Alte Vulkane in erneuter Tätigkeit / Von Markus Stabius
Mit zehn Abbildungen auf den Seiten roy, zrr, zrs, 3r7, 3rs
Ein im Jahre 1906 entstandener neuer Seitenkrater des jetzt wieder tätigen Vesuvs.
Lavaablaqei^ eines Vulkans.
Aufnahme aus Gebiet des Kilauea.
Der Popocatepetl, 5420 Meter hoch, mit einem Krater von fünf Kilometer Umfang.
Ausbruch des Vesuvs am 7. April 1906.
Nach der Natur dargesiellt von Gustav Bauer.
er Vesuv, der sich'am Golf von Neapel um zwölfhundertdreiundzwanzig
Meter über das Meer erhebt, ist wohl unter allen Vulkanen der Grde der
bekannteste. An der kampanischen Küste zeugen Kraterseen, Schwefel-
quellen und eine ganze Reihe typischer Erscheinungen davon, daß man sich
in vulkanischem Gebiet befindet. Die Völker der Alten Welt erkannten diese
Zusammenhänge, die sie sich auf ihre Art zu erklären suchten. Sie glaubten,
der Vesuv sei erloschen, und siedelten sich unbesorgt um Habe und Leben dort
an. Der Berg war damals bis oben hin mit Buschwerk und Bäumen
bestanden, der Ringwall umschloß eine Ebene, in der Schafe friedlich
weideten, weiter hinab gedieh die Rebe üppig, und im Herbst kelterte man
den überall gern getrunkenen Vesuvio. Größere Städte und kleinere Ge-
meinwesen blühten rasch empor, und die Römer suchten in der schönen
Jahreszeit Herkulaneum, Pompeji, Stabiä und andere Orte gerne auf.
Reiche Leute aus der „Ewigen Stadt" besaßen dort Sommersitze. Am
5. Februar des Jahres 63 nach Christus kündigte sich das Wiedererwachen
der unterirdischen Gewalten durch ein Erdbeben an, das die ganze kam-
panische Küste erschütterte. Besonders in Pompeji, das von etwa dreißig-
tausend Menschen bevölkert war, erlitten Tempel, Säulenhallen, Theater
und Wohnhäuser schwere Schäden; in Herkulaneum mußten die Stadt-
mauern, das Gerichtsgebüude und die Basilika wiederhergestellt werden.
Noch war die Zerstörung nicht überall beseitigt, als der zweite, weit schreck-
lichere Tag anbrach. Am 24. August des Jahres 79 erfolgte der gewaltige
Ausbruch des Vesuvs. Zuerst fiel ein dichter Aschenregen, der alles mehr als
fußhoch bedeckte, dann fielen glühende Bimssteinbrocken herab, die sich in
Schichten von zwei bis dreieinhalb Meter anhäuften, giftige Gase strömten
aus, Holzteile der Häuser und Bäume verbrannten. Menschen und Tiere
kamen um, und Stabiä, Pompeji, Herkulaneum, Taurania, Oplontis, Te-
glana und andere Gemeinwesen versanken in Schutt, Asche und Schlamm.
Der z886 Meter hohe, schneebedeckte „Volcan de Colima"
in Mexiko.
Plinius der Jüngere berichtet über seine am Tage im Wagen unternom-
mene Flucht aus dieser Katastrophe: „... Wir wichen von der Straße auf
die Felder aus, um nicht im Gewühle erdrückt zu werden. Aber kaum hatten
wir das getan, so umgab uns eine Finsternis, die nicht mit einer mondlosen
Nacht im Freien, sondern der in einem verdunkelten Zimmer ohne Licht
verglichen werden kann. Nichts hörte man als das Geschrei von Kindern,
das Jammern der Weiber und das Rufen von Männern. Die meisten
glaubten, das Ende der Welt sei gekommen. Lange Zeit darauf erschien
ein glimmendes Licht, das aber nur der Vorbote eines neuen Flammen-
ausbruches war. Nicht lange darauf bedeckte uns ein schwerer Schauer von
Aschenregen, den wir von Zeit zu Zeit abschütteln mußten, um nicht von
ihm erdrückt und begraben zu werden. Endlich erschien die Sonne wieder,
aber ihr Licht war blaß wie bei einer Sonnenfinsternis. Alles umher war
mit Asche wie mit tiefem Schnee bedeckt."
Regengüsse, die gewöhnlich großen Eruptionen folgen, schwemmten die
Asche als breiige Masse abwärts.
In späteren Zeiten, am stärksten 1631, wurden einzelne dieser Stätten
auch noch von Lavaströmen überdeckt. Zufällig stieß man in Herkulaneum
im Jahre 1709 bei der Grabung eines Brunnens in einer Tiefe von nahezu
dreißig Meter auf die Szene des verschütteten Theaters. Allmählich war
über der Zerstörung eine Humusschicht entstanden; Acker, Wiesen und Obst-
bäume bedeckten die Stätten einstigen bunten Lebens.
Wenn in Pompeji auch schon zur antiken Zeit Ausgrabungen und Plün-
derungen versucht worden sind, so blieb es doch bis 1748 gänzlich verschollen.
Damals begann das geschichtliche Interesse an der begrabenen Stadt, doch
erst seit 1808 erfolgte die planmäßige Aufdeckung. Wertvolle Funde wan-
derten in Museen und gelangten auch in Privatbesitz. Staunen erfüllte
die Welt über die Zeugen einer Kultur, über die spätere Zeiten Hinweg-
Ruinen der vorn Ausbruch des Mont Pele zerstörten Stadt
Saint-Pierre.
Ausbruch des Mont Pele auf der Insel Martinique
am 8. Mai 1902.
