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Die Bewegung: Zeitung d. dt. Studenten — 10.1942

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Nr. 19 (19. September 1942)
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Ausgabe Rheinr Südwest

oücgung

El NIELPREIS 15 PFENNIG / MÜNCHEN, 19. SEPTEMBER 1942 MO. JAHRSANG / FOLGE 19

Vorstudienausbildustg
für Frauen

Der Rsichsstudentenführer weist einen
neuen Weg

Von Reichsamtsleiter Dr. Ulrich Gme/in

-München, den 19. September 1942

Die Aufgaben, die dem deutschen Volk in
Gegenwart und Zukunft gestellt sind, werden
nur gelöst, wenn die wertvollen Kräfte jedes
einzelnen deutschen Menschen für das Volks-
ganze nutzbar. gemacht werden können. Daß
die deutsche Frau entsprechend ihren Fähigkei-
ten und Anlagen auch im Berufsleben eine
Rolle spielt und nicht nur als Frau und Mut-
ter ihre Pflicht erfüllt, ist schon lange eine
Selbstverständlichkeit und eine Lebensnotwen-
digkeit. Das zeigen die Kriegsjahre in ver-
stärktem Maße. Aber auch in den folgenden
Aufbaujahren wird der Bedarf an berufstäti-
gen Frauen in hohem Maße bestehen bleiben,
selbst wenn die notwendige und natürlich»
Rückführung der Frau zu den Aufgaben der
Familie zunächst im Vordergrund stehen wird.

Es ist in der letzten Zeit von verschieden-
sten Seiten geltend gemacht worden, daß die
berufliche Ausbildung und Lenkung der Frau
nicht dem Zufall überlassen bleiben kann. Bei
dem Mangel an Arbeitskräften muß auf jeden
F. 11 verhütet werden, daß durch, falsche Be-
juiswahl und unzureichende Ausbildung ein
Lee/lauf oder Verlust wertvoller Kräfte ein-
tritt. • «PP^P

Wie war es bisher?

Zum Hochschulstudium führte der Weg bis-
her fast ausschließlich über die acht-, .früher
neuhklassige höhere Schule. Zu akademischen
Berufen konnte daher nur eine bestimmte
Gruppe von Frauen gelangen, deren Auswahl
vielfach von den finanziellen Gegebenheiten
der Elternhäuser abhängig war. Einigen weni-
gen Frauen ohne die genannte schulische Vor-
bildung gelang es, sich später durch das Be-
gabtenabitur oder durch den Besuch einer
Abendschule die. Voraussetzung für einen
Höchschulbesuch zu schaffen. Für viele schei-
terte ein solcher Plan daran, daß er eine Ein-
schränkung oder ein Aussetzen der Berufs-
tätigkeit notwendig machte und mithin einen
Ausfall des Verdienstes bedingte. Ähnliche
Schwierigkeiten verlegten Frauen den Weg, bei
denen eine Begabung erst deutlich wurde, als
sie über das Schulalter hinaus waren. Dazu
treten jetzt häufiger solche Frauen, denen der
Krieg den Verlobten oder den Marin genom-
men hatte und die erst dadurch vor die Not-
wendigkeit gestellt wurden, sich einen Lebens- .
beruf zu wählen.

Der neue Weg

In diesen'Fällen einen Akt der nationalsozia-
listischen Gerechtigkeit zu beweisen, zugleich
eine neue Einsatzmöglichkeit zu schaffen und
damit auch den führenden Frauenberufen wert-
vollen Nachwuchs zu erschließen, ist die Auf-
gabe der Vorstudienausbildung für
Frauen, die der Reichsstudenteriführer, Gau-
leiter und Reichsstatthalter Dr. Scheel, zugleich
in seiner Eigenschaft als Inspekteur des Lange-
marck-Studiums im Reichserziehungsministe- .
rium, in diesem Jahre erstmals einrichten läßt.
Durch die Vorstudienausbildung werden be-
gabte und leistungsfähige Frauen ohne Rück-
sich auf ihre bisherige Vorbildung und ihre fi-
nanzielle Lage in etwa zwei Jahren zur Hoch-
schulreife und anschließend zum Studium ge-
führt werden; Vorstudienausbildung und Hoch-.
schulstudium sind kostenlos. Für die Erfassung
und Auslese der Bewerberinnen und den Auf-
bau der Lehrgänge wurde eine besondere Ab-
teilung im Amt Studentinnen der Reichsstu-
dentenführung (Anschrift: Berlin-Charlotten-
burg 2, Hardenbergstraße 34) gebildet.. Im Juli
wurde mit der Auslese der Bewerberinnen be-
gonnen, die in mehrtägigen Lagern vor sich
geht; mehrere Lager sind bereits mit Erfolg ab-
geschlossen worden. Der erste Lehrgang wird
im Herbst eröffnet' und als Gemeinschaftserzie-
hung internatsmäßig durchgeführt werden.

