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Die Bewegung: Zeitung d. dt. Studenten — 10.1942

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Nr. 25/26 (19. Dezember 1942)
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Erlebnis- und Arbeitsberichte

Soll der Studienurlauber in eine Kameradschaft?

Der Soldat, der in der glücklichen Lage ist,
Studienurlaub zu erhalten, steht dem Eintritt
in eine Kameradschaft nicht gerade feindlich,
aber doch fremd gegenüber. Als alter Soldat
mit drei, vier oder noch mehr Dienstjahren, der
glücklich alle Feldzüge überstanden hat, nun
Offizier oder zumindest Unteroffizier ist, sagt
er sich, er habe dies nicht mehr nötig. Man
möge ihn in Ruhe lassen, er sei ja genug er-
zogen.

So bezieht er also seine Universität, findet
nach einiger Mühe auch ein Zimmer und freut
sich, endlich mal wieder Zivilist und ein freier
Mensch zu sein. Er besucht seine Vorlesungen,
geht in die Übungen, 6ucht sich den besten
Mittagstisch und abends sitzt er in einer Kneipe
oder allein auf seiner Bude. So richtig behagt
ihm dieses Leben aber doch nicht; es fehlt ihm
etwas. Als Soldat lebte er bisher stets in einer
Gemeinschaft, wo er auch war, immer war er
von Kameraden umgeben. Nun ist er daraus
herausgelöst, er steht als Einzelmensch da. Er
muß feststellen, daß sich sein Dasein nicht
wesentlich von dem eines, Büroangestellten
unterscheidet. Er wundert sich, daß man da
von- Studententum und schöner Studentenzeit
spricht. Die vermeintliche Freiheit empfindet
er als Leere. In dieser Lage tut er sich ent-
weder mit einigen Gleichgesinnten zu einem
kleinen „Klub" zusammen, oder aber, er findet
den Weg in eine Kameradschaft. Und dort fin-
det er, was ihm bisher fehlte. Die Kamerad-
schaft bietet ihm nicht nur eine ^gute Verpfle-
gung, schönes Wohnen und Geselligkeit, son-
dern er findet dort einen Kameradenkreis, der
sich aus allen Fakultäten zusammensetzt. Ein
jeder hat ein anderes Blickfeld und andere
Neigungen und im Austausch der Gedanken
weitet sich die eigene Anschauung und Erfah-
rung. Diese Gemeinschaft wirkt so befruchtend
auf sein eigenes Studium und Leben an der
Universität. Neben diesen Kameraden steht
. ihm der große Kreis der Alten Herren fördernd
zur Seite. Sie haben den Weg, den er vor sich
hat, schon längst hinter sich. All .dies gibt ihm
nicht nur ein beruhigendes, sondern ein gro-
ßes und stolzes Gefühl. Er ist nicht abseits,
sondern mitten drin im Studententum.

Darüber hinaus gibt es noch einige andere
Gesichtspunkte, weshalb der Studienurlauber
in eine Kameradschaft gehört. Er kommt von'
der Front oder war zumindest an der Front.
Die anderen Studenten, die z. Z. auf unseren
Universitäten sind, meist nebendienstlioh. stu-
dierende Mediziner, besitzen nicht diese Front-
erfahrung und Erlebnisse wie er. Deshalb soll
er nicht abseits, sondern maßgebend und füh-
rend im studentischen Leben sein. Wohl ist er
noch ein junges Semester, aber er steht in den
T-» —- wn i«w'täm.-Jti~<XM A&m *Sfnd";'T? schon

mehr mähnliche Reife "und den* 6icriere'n Blick
für das Wesentliche. Er ist auch derjenige, der
auf Grund seines persönlichen Einsatzes an
der Front das richtige Verständnis für das Waf-
fenstudententum aufbringt. Den jungen Men- '
sehen, die frisch von der Schule weg an die
Universität kommen, soll er jetzt als älterer'
Kamerad und später als Alter Herr zur Seite
ßtehen. Er hat sich im Felde bewährt, jetzt soll
er in der Heimat tätig sein; sein Platz ist des-
halb in einer Kameradschaft.

, Leutnant Karl Rau

Erstes Semester!

Es ist schon ein seltsames Gefühl, wenn man
als erstes Semester plötzlich ziemlich verloren
in den weiten Gängen der Universität steht
und nicht genau weiß, mit was man nun eigent-
lich anfangen soll. Schließlich ist der Über-
gang auch recht kraß. Die Schule verließ man
stolz als Abiturient, brachte den Arbeitsdienst
erfolgreich hinter sich, und nun ist man auf
einmal doch wieder der blutige Anfänger...

