Wien 1842, S. 47, und
15) in desselben ausführlicherem Werkchen: Die Alpengegenden Niederösterreichs und Obersteiermarks, Wien 1851,
Seile 6—7;
16) endlich in dem, sonst keineswegs werthlosen Büchlein von G. B.: Wegweiser für Wr. Neustadt und s. Umgebungen auf
4 Gehestunden, Neustadt 1842, S. 45. Feil.
Eine Stunde südöstlich von Wiener-Neustadt, unfern der Leitha erhebt sich, das eintönige Neustädter-
Sleinfeld gegen die ungarische Grenze hin schliessend, ein mit Rasen bedeckter Hügel, der die Ruine Aich-
bühel trägt, nun ohne Baum, einst wohl mit Eichlaub geschmückt, daher des Schlosses Name : Eichenbügel.
An dessen Fusse liegt das gleichnamige Dörfchen, mit seinen ärmlichen Strohdächern aus dem Hohl-
wege guckend, in dessen kleiner Bierschenke man Nachtlager oder gutes Mittagsmahl vergebens suchte.
In Vischer’s Bilde v. J. 1672 erscheint Aichbühel noch gar stattlich. Dort thront auf der felsigen Spitze
eines mit Weingärten bedeckten Hügels das räumliche Schloss, im Süden mit zwei runden Vertheidigungs-
tbürmen, im Norden durch weite Ringmauern geschützt, an deren Ende noch ein Vordergebäude anstösst.
Nun ist der Stand der Dinge anders; die nördlichen Ringmauern, so wie jene der Ostseite sind nieder-
gerissen, kaum ist noch die Spur des alten Eingangs an der Südseite zu erkennen, an welcher überdiess die
Mauern durch ein paar ärmliche Hütten verunstaltet erscheinen. Die runden Thürme sind verschwunden, um
Wirthschaftsgebäuden Platz zu machen. Der neuere Zubau des Schlosses mit seinen zehn Fenstern, den uns
Vischer’s Bild an der Stirnseite zeigt, sank zur Ruine, selbst der Fenster-und Thürsteine beraubt, um zu
Schweinställen, Holzkammern, Düngergruben u. s. w. verwendet zu werden, und nur das älteste kleinste Haus
mit seinen hohen Giebeln trotzt noch den Stürmen der Zeit, ist noch jetzt gedeckt, und wird von einigen
armen Familien bewohnt.
Die ebenerdigen Räume enthalten nur einen Saal, durch kolossale Backöfen verunstaltet, ein
Zimmer und zwei Kammern, deren eine in letzter Zeit als Küche verwendet wurde, obwohl die eigent-
liche grosse Schlossküche, ein geräumiger, ein Stockwerk hoher Zubau, der einen Schornstein aus dem
XVII. Jahrhundert trägt, noch an der Südseite sich zeigt.
Man betritt zuerst die Hausflur auf der Nordseite. Hier fällt ein Stiegenhaus ins Auge, offenbar ein
Ziegelzubau, dessen Thürsteine, Fcnster-Verstäbungen u. s. w. den Anfang des XVI. Jahrhunderts verrathen.
Das Dach dieses Stiegenhauses, dessen Sparren schon den Einsturz drohen, ist noch mit zungenför-
migen Dachziegeln gedeckt, wie wir sie in Migniaturen des XII. Jahrhunderts schauen.
An der nördlichen Stirnseite des Hauses zeigt sich ein Eingang in den Keller mit einem, etwa zwei
Jahrhunderte alten Kellerhals; grosse schöne Keller mit Oberlicht, nach alter Anlage.
Die Stiege im Viereck aufwärts führend, ist mit Kreuzgurten überwölbt, ihre Stufen sämmtlich aus
Backstein (wohl eine ärmliche Erneuerung) erbaut.
Die Eintheilung des ersten Stockwerkes ist jener des Erdgeschosses ähnlich; — man tritt in den
Vorraum, dann in den Saal, an welchen noch eine Stube und eine Kammer sich anschliessen. Die Deckenstücke
bilden, so wie in Bauernstuben, einfache, durch Alter und Rauch gebräunte Balken, mit Brettern überlegt L).
‘) Ähnliche Deckenslüche (Plafonds) besassen auch die schönsten Burgen; nur begann man im XVI. Jahrhundert diese
Balken bei letzteren zu canellieren, zierlich zu verschneiden, und sie mit Goldrosellen, kleinen Gemälden oder bunten,
färbigen Arabesken zu schmücken. Im grossen prächtigen Rathsaale zu Prag — der leider abgerissen wurde 1 — hingen
noch im J. 1835 die ungeheuren Balken an schweren, mit Malergold übergoldeten Kellen. Statt das alte Gebäude in allen
seinen Verhältnissen getreu wiederzugeben, erbaute die Stadt mit grossen Kosten einen architectonischen Gallimalhias,
dessen Beginn sie nun bitter bereut. Beim Wiederaufbau des St. Slephanslhurmes in Wien (1838—1843) verfuhr man
klüger und behielt die allen Verhältnisse bei.
 
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