Mit zehn Abbildungen auf den Seiten roy, zrr, zrs, 3r7, 3rs
Ein im Jahre 1906 entstandener neuer Seitenkrater des jetzt wieder tätigen Vesuvs.
Lavaablaqei^ eines Vulkans.
Aufnahme aus Gebiet des Kilauea.
Der Popocatepetl, 5420 Meter hoch, mit einem Krater von fünf Kilometer Umfang.
Ausbruch des Vesuvs am 7. April 1906.
Nach der Natur dargesiellt von Gustav Bauer.
er Vesuv, der sich'am Golf von Neapel um zwölfhundertdreiundzwanzig
Meter über das Meer erhebt, ist wohl unter allen Vulkanen der Grde der
bekannteste. An der kampanischen Küste zeugen Kraterseen, Schwefel-
quellen und eine ganze Reihe typischer Erscheinungen davon, daß man sich
in vulkanischem Gebiet befindet. Die Völker der Alten Welt erkannten diese
Zusammenhänge, die sie sich auf ihre Art zu erklären suchten. Sie glaubten,
der Vesuv sei erloschen, und siedelten sich unbesorgt um Habe und Leben dort
an. Der Berg war damals bis oben hin mit Buschwerk und Bäumen
bestanden, der Ringwall umschloß eine Ebene, in der Schafe friedlich
weideten, weiter hinab gedieh die Rebe üppig, und im Herbst kelterte man
den überall gern getrunkenen Vesuvio. Größere Städte und kleinere Ge-
meinwesen blühten rasch empor, und die Römer suchten in der schönen
Jahreszeit Herkulaneum, Pompeji, Stabiä und andere Orte gerne auf.
Reiche Leute aus der „Ewigen Stadt" besaßen dort Sommersitze. Am
5. Februar des Jahres 63 nach Christus kündigte sich das Wiedererwachen
der unterirdischen Gewalten durch ein Erdbeben an, das die ganze kam-
panische Küste erschütterte. Besonders in Pompeji, das von etwa dreißig-
tausend Menschen bevölkert war, erlitten Tempel, Säulenhallen, Theater
und Wohnhäuser schwere Schäden; in Herkulaneum mußten die Stadt-
mauern, das Gerichtsgebüude und die Basilika wiederhergestellt werden.
Noch war die Zerstörung nicht überall beseitigt, als der zweite, weit schreck-
lichere Tag anbrach. Am 24. August des Jahres 79 erfolgte der gewaltige
Ausbruch des Vesuvs. Zuerst fiel ein dichter Aschenregen, der alles mehr als
fußhoch bedeckte, dann fielen glühende Bimssteinbrocken herab, die sich in
Schichten von zwei bis dreieinhalb Meter anhäuften, giftige Gase strömten
aus, Holzteile der Häuser und Bäume verbrannten. Menschen und Tiere
kamen um, und Stabiä, Pompeji, Herkulaneum, Taurania, Oplontis, Te-
glana und andere Gemeinwesen versanken in Schutt, Asche und Schlamm.
Der z886 Meter hohe, schneebedeckte „Volcan de Colima"
in Mexiko.
Plinius der Jüngere berichtet über seine am Tage im Wagen unternom-
mene Flucht aus dieser Katastrophe: „... Wir wichen von der Straße auf
die Felder aus, um nicht im Gewühle erdrückt zu werden. Aber kaum hatten
wir das getan, so umgab uns eine Finsternis, die nicht mit einer mondlosen
Nacht im Freien, sondern der in einem verdunkelten Zimmer ohne Licht
verglichen werden kann. Nichts hörte man als das Geschrei von Kindern,
das Jammern der Weiber und das Rufen von Männern. Die meisten
glaubten, das Ende der Welt sei gekommen. Lange Zeit darauf erschien
ein glimmendes Licht, das aber nur der Vorbote eines neuen Flammen-
ausbruches war. Nicht lange darauf bedeckte uns ein schwerer Schauer von
Aschenregen, den wir von Zeit zu Zeit abschütteln mußten, um nicht von
ihm erdrückt und begraben zu werden. Endlich erschien die Sonne wieder,
aber ihr Licht war blaß wie bei einer Sonnenfinsternis. Alles umher war
mit Asche wie mit tiefem Schnee bedeckt."
Regengüsse, die gewöhnlich großen Eruptionen folgen, schwemmten die
Asche als breiige Masse abwärts.
In späteren Zeiten, am stärksten 1631, wurden einzelne dieser Stätten
auch noch von Lavaströmen überdeckt. Zufällig stieß man in Herkulaneum
im Jahre 1709 bei der Grabung eines Brunnens in einer Tiefe von nahezu
dreißig Meter auf die Szene des verschütteten Theaters. Allmählich war
über der Zerstörung eine Humusschicht entstanden; Acker, Wiesen und Obst-
bäume bedeckten die Stätten einstigen bunten Lebens.
Wenn in Pompeji auch schon zur antiken Zeit Ausgrabungen und Plün-
derungen versucht worden sind, so blieb es doch bis 1748 gänzlich verschollen.
Damals begann das geschichtliche Interesse an der begrabenen Stadt, doch
erst seit 1808 erfolgte die planmäßige Aufdeckung. Wertvolle Funde wan-
derten in Museen und gelangten auch in Privatbesitz. Staunen erfüllte
die Welt über die Zeugen einer Kultur, über die spätere Zeiten Hinweg-
Ruinen der vorn Ausbruch des Mont Pele zerstörten Stadt
Saint-Pierre.
Ausbruch des Mont Pele auf der Insel Martinique
am 8. Mai 1902.