Da stehst du, erstes Semester, nun also und
hältst eine recht beachtliche Zahl Formulare in
der Hand, vielleicht das Vorlesungsverzeichnis
unterm Arm und in der anderen Hand trägst
du so ziemlich alle Ausweise, die über deine
bescheidene Person je ausgestellt wurden. Es
läßt sich nicht bestreiten, daß du einen ziem-
lich unglücklichen Eindruck machst.

Gemach, es geht alles vorüber! Und mitten
in die ersten ungemütlichen Tage flattert dir
wohl auch ein Einberufungsbefehl zu einem
Kameradschaftstreffen des NSDStB. auf den
Tisch. Also jetzt mal nur nicht aus der Ruhe-
bringen lassen! Du hantierst nun mit Begriffen,
wie Fachschaft, Fachgruppe, lernst Seminar,
Übung und Klausur unterscheiden und von
einer Kameradschaft des NSDStB. hast du nur
mehr oder weniger Ahnung. Schließlich bist
du ja Mitglied der HJ. oder der SA. oder ^
oder irgendeiner anderen Gliederung und viel-
leicht der Meinung, daß deine Mitwirkung bei
60 einer mysteriösen Kameradschaft in bezug
auf dein Studium gesehen, des Guten zu viel
sein könnte. Du siehst also diesem Kamerad-
schaftstreffen mit etwas gemischten Gefühlen
entgegen.

Drum laß dir ruhig etwas raten von einem,
dem es ja genau so wie dir ergangen ist. Wir
lachen heute ein wenig über unsere Unbehol-
fenheit von damals, als wir so wie du vor
einem scheinbar undurchdringlichen Dickicht
von Formularen, Bestimmungen, mehr . oder
weniger guten Ratschlägen anderer und einem
Haufen verwirrender Gedanken standen.

Wir sind in eine Kameradschaft hinein-
gewachsen und können uns unser Leben an
der Hochschule ohne diese Lebensgemeinschaft
nicht mehr vorstellen. Denn, daß unsere
Kameradschaften wirkliche Le-
bensgemeinschaften sind, wird dir viel-
leicht erst nach einem oder zwei Kamerad-
schaftssemestern aufgehen. Hier findest du einen
Kameradenkreis, innerhalb dessen dir ein©

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Fülle von Anregungen, Ergebnissen und Freude
gegeben wird.

Drei Semester wirst du durch die Schule
(ich sage Schule, doch soll dich dieses oft
mißbrauchte Wort nicht schrecken) des Jung-
burschendaseins gehen, um dann später als Alt-
bursch oder vielleicht selbst als Führer deine
Erkenntnisse und Erfahrungen den kommenden
Jungburschen mitzuteilen. Du wirst bei uns
eine nationalsozialistische Gemeinschaft finden,
die sich bewußt ist, daß sie eine stolze Auf-
gabe vor sich hat und es wird dir ein Bedürf-
nis werden, an der Erfüllung dieser Aufgaben
mitzuhelfen. Laß Dir einmal von Kameraden,
die unsere Abzeichen tragen, erzählen, du
wirst dann spüren, was es bedeutet, ein Kame-
radschaftsstudent zu sein. Aber ich rate dir,
was am besten ist.

Du kommst für einen. Abend zu uns, und
schaust dir unsere Arbeit an, und bringst alle
deine kleinen und großen Sorgen mit, die du
vielleicht hast, w;r werden dir mit Rat und Tat
helfen.

Ein Brief aus dem Landdienst

Der Zug hat uns lange durch fremdes Land
getragen. Auf den Bahnhöfen haben wir fremde
Laute gehört, fremde Häuser und fremd-
sprachige Schilder sind an uns vorübergeglit-
ten. Fremde Menschen haben unsere braunen
Uniformen angestarrt, wie wenn sie etwas nicht
verständen.

Nach langer Fahrt sind wir endlich müde und
hungrig in Iglau ausgestiegen — und mit einem
Male war alles verwandelt. Deutsche Menschen
empfingen uns, Jubel und Herzlichkeit, wie man
es selten erlebt. Ich habe dafür kaum Worte.
Singend zogen wir durch die Stadt, brachten
Lieder mit aus Deutschland, Lieder der Jugend.
Nie hatten wir das vorher geübt, das Singen
und das Marschieren, aber es klappte. Es war,'
als ob die Begeisterung das alles hervorbrächte;
jeden riß es mit. Wir alle haben da etwas ge-
fühlt, und es legte sich wie ein großes Glück in
unsere Herzen: Dank und Verpflichtung, daß
wir Deutsche sind.'