So wächst aus Arbeit und Verantwortung
der deutschen Studentinnen ein neues Werk
heraus, das zwar im Langemarck-Studiurn der
Reichsstudentenführung eine gewisse Parallele
hat und dessen Erfahrungen auf schulischem
und organisatorischem Gebiet auch bis zu einem
gewissen Grade übernehmen kann, Im übrigen

Auch dieses Jahr wird es keinen Studenten geben, der seine Semesterferien nicht
freudig und selbstverständlich in den Dienst der Heimatfrpnt stellt. Stud. jur. Gerhard K.

beim Nieten eines Flugzeugrumpfes. (Aufn.; Riesling)
tiiiiiiiiiii>>)iiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiwiiiiiiiiiiiuniiiiititiuiiiuiiitiiiiiiii|iiiiiiHmMiiniauiiiiiiiiiiiiiiitiiiiiiiiimitiiiiii>r.....inniuiiiiiiiniiiu

.wird jedoch die Vorstudienausbildung für
Frauen entsprechend ihren besonderen Auf-
gaben eigene Wege gehen und eigene Erfah-
rungen in Auslese und Erziehung sammeln
müssen.

Die Mitglieder der Lehrgänge kommen fast
durchweg aus einer praktischen Berufstätigkeit.
Nachdem sie im Ausleselager ihre Eignung und
Steigerungsfähigkeit für eine wissenschaftliche
Ausbildung nachweisen konnten, ist es nun
Aufgabe der Vorstudienzeit, sie durch Vermitt-
lung ' des notwendigen Wissensstoffes im Rah-
men einer politisch-geistigen Gesamterziehurig
auf den Hochschulbesuch vorzubereiten. Nach
Abschluß des Hochschulstudiums — das nicht
mehr internatsmäßig, sondern wie bei jed-r
Studentin frei durchgeführt wird — werden die
Teilnehmerinnen der Vorstudienausbildung für
Frauen vorwiegend zum Berufseinsatz in den
Osten gehen. Auch im Hinblick darauf wird
in dem zweijährigen Lehrgang neben dem fach-
lichen Unterricht eine Erziehung zu politischem
Denken und klarer weltanschaulicher Haltung
stehen. Die Bereitschaft zum 'Osteinsatz ist —
ohne zwingende Voraussetzung zu sein — ein
wesentlicher. Maßstab für eine Teilnahme an
der . Vorstudienausbildung. Unter den bereits
aufgenommenen Bewerberinnen sind solche, für
die der spätere Osteinsatz seinen besonderen
Sinn dadurch erhält, daß ihre Männer während
der Kämpfe des letzten Jahres im Osten ihr
Leben ließen. Der Grundcharakter der Gemein-
schaftserziehung im Lehrgang wird durch das
Bestreben geprägt sein, den Frauen eine har-

monische und gelockerte Persönlichkeitsbildung
zu geben, die bestimmt ist durch die Berück-
sichtigung der -besonderen weiblichen Wesens-
art und die nationalsozialistische Einstellung zur
weiblichen Erziehung. .

Der verpflichtende Beruf V

An die Abschlußprüfung der Vorstudienaus-
bildung, die vom Inspekteur des. Langemarck-
Studiums im Reichserziehungsministerium ab-
genommen wird, kann jeder beliebige Studien-
gang an einer deutschen Hochschule ange-
schlossen werden, jedoch.muß dieser bereits vor-
her gewählt sein und mit der früheren Tätigkeit
möglichst in organischer Beziehung stehen. In
den beiden letzten Halbjahren der Vorstudien-
ausbildung werden durch die Gabelung des
Unterrichts und die Durchführung von Arbeits-
gemeinschaften die künftigen Studienrichtun-
gen bereits vorbereitet. Die Teilnehmerinnen '
werden aus ihrer politischen Verpflichtung her- 1
aus dann solche Berufe ergreifen, denen als
gegenwärtigen Mangelberufen eine erhöhte
politische Bedeutung zukommt, selbst wenn sie
deshalb einen ■ persönlichen Wunsch zurück-
stellen müssen.

Es gilt, durch diese Lehrgänge nicht nur die ;
nationalsozialistische Forderung zu erfüllen,
jedem die Aufstiegsmöglichkeit zu geben, die
ihm'auf Grund seiner Leistungskraft zukommt,
sondern es werden zugleich Frauen ausgebildet,
die fähig sind, an Brennpunkten völkischen Le-
bens zu arbeiten.

