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Vom Wege verirrt
Roman
Lothar Vrenkrndorf.
(Fortsetzung u. Schluß.)
(Nachdruck verboten.)
/^^/GFruno gab sich dm Anschein, als ob er sich
mit einer abermaligen tiefen Verbeugung von
der ehemaligen Braut seines Bruders verab-
schieden wolle; aber er hatte vollkommen richtig
vorausgesehen, das; Hertha ihn nach solchen Worten
nicht von sich lassen würde, ohne zuvor eine nähere
Erklärung zu fordern. Und als sie dieselbe nun mit
ernsten, eindringlichen Worten verlangte, begann er
mit dem düsteren Blick und der gebrochenen, klanglosen
Stimme eines Verzweifelten zu erzählen.
„Sie werden ja wahrscheinlich bereits gehört haben,
das; meines Vaters Bankhaus unter der Ungunst der
Zeitverhältnisse zusammengebrochen ist. Wir hätten die
Katastrophe vielleicht vermeiden können, wenn wir nicht
zn stolz gewesen untren, unsere Zuflucht zu Hilfsmitteln
zu nehmen, die nicht vor dem strengsten Richter die Probe
auf ihre Rechtschaffenheit Hütten bestehen können. Wir
wollten lieber als Bettler aus dem Zusammenbruch hervor-
gehen, denn als Ehrlose im Ueberflus; weiter leben,
und so ist uns dem; in der That, nachdem unsere
Gläubiger auf Heller und Pfennig befriedigt worden
waren,, an eigenem Besitzthum fast nichts mehr ge-
blieben. Der Einzige, welcher diesen; Zusammenbruch
mit einiger Ruhe zusehen konnte, mar eben mein Bruder
Werner, denn ihn; wurde just zu derselben Zeit, da
nur Alles verloren, eine glänzende Stellung angetragen,
und er besann sich natürlich nicht lange, sie anzunchmen.
Ich aber mußte zu dein tiefen Schmerz, welchen der
Sturz unseres alten, geachteten Hauses nur bereitete,
auch noch schwere, seelische Leiden anderer Art erfahren;
denn mein herzloses Weib lehrte mich erkennen, daß
ihre Liebe nicht so sehr meiner Person, als meinem
Neichthum gegolten, und daß die eine ohne den anderen
plötzlich allen Werth für sie verloren habe. Alexandra
strengte einen Scheidungsprozeß gegen mich an, und ob
mir auch das Herz blutete, verbot mir doch mein Mannes-
stolz, mich ihren; Verlangen nach zügelloser Freiheit zu
widersetzen. Ich habe mich von ihr getrennt, ohne auch
nur auf einen Pfennig ihres großen Vermögens An-
spruch zu erheben."
Kürst Krorg und Fürstin Maria Anna zn Schaumliurg-Lippc. (S. 067)
Hertha neigte leicht das Haupt, uv; anzudeuten,
daß sie von diesem Ereignis; bereits unterrichtet sei.
Und Bruno fuhr fort;
„Das war die zweite schwere Enttäuschung, die ich
erfahren; aber es sollte noch nicht die letzte sein. Ich
war daraufFngcwiesen, mir fortan mein Brod wie der
erste beste arme Teufel durch harte Arbeit zu erwerben,
und ich war zu solcher Arbeit bereit. Aber alle meine
Bemühungen, eine Stellung zu erlangen, wie sie meinen
Kenntnissen und Fähigkeiten angemessen gewesen wäre,
blieben ohne Erfolg, und schließlich mußte ich meinem
großmüthigen Herrn Bruder noch Dank dafür wissen,
daß er mir in; Bureau derselben Gesellschaft, bei welcher
er selbst einen glänzend bezahlten Posten bekleidete,
ein bescheidenes Plätzchen verschaffte. Zwei volle Monate
hielt ich es in dem Sklavenjoche aus und verrichtete
von; Morgen bis zum Abend in; Schweiße meines
Angesichtes eine ungewohnte mechanische Arbeit, die