Wir haben in die Gesichter der Iglauer Deut-
schen gesehen, in denen die Freude über unser
Kommen glühte und das Leid der letzten Jahre
eingeschrieben war. Und ich glaube, jeder von
uns wußte, warum wir hierher gekommen
waren, und fühlte in seinem Herzen brennend
und froh eine große Aufgabe.

Und dann ging es hinaus in die Dörfer. Unser
Auto kroch über das wellige Land, und der
Wind wühlte in unseren Haaren und spielte-
mit den Halmen des Getreides. Fern tauchte
ein Schimmer von 'roten Dächern auf — unser
Dorf. Noch ein Stück schockelte uns die
schlechte Straße, und'dann waren wir da. Erst
kamen wir .uns ein wenig komisch vor mit un-
seren Koffern und betrachteten mit kritischen
Blicken die örtlichkeit, die schmutzige Dorf-
straße, einen Teich, den wir auf Brauchbarkeit
zum Baden untersuchten, und die sauber ge-
kalkten Höfe. Indessen hatte man unsere An-
kunft bemerkt. Zuerst begrüßten uns schnat-
ternd die zahlreichen Gänse, dann kamen Kin-
der, und zuletzt die Mächtigen des Dorfes.
Auch hier war unser Empfang sehr herzlich.

Und nun fand der berüchtigte ,,Sklaven-
markt" statt, die Verteilung an die einzelnen
Bauern. Später stellte es sich heraus, daß dies
Wort durchaus unbegründet war, denn keiner
ließ über „seinen Bauern" etwas kommen, jeder
hatte Glück mit ihm gehabt.

Ich kam auf einen Hof, wo der Bauer beim
Heer war; sein lßjähriger Sohn führte die
Wirtschaft. Da kann man ein Paar zupackende
Hände schon recht gut brauchen.

Noch sind einige stille Tage, die Ernte hat
noch nicht begonnen. Es ist Zeit, sich kennen-
zulernen, mit den Bauern zu reden, ihr Ver-
trauen zu gewinnen. Man fühlt sich in das
schwere Leben dieser Deutschen der Sprach-
insel ein, hört von ihre» Nöten und erzählt
ihnen vom Reich und wie es zu Hause ist.
Aber dabei wird nicht gefaulenzt, das kennt
man beim Bauern nicht. Die Studentenhände,
die sonst Kollegs nachschreiben, gewöhnen
sich an Mist- und Heugabel. In dieser Zeit der
„Ruhe vor dern Sturm" gilt es Futter zu holen,
auszubessern in Haus und Hof, das Vieh zu
versorgen und viel anderes. Indes dörrt die
Sonne das Korn auf den Feldern, und mit jedem
Tag rückt die Ernte näher.

Als Student im Ammoniakwerk

Schon lange vor Beendigung des Semesters
hatte ich mich auf den Einsatz gefreut. Zuerst
sollte ich ja anderswo eingesetzt werden, aber
eines Tages kam von einem großen Ammoniak-
werk die Nachricht, daß ich für meinen Hei-
matort von der Reichsstudentenführung 'vor-
gesehen bin. Schon vor 3 Jahren, im Sommer
1939, hatte ich im Werk gearbeitet und habe

Aroelxern erlebt, aki-'der Führer als Antwort
auf polnischen Größenwahn sagte ...; Und seit
heute früh wird wieder geschossen!

In diesem Jahr also war ich an einer längst
vertrauten Stelle eingesetzt worden. Die Ar-
beiter, Angestellten und Akademiker kenne ich
schon deswegen teilweise, weil ich aus dem
„Negerdörfchen" stamme. Am ersten Tag, dem
3. 8. 1942, rückten wir also früh Punkt 7 Uhr
an und harrten vor der Sozialabteilung — Ar-
beiterannahme — der Dinge, die da kommen soll-
ten. Ungewiß und neugierig, wo kommen wir
hin, was hat man mit uns vor, warteten wir,
bis unser Name aufgerufen wurde. Da konnten
wir andere Kameraden von der Maschinenbau-
schule Leipzig und von den Universitäten Jena,
Heidelberg und Wien kennenlernen. Dann
wurde uns unser Lohn bekanntgegeben, und
wir konnten uns wünschen, an welcher Stelle
im Werk wir am liebsten eingesetzt werden
wollten. Nachdem Steuerkarte und Arbeitsbuch
abgegeben waren, mußten wir noch in das

Werksambulatorium zur Einstellungsunter-
suchung.