Neutralität

Zeitgemäße Betrachtung eines alten Themas

Von Dr. jur. Hans Ballreich

Es ist eine natürliche Erscheinung, daß im
Zuge der sich immer deutlicher abzeichnenden
neüen Ordnung Europas die überlieferten Be-
griffe, mit denen man seither die Beziehungen
der Staaten zueinander zu fassen suchte, ins
Wanken geraten, einen neuen Gehalt bekom-
men oder auch durch andere ersetzt werden,
die den neuen Gegebenheiten besser gerecht
werden. Zu ihnen gehört auch der Begriff der
Neutralität, die ims Verhältnis der Staaten und
Völker zueinander seit dem 17. Jahrhundert
eine recht bedeutsame Rolle gespielt hat.

Neutralität im klassischen Sinne bezeichnet
faktisch das Fernbleiben eines Staates von der
kriegerischen Auseinandersetzung zweier oder
mehrerer anderer Staaten. Rechtlich versteht
man darunter die Summe der Sätze, die die Be-
ziehungen eines solchermaßen am Kriege nicht
beteiligten Staates zu den Kriegführenden und
umgekehrt und zu anderen Neutralen regeln.

Tatsächlich ist der Begriff der Neutralität
entstanden, als man im Ausgang des 16. Jahr-'
hunderts immer mehr auf den aus dem Chri-
stentum geborenen Gedanken verzichtete, der
besagt, daß ein Krieg in der Gemeinschaft der
Christenheit nur ein Strafkrieg sein könne, um

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lieh sein könne. Der Verzicht auf derartige—
Vorstellungen war nicht zuletzt eine Folge der
politischen Praxis der Renaissance, die in Ma-
chiavelli ihren geistigen Verfechter gefunden
hatte, im Streit und Widerstreit die Theorie be-
fruchtete, welche ihrerseits ihre Ideen wieder
in die neue politische Wirklichkeit gab.

Die Theorie der Souveränität

Es entstand so die die folgenden Jahrhun-
derte beherrschende Souveränitätsvorstellung,
die Wertung der Gemeinschaft des Abendlan-
des als ein Nebeneinander Gleichwertiger und
Gleichberechtigter, über die keine höhere Ge»
walt gebieten könne. Ultima ratio der Sou-
veränität aber war, über Krieg und Frieden
unabhängig entscheiden zu können, also auch
Kriegen fernzubleiben, falls die Staatsraison
das zweckmäßig erscheinen ließ. Hinzu kam
das Bewußtsein, daß die Bemühungen der
Theorie, den „Angreifer" begreiflich exakt zu
fassen und damit den ungerechten vom gerech-;
ten Krieg zu scheiden, an der -politischen Wirk-*
Jichkeit stets scheiterten. Es war unmöglich,
in einem einmal entbrannten Krieg zu entscheid
den, wessen Sache die tatsächlich gerechte
war. Waren in einem derartigen Kampf also
die eigenen Interessen nicht berührt, konnte
Neutralität'allein zweckmäßig und gerecht sein.

Hugo G r o t i u s, der Vater des modernen
Völkerrechts, beschäftigte sich mit der Frage
der Neutralität urtd anerkannte ihre Möglich-
keit. Dabei rechtfertigte er, wohl der politi-.
sehen Praxis seiner Zeit folgend, ein Durch-
zugsrecht der Kriegführenden durch das Ge-
biet des Neutralen. Die Folge dieser Auffas-'
sung war, daß schließlich das neutrale Gebiet
■ zum Kriegsschauplatz wurde, wie allein . der
Dreißigjährige Krieg in einer Fülle von Bei-
spielen zeigt. Die folgende Entwicklung zielte
daher darauf ab, derartige Ergebhisse unmög-
lich zu machen. Die nünmehr langsam ent-
stehenden Neutralitätsregeln haben sämtlich
nur einen Zweck: den Neutralen vor Über-
griffen-der Kriegführenden zu schützen.. .

Das beginnende 20. Jahrhundert, brachte die
Bestrebungen, das geschichtlich, gewordene
Völkerrecht zu kodifizieren. Bei den Friedens-
konferenzen im Haag in den Jahren 1899 und
1907 erfolgte dann auch eine normative Fas-
sung der Neutralitätsregeln.

Sie besagen im wesentlichen, daß der neu-
trale Staat strengste Unparteilichkeit gegen-
über den kämpfenden Parteien zu wahren hat,
im- übrigen aber mit anderen Neutralen nach
Friedensregeln verkehren kann. Anzuerkennen
hat er außerdem eine Reihe Maßnahmen, die
den Blockadebruch unmöglich machen sollen, ,
so vor allem die Ausübung einer Art Seepoli-
zei durch die Kriegführenden, Anerkennung [
der Urteile der Prisengerichte usw.

In der Entwicklung der faktischen wie der
rechtlichen Neutralität spielt die Schweiz eine
besondere Rolle. Die Neutralitätspolitik dieses
Staates begann mit seinen Niederlagen bei den

CK

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