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Bernoulli, Johann Jacob
Aphrodite: ein Baustein zur griechischen Kunstmythologie — Leipzig, 1873

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https://doi.org/10.11588/diglit.5137#0150

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ZWEITEE ABSCHNITT.

Die halbbekleidete Aphrodite der vorpraxitelischen

Auffassung.

X. CAPITEL.
Der Typus der nielischeii Aphrodite.

Es ist nicht anzunehmen, dass Aphrodite in selbständigen statu-
arischen Werken völlig nackt dargestellt wurde, bevor das öffentliche
Gefühl durch halbbekleidete Statuen darauf vorbereitet war. Nun
existierten seit der Mitte des vierten Jahrhunderts die Meisterwerke des
Praxiteles, worunter die kindische notorisch ohne alle Bekleidung..
Wahrscheinlich schon vorher hatte Skopas eine nackte Aphroditestatue
gebildet (p. 13. No. 3) und, wenn die Stelle des Pausanias recht ge-
deutet wird, auch Eukleidcs von Athen (p. 11).

Ob diese zum Theil zufällig erwähnten Bildungen die ersten in ihrer
Art, wissen wir nicht. Die Erzählung von den Koern, welche die be-
kleidete Aphrodite der knidischen vorzogen (Plin. 36. 20), beweist, dass
damals allerdings noch starke religiöse Bedenken gegen die Nacktheit
herrschten. Allein Praxiteles selber wird nirgends als Urheber der nack-
ten Typen bezeichnet, da doch die alten Schriftsteller, die sich zum
Ausdruck der Begeisterung für die knidische Aphrodite machten, gewiss
nicht verfehlt hätten, dieses Verdienst unter den übrigen mit aufzuzählen.
Es liegt auch wohl in der Natur der Sache, dass bei einer Aufgabe, die
so gründliche Modellstudien erforderte, der endgültigen Lösung mannig-
fache Versuche vorangiengen. Wenn diese letzteren also etwa in die
siebziger oder achtziger Jahre des vierten Jahrhunderts fallen, so kom-
men wir für die Erfindung der sie vorbereitenden halbbekleideten min-
destens an den Anfang desselben zurück.
 
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