Meinen Betriebsführer hatte ich am Werks-
eingang getroffen, und. wir hatten uns kurz
unterhalten, wohin er mich stecken wollte. Ich
kam also zu einem Laboranten in die Kur, und
er bewies mir, daß ich vom analytischen Ar-
beiten keinen blassen ü>'nst hatte. Er untor^

Spritzflasche und einem Beche.glas und wie
man filtriert. Es wurde genau aufgepaßt, daß
ich den Niederschlag genau 15mal wusch, nicht
etwa 14- oder 16mal, und der Tiegel mußte
genau 45 Minuten in der Muffel bleiben, eine
Minute mehr oder weniger wäre ein großer
Frevel gewesen. Mit der Zeit wurde aus dem
Untergeordnetseinsgefühl ein Gefühl der Kame-
radschaft. Wenn ich schon die nächste Probe
einwog, löste mein Laborant die Metallspäne
auf, und wenn er die Tiegel in den Trocken-
schrank setzte, wusch ich den eben abfiltrierten
Niederschlag. So wurden durch das Hand-in- /
Hand-Arbeiten die Analysen sehr schnell fertig,
und bald konnten die wartenden Betriebe die
angeforderten Analysenergebnisse erhalten.
Auch sorgte der Betriebsführer dafür, daß wir
sehr bald andere Beschäftigungen bekamen
lind auf diese Wejse sehr vielseitig beschäf-
tigt und in unserer Arbeit gefördert wurden.
Schließlich'muß noch erwähnt werden, daß wir
Studenten auch die sozialen Einrichtungen des

Werkes benutzt haben. Werktags konnte man
uns Studiker jeden Mittag im Feierabendhaus
. an unserem „Stammtisch" zusammen essen
sehen und „unsere" Kellnerin hatte schon im-
mer vorher für etwas Trinkbares gesorgt.

So haben wir nicht nur für unser" engeres
Studium mancherlei hinzugelernt, sondern auch
uns eingefunden in die Gemeinschaft. Man
muß schon sagen, es war eine schöne Zeit.
Wir mußten viel arbeiten, aber wir haben viel
gelernt und viel Freude gehabt, und schließlich
diente unsere Arbeit unserem gemeinsamen
Ziel, dem Endsieg.

Eine Kolbenheyer-Feierstunde

Die Kameradschaft „Tilmah Riemenschnei-
'der" des NSD./Studentenbundes veranstaltete
eine Gemeinschaftsstunde mit einer ANSt-
Gruppe und einer Kameradschaft des Staats-
konservatoriums im Feierraum unseres Studen-
tenhauses. Der Abend stand im Zeichen einer
großen deutschen Dichterpersönlichkeit der
Gegenwart, E. G. Kolbenheyers. Sein
Werk, sein Dichten und Denken sollte den
Kameraden nahegebracht, und damit zu einem
Erlebnis deutschen Menschentums werden.

Der Kameradschaftsführer der Kameradschaft
„Tilman Riemenschneider" gab zu Beginn der
Feierstunde eine kurze Einführung in das Werk
Kolbenheyers. Nach einem Musikstück der
Kameraden des Staatskonservatoriums wurden
einige Kapitel aus den Werken' des Dichters
vorgetragen. Zunächst las eine Kameradin aus
dem historischen Roman ,.Meister Joachim
Pausewang". Anschließend las ein Kamerad aus
dem,.Roman ,,Reps, die Persönlichkeit" einen
ergötzlichen Abschnitt vor, der uns den Dichter
als feinsinnigen, treffenden Zeichner mensch-
licher Charaktere erleben ließ. Eine Stelle aus
der Novelle „Begegnung auf dem Riesen-
gebirge", vorgetragen von einer ANSt.-Kame-
radin, zeigte ihn uns andererseits als meister-
haften Darsteller tiefster seelischer Stimmungen.
Während bisher der Dichter Kolbenheyer zu
uns gesprochen hatte, erstand uns nun, als wir
einige Zitate aus „Wahrheit des Lebens" (kurze
Auszüge aus den Werken Kolbenheyers) hörten,
der Mensch und Denker. Seine Gedanken über
den Menschen, das Volk, über das All, über
Natur und Gott stiegen vor uns auf in kurzen,
aber inhaltsschweren Worten.

