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Berichte des Alterthums-Vereines zu Wien — 1.1854

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Erzherzog Maximilian I. und Maria von Burgund, und deren älteste Porträte in der K. K. Ambraser- Sammlung
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https://doi.org/10.11588/diglit.70122#0113

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Erzh. Maximilian 1. und Maria v. Burgund. 73
durch eine Verlobung seines Sohnes mit der Herzogin einst das reiche Erbe von Burgund zu gewinnen,
ward zwar für jetzt hinausgeschoben, jedoch durch unvorhergesehene Ereignisse unerwartet bald erreicht.
Der erste Antrag zu dieser Verbindung, wie auch zur Erhebung Burgunds zu einem Königreiche,
geschah schon, wie Chrael S. LXXII. darlegt, zehn Jahre früher noch bei Lebzeiten des Herzogs Philipp von
Burgund (-(- 1467) j später nach der Belagerung von Neuss wurde diese für den Kaiser so wichtige Ange-
legenheit durch Schreiben und mündliche Botschaften wieder eingeleitet und glücklich zu Ende ge-
führt. Die weitere Auseinandersetzung dieser Verhandlungen bleibt der „Geschichte des Kaisers
Friedrich und seines Sohnes- Vorbehalten, mit der Herr Regierungsrath Chmel durch die
Herausgabe der Monumenta Habsburgica uns bald erfreuen möge.
Maximilians Art und Wesen gefiel dem Herzog, der als ritterliches Vorbild auf dessen junges, em-
pfängliches Gemüth den lebhaftesten Eindruck machte. Namentlich, sagt Chine I S. LXVI1 ., waren Karl s
militärische Eigenschaften, seine Rührigkeit, seine Energie und seine Disciplin Gegenstand seiner Bewunde-
rung. Von ihm erhielt Maximilian ein in diesem Jahre 1473 für ihn geschriebenes Militär-Reglement
(abgedruckt bei Chmel S. 62 — 82), wozu später er seine eigenhändigen Bemerkungen machte.
Dass der Kaiser nicht heimlich, wie herkömmlich in Geschichtsbüchern überliefert wird, am
25. November von Trier nach Cöln, wo schon die Unruhen zwischen dem Erzbischof und dem Domcapitel
ausgebrochen waren, abgereis’t sei, zeigt Chmel S. LXXVII. Als im dortigen Tanzhause die adeligen Ge-
schlechter am 6- Jänner 1474 einen Tanz aufführten, führte der Erzherzog den ersten mit einem „schönen
Fräulein von Fünstingen 1)^ an; — dass er in späteren Tagen Tanz und Mummenschanz liebte, zeigen uns die
Abbildungen im Freidal. Am 17. Jänner verliess der Kaiser Cöln und begab sich über Würzburg nach
Rothenburg an der Tauber, wo er den nach Rom wallfahrt enden König Christian I. von Dänemark traf,
weiter nach Nürnberg, und kam von da erst am 5- April wieder in der bischöflichen Pfalz zu Augsburg,
einem spätem Lieblingsorte des Kaisers Maximilian, an, wo wegen des Türkenzuges und der innere Befrie-
dung Deutschlands abermals ein erfolgloser Reichstag gehalten wurde.
Als in den Streitigkeiten im Erzstifte Cöln zwischen dem Kurfürsten Ruprecht, Pfalzgrafen am Rhein,
und seinem Domcapitel, dessen Seele und Arm der Administrator Hermann Landgraf von Hessen war, der
Herzog Karl von jenem zu des Erzstiftes Schirmvogt ernannt und zu Hilfe gerufen , mit einem ansehnlichen
Heere vor die Stadt Neuss rückte und dieselbe vom 29- Juli 1474 an hart belagerte, führte der Kaiser
von der Gegenpartei, der Stadt Cöln und dem Domcapitel, durch eine Gesandtschaft in Augsburg zu ihrer
Rettung gerufen , in eigener Person als Reichsoberhaupt ein grosses Heer von 50.000 Mann der Reichs-
contingente (das die deutschen Stände gegen die Türken verweigert hatten!) gegen Karl, und langte am
23. Mai 1475 vor dem burgundischen Lager bei Neuss an. Es kam zu keiner Schlacht. Der Kriegseifer
sowohl des bedächtigen Kaisers als des sonst so kriegsmuthigen Herzogs, der während dieser langen Belage-
rung grosse Verluste erlitten hatte, war abgekühlt. Durch die Bemühungen des päpstlichen Legaten, des
Bischofs Alexander von Forli, ward am 25- Mai ein Waffenstillstand und am 17. Juni ein Vergleich ge-
schlossen , kraft dessen der Herzog sich in sein Land zurückzog und den Kurfürsten seinem Schicksale über-
liess. Ruprecht wurde seiner Kurwürde entsetzt und dieselbe dem tapfere Administrator Hermann übertragen.
In einer geheimen Unterredung zwischen dem Kaiser und dem Herzog soll die Vermählung ihrer beiden
Kinder beschlossen worden sein.

*) Finstingen oder Finstringen (französ. Fenestrange), Städtchen und Herrschaft an der Saar in Lothringen, gehörte
Johann Herrn von F., Grossmarschall von Lothringen. Er hatte angeblich zwei Töchter (mit deren einer wahrschein-
lich der Erzherzog tanzte), Barbara und Magdalena; jene reichte ihre Hand Johann VI., Wild- und Rheingrafen
zu Salm, diese Ferdinanden von Neuchätel, Herrn von Montagu, wodurch diese Herrschaft getheilt wurde.
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