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Bernoulli, Johann Jacob
Römische Ikonographie (Band 2,2): Die Bildnisse der römischen Kaiser: Von Galba bis Commodus — Stuttgart u.a., 1891

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https://doi.org/10.11588/diglit.1009#0053
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40 "Weibliche Bildnisse des flavischen Zeitalters.

die Hand gegeben ist. Wir sehen dies schon an den erhaltenen
Monu mental bildnissen, wo eine Masse von Frisuren vorkommen, che
so auf den Münzen nicht vertreten sind, die aber doch offenbar in
die gleiche Zeit gehören, nicht bloss aus dem negativen Grund, weil
sie sonst nirgends unterzubringen wären, sondern aus dem sehr posi-
tiven, weil sie sich deutlich als blosse Nuancen, WeiterentWickelungen
oder Uebertreibungen des Münzschemas zu erkennen geben, wie
namentlich die hoch über der Stirn aufsteigenden Haartouren, welche
vorn eine schildartige Fläche bilden, wahrscheinlich die orbes coinarum
des Martial (Epigr. II. 66), während die aufgebauten ordines et
compages in der 6. Satire des Juvenal (v. 502) sich auf die tra-
janische Zeit beziehen.

Eine lieber sieht von Paradigmen der hauptsächlichsten
Nuancen, woran besonders die Florentiner Gallerie reich ist, wird
am besten im Stande sein, uns ein Bild von der im Einzelnen
herrschenden Mannigfaltigkeit zu geben. Doch beschränken wir uns
auf den Gesichtspunkt der Vorderhaare und bemerken bloss, dass
die übrigen in weitaus den meisten Fällen in ein hoher oder tiefer
sitzendes Nest geordnet sind. Wo sie ausnahmsweise noch als Zopf
auf den Nacken fallen, geben wir es an.

Im Allgemeinen kann man die betreffenden Frisuren in zwei
Classen einteilen, je nachdem die gekräuselten Stirnlocken, wie
meist auf den Münzen, einen runden Wulst, oder aber mit nach
vorn gekehrten Enden ein schildförmig aufsteigendes Diadem bilden.
Im beiden Classen giebt es, was die Ausladung des Wulstes oder
Diadems betrifft, zahlreiche Gradunterschiede.

Als Beispiel des Uebergangs von der claudischen zur flavischen
Frisur (Absonderung der gekräuselten Stirnlocken zu einem selb-
ständigen Haarschema) führen wir zunächst die sogen. Domitiabüste
in Villa Albani (Kaffeehaus Nr. 600) an, die allerdings nicht in
jeder Beziehung ein zuverlässiges Denkmal, indem der Hinterkopf
mit Nest aus einem besondern Stück hinzugearbeitet ist.

Einen bereits entschieden flavischen Lockenwulst von rundem
Profil, hier noch durch einen Scheitel in zwei Teile geteilt, zeigt
die sogen. Julia in Villa Ludovisi (abg. unten S. 47), sowie
die in Mantua (Dütschke IV. Nr. 092, abg. Labus II. Taf. 3). —
Einen ungeteilten Wulst mit nach aussen gekehrten Lockenenden
die sogen. Domitia im Capitol, Kaiserzimmer Nr. 25 (abg. Bot-
tari II. 26), oder die sogen. Julia bei Cavaceppi Racc. II. 13;
hinten ein Zopf. — Einen ähnlichen seitwärts mehr ausladenden
die schöne Pourtales'sehe Domitia im brit. Museum Nr. 14 und
 
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