Feierliche Aufnahme der Jungburschen

Am Abend des Geburtstages Manfred von
Richthofens hatte sich die Studentenbunds-
kameradsjhaft, die den Namen des unvergeß-
lichen Fliegerhelden des Weltkrieges trägt, auf
ihrem Haus versammelt, um in feierlicher
Weise, fünf neue. Kameraden in ihre Reihen
aufzunehmen. — Der große Saal des Richt-
hofenhauses war festlich geschmückt mit Lor-
beer und den rotweißroten Farben des NSD.-
Studentenbundes und bildete einen würdigen
Rahmen für die erhebende Feierstunde.

.Nach dem gemeinsam gnsungenen alten Stu-
dentenlied „Burschen heraus" begrüßte der Ka-
rner.a.dg.'chaftsführer. äie . AltherrensQäaft, den
1:. ,..u.( rlMStudeifto»: -nr-tia., Aowia <ÜS

Alt-, und jüngpursetien "äüf das herzlichste: Er
dankte zunächst den' Alten Herren für ihr reges
Interesse und ihren tatkräftigen Einsätz für die
Kameradschaft. Dann wandte er sich an die
jungen Kameraden, die heute in die Kamerad-
schaft aufgenommen werden sollten; er wies
auf die Bedeutung und den Ernst dieses Tages
hin, der für sie einen entscheidenden Abschnitt
ihres Lebens bedeute. Der Kameradschaftsführer
erinnerte daran, daß ein Großteil der Kameraden
nicht an dieser Feierstunde teilnehmen konnte,
weil sie als Soldaten im grauen Ehrenkleid ihre
Pflicht erfüllen. Diese aber blickten heute voll
erwartungsvollem Vertrauen auf die. jungen
Kämeraden."

Nunmehr erfolgte die feierliche Verpflichtung
durch Handschlag. Nach dem gemeinsam gesun-
genen Lied „Wenn alle untreu werden, so blei-
ben wir doch treu" ergriff ein Alter Herr das
Wort und begrüßte die jungen Kameraden. Ein
gemeinsames Lied beschloß die schlichte Feier-
stunde.

Lager der Kameradschaft „Heinrich der Löwe11

'Auf dem Bericht liegt natürlich schon ein
wenig Patina, aber er erzählt von fröhlichen
Winterferientagen, die wir uns auch ohne
Schi in guter Luft und bei lachendem Son-
nenschein vorstellen können. Darum wollen
wir ihn unseren Lesern nicht vorenthalten.

Die Pläne werden bei uns regelmäßig schon
acht Wochen vorher geschmiedet, ebenso regel-
mäßig wissen wir acht Tage vorher nie, wo es
eigentlich hingehen soll. Am besten, man ver-
läßt sich dann auf das altbewährte Gefühl.

Unsere Anforderungen sihd nie klein: Eine
unbewirtschaftete Hütte, in der außer uns nie-
fnand etwas zu suchen hat. Dies soll jedes Jahr
in eiijer anderen Gegend sein, weshalb unser
Ehrgeiz gar nicht nach einer eigenen Hütte
strebt. Ein solider Übungshang und gute Tou-
renmöglichkeiten- sind weiter dringende Not-
wendigkeiten. Denn über dem Hüttenleben
darf das Schifahren nicht vergessen werden.

. Selbstverständlich kochen wir selbst. Wir
waren noch stets bereit, für diesen Hang zum
Romantischen die nötigen Opfer zu bringen.
Sie bestanden trotz der dreijährigen Erfahrung
auch diesmal wieder in stundenlangem Warten

■ auf schließlich versalzene und zerkochte Band-
nudeln, im Herabschlingen des als „Zement"
verschrienen innig kontinuierten Pickelsteiners.
Einmal soll das auf unerklärliche Weise ver-s
schwundene „Imi" jenen Zusammenhang her-" -
gestellt haben. Auch der „gebrennete Erbsbrei"
läßt sich selten vermeiden. Diesmal unterlief
unserem Koch verhältnismäßig wenig Miß-
geschick. Er hatte ein Mädchen zur Assistenz. '
Grundsätzlich sind wir ja der Meinung,*- daß
beim Schifahren Mädels nichts zu suchen
haben. Sie bringen nie die feste Kameradschaft
unter Männern zustande, und das ist doch wohl
das Schönste am Schilager, trotz allem Schnee
und aller Sonne: Das Allein- und Zusammen-

sein mit seinen besten Kameraden. Daß wir
uns trotzdem ein paar Tage von einem Mädel
besuchen ließen, soll keine Ausnahme unserer
Regel zeigen, es war lediglich ein ganz be-
sonderes Mädchen.

