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Berichte des Alterthums-Vereines zu Wien — 1.1854

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Erzherzog Maximilian I. und Maria von Burgund, und deren älteste Porträte in der K. K. Ambraser- Sammlung
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https://doi.org/10.11588/diglit.70122#0107

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Erzh. Maximilian 1. und Maria r, Burgund.

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durch alle Winkel, dass ihm seine Schulgesellen haufenweise als Trabanten nachfolgten. Diess geschah in Ab-
wesenheit seines Zuchtmeisters; denn der Lehrmeister, ein ernster Mann, gestattete nichts von all dem in sei-
ner Gegenwart; in dessen Abwesenheit aber beizte der Erzherzog seines kaiserlichen Vaters Änten, wilde
Gänse oder sonst seine heimlichen (zahmen) Vögel, dass er auch oft schwerlich darum geschlagen
wurde J). Also wurde er wegen dieser Knabenstreiche wohl mehr als wegen des fahrlässigen Lernens gezüchtigt.
Des Erzherzogs Maximilian Lehrer. — Für des Erzherzogs ersten Lehrer im Lesen und in
derlei Elementen halte ich den Magister Jakob von Flednitz, der aber schon im J. 1467 starb * 2).
Dann wird von allen Historikern Peter Engelbrecht aus Passail als dessen Lehrer genannt 3). Er war
Propst der 1444 gestifteten Collegiat- (jetzigen Pfarr-) Kirche zu Neustadt, dem damaligen Hauptsitze des
Kaisers, ein Mann von vielen Kenntnissen, aber ein grämlicher Pedant, der des Knaben schlummerndes
Feuer niederdrückte. Von diesem wurde ihm in Gemeinschaft mit mehreren Edelknaben das Latein schmerz-
lich eingebläut (sapiens atrociusyerberatus), sodass er das Lernen wohl mehr hassen als lieben mochte und
sich später über diesen schlagfertigen Orbilius sehr ungehalten äusserte 4). In Hinsicht auf andere Lernge-
genstände war man, wie es scheint, mit dem erlauchten Prinzen sehr zufrieden, im Weiss-Kunig ist er als
ein schnell und alles erfassendes Wunderkind geschildert.
Die k. k. Ambraser-Sammlung verwahrt ein aufs Beste erhaltenes Manuscript von 21 Pergament-
blättern in Klein-Folio, mit schönen Malereien, Arabesken, vergoldeten Buchstaben und Schriftzügen ver-
ziert, das zu Maximilians Unterrichte in der lateinischen Sprache gebraucht wurde. Auf dem
Titelblatte erblickt man den blondgelockten, rosenbekränzten Prinzen von acht bis zehn Jahren, dessen
Rechte mit goldenem Zeiger auf ein offenes Buch weiset; neben ihm sitzt der Lehrer in langem violet-
rothem Gewände, wahrscheinlich der Propst Peter. Der Inhalt dieser Handschrift besteht aus vier Abtei-
lungen, als: a) aus der lateinischen Grammatik nach Aelius Donatus; b) aus Dionysius Cato’s moralischen
Denkversen und 25 diätetischen Reimversen der Schola Salernitana; c) etlichen moralischen Stellen Cice-
ro’s, besonders aus den Büchern de Officiis; und d) aus einer interessanten etwas scharfen und eindringli-
chen Exhortatio in Prosa an den jungen Erzherzog vom Wiener Dominikaner Stephan Hewner oder
Hey ne r, der mit demselben, sei es als Lehrer oder Beichtvater in näherer Verbindung gestanden haben mag 5).
O Joseph Grünbeck’s Lebens-Beschreibung K. Friedrich’s III. und K. Maximilian’s L, herausgegeben von J. J. Moser.
Tübingen 1721. S. 49—59. — Er war nicht aus der Stadl Steyer, wie Preuenhueber’s Annales Styrenses S. 4 sagen,
sondern aus Burghausen in Baiern, nicht K. Maximilian’« Beichtvater, sondern Doctor der Arzneikunde, Mathematiker
und Historiker, und lebte 1509 in Steyer.
2) Jacobus Fl e d n it z , Maxim. I. Praeceptor ob(iit) 1466 Neostadii sepultzis (xid. Leopoldi Fischer: Brevis no-
titia urbis Vindobonae). Viennae 1772. Supplem. II. 216. — Die Grabschrift auf dem vormaligen Gottesacker zu St. Ulrich
lautet nach Gleich’« Geschichte von Wiener-Neustadt, Wien 1808. S. 349: ..Anno Domini MCCCCLXVI prima Aprilis
o(biit). egregius in Theologia licentiatus Magister Jacobus de Halnicio Domini Maxmiliani ducis Austriae prae-
ceptor. Ob dieser Name Halniz, den Gleich wieder von andern Abschreibern copierte, richtig ist, möchte ich bezweifeln,
zumal wir um jene Zeit mehrere v. Fl ä dniz er als Lehenträger des Bisthums Seckau nachweisen können. S. Notizenblatt,
herausgegeben von der historischen Commission der kais. Akademie. 1854. S. 452 und 453. Vielleicht ist statt Halnicio —
Kolnicio zu lesen? Die Kolnilzer sind gleichfalls ein innerösterreichisches sehr alles Geschlecht.
») Peter Engelbrecht war weder aus Basel, wie es in der Note zum Weiss-Kunig (Wien 1775) S. 60, in v. Hormayr’s
österr. Plutarch, Bdchen. V., 158, und bei Anderen irrig heisst, noch aus Passau, sondern aus Passail im Grätzer
Kreise. In Georgii Eder Catalog. Rectorum et illustrium virorum Archigymnasii Viennensis. Viennae 1559 ad annum
1466 lesen wir: Virtutibus et literis incumbunt Petrus de Puseyl (sic pro Passeil s. Passail) primus Novae civitatis
Episcopus; dunnBernhardus Meurl de Patauia, Episcopus Lybanen: suffraganeus Patavien. In dieser Stelle wird
Passail und Passau wohl und richtig unterschieden. Vgl. Leopoldi Fischer lib. cit. pag. 212. — Peter wurde zu
Rom am 25. März 1477 zum ersten Bischof von Wiener-Neustadl geweiht, und starb am 17. Februar 1491.
4) Cf. Vitam Maximiliani I. in Joann. Cuspiniani opere De Caesaribus etc. Francofurti 1601. pag. 485.
5) Dieses Manuscript mit seinem ganzen Inhalte habe ich als einen Beitrag zur Geschichte der Lehr- und Lernweise des
XV. Jahrhunderts in den Wiener Jahrbüchern der Literatur. 1837. Bd. LXXVIII. im Anzeigeblatte S. 17—34 mitgetheilt.
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