Genug des Grundsätzlichen, und zum Lager
selbst. Zwei Tage vor Weihnachten telepho-
nierten wir allen drei in Aussicht genommenen
Hütten ab und entschieden uns für eine vierte
am Fuße des Hochkönigs im Gau Salzburg,
nach dem Arthurhaus. Die Prospekte begeister-
ten, die Höhenlage befriedigte (1500) und die
Hütte umgab der Reiz des Unbekannten.

Weit weniger reizend war der Aufstieg durch
Nacht^und Nebel mit den in Mutters Küche
aufgefüllten Rücksäcken. Denn, um noch ein-
mal grundsätzlich zu werden, eine Schifahrt
darf kein finanzielles Problem darstellen. Mehr
als 25 Mark dürfen acht Tage im Schilager
auf keinen Fall kosten, auch wenn die Fahrt
allein schon zwölf Mark ausmacht; und wer
das nicht aufbringen kann, muß trotzdum mit.

Die Hütte enttäuschte. Aber als der Schwebe-
christbaum hing, die Kerzen angesteckt w^ren
und der Qualm des Ofens alle harten Konturen
verwischt hatte, wurde es von Stunde zu
Stunde gemütlicher, und die Silvesterstimmung,
der Rum mit dem Tee und ■ die nach einem
Jahr wieder aufgefrischten Lieder ließen bald
wieder das glückliche Gefühl der Hüttenabende
und unserer Zusammengehörigkeit aufkommen.
Keiner von uns kann sich ein schöneres Sil-
vester denken als das auf der- Hütte. \

Denn uns verbindet ja nicht nur die gemein-
same Freude am Schifahren und die Liebe zu
den Bergen. Wir sehnen uns ebensosehr da-
nach, nach den Wochen in unserem Universi-
tätsort, die ausgefüllt bis zur letzten Minute
mit der Arbeit für die Kameradschaft und fürs
Studium waren, endlich wieder einmal los-

gelöst von allen kleinen alltäglichen Sorgen.
— auch Studenten kennen sie, so wenig das
manche glauben wollen — mit unseren besten
Kameraden zusammen zu sein. Es sammelt sich
in einem Semester vieles an, was zur Aus-
sprache drängt, und die Hütte ist die richtige
Umgebung dazu. Aus all den Jahren sind uns
die Abende auf der Hütte gerade in aller-
bester Erinnerung. Es ist die nirgend wo anders
mögliche schöne Stimmung: Wenn man, nach
dem Schifahren müde, das nasse Zeug ausge-
zogen hat und beim Tee und Weihnachts-
gebäck, bei alten Liedern, erzählend und lesend,
bis spät in die Nacht hinein am Tisch sitzt.

Der Tag gehörte natürlich ganz dem Schi-
fahren. Schon nach den ersten Stunden am
Übungshang . wurde ein jeder klassifiziert. In
Stier und Oberstier, wobei man wieder unter-
teilt in Abfahrts- und Aufstiegsstier; daneben
gibt's die Anfänger, die in jedem Jahr in mehr
oder weniger großer Zahl dabei sind, die aber
meist auch an den Touren teilnehmen, wenn
auch weit hinterher. Sie waren es dann, die
am meisten bedauerten, daß dem Hochkönig
noch einige 20 m bis zu 3000 m fehlen. Als wir
am letzten Tag einen kleinen Abfahrtslauf in-
szenierten, kamen erstaunliche Zeiten heraus,
und die Prognose für die Wettkämpfe lautete
recht günstig.

Wenn man nach langer Zeit sich erkundigt,
an welchem .Tag des Monats man eigentlich
lebe, dann ist man nicht besonders böse, wenn
der Tag der Abfahrt nahe herangekommen ist.
Ein allgemeines Sehnen nach Kultur und Zivili-
sation bricht durch, nach Haarschneiden, war-
mem Wasser und Seife. Das alles erleichtert
den Abschied von den Bergen. Es blejbt nicht
nur die Erinnerung; das Schönste, was sehr,
sehr lange halten wird, ist die Kameradschaft
unter zehn Kameraden.
 
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