„Der Himmel behüte die draußen im Sturm ..." / Nach einem Gemälde von Oscar Björck
Original in der Nationalgalerie in Kopenhagen
Eine scharfe Stimme riß sie aus ihrem Traum. Ihre Schwä-
gerin, Trautmarei Potter, stand vor ihr.
„Schämen solltest dich, daß du dich zur Schau stellst in dein'
aufg'tühnten Kledasche un dein gelbes Glashalsband wie 'ne
Docke (Puppe) in'n Glaskasten! — Brauchst dir nir drauf ein-
zubilden, wenn unser junge Burschen dich auch in'n Danz
swenken. Hinnerher lachen sie über dich. Außer mein' Swager
streust keinem einzigen Sand in die Augen."
Langsam wandte Gina sich.
„Sei man stad, Trautmarei. Ich nehm' dir gewiß kein' weg,
der Lüsten hat, mit dir zu tanzen."
„Tust das nich? — Ich mein' doch, du hast es an dir, dich auf
den Platz zu setzen, der ein' ander' gebührt. Das hast fürwahr be-
wiesen. Das beweist alle Doge."
„Mein' Platz haben Clüvers mir angewiesen — un zukom-
men tat er mir auch als Wilm Potter sein' Ehefrau. Denn der
Potthof is älter als dein' Mann sein Hof."
„Du bildst dir woll ein, der Potthof is dein in alle Ewigkeit!
He?"
„Ja, Trautmarei, das bild' ich mir ein."
„Weil dir ein junger Kuckuck in der Wiege schreit, plusterst dich
auf wie ein Pfauhahn. Pass' Achtung! Kuckucks werden meist
aus'n Nest gesmissen. Denn Recht muß Recht bleiben."
„Da in geh' ich mit dir einig," antwortete Gina, rot vor Zorn:
„Recht muß Recht bleiben — un meinem Mann muß bleiben,
was ihm gehört, wenn du dich noch so sehr drum giftest."
„Giften töt' ich mich?" schrie Trautmarei böse. „Da bist auf'n
Holzweg. Ich brauch' mich nich zu giften, ich kann warten. Wenn
du mein' Swager jetzt auch taub un blind gemacht hast mit dein'
Künstens — ihm werden schon die Augen aufgehen. Er wird's
1. 1928
Original in der Nationalgalerie in Kopenhagen
Eine scharfe Stimme riß sie aus ihrem Traum. Ihre Schwä-
gerin, Trautmarei Potter, stand vor ihr.
„Schämen solltest dich, daß du dich zur Schau stellst in dein'
aufg'tühnten Kledasche un dein gelbes Glashalsband wie 'ne
Docke (Puppe) in'n Glaskasten! — Brauchst dir nir drauf ein-
zubilden, wenn unser junge Burschen dich auch in'n Danz
swenken. Hinnerher lachen sie über dich. Außer mein' Swager
streust keinem einzigen Sand in die Augen."
Langsam wandte Gina sich.
„Sei man stad, Trautmarei. Ich nehm' dir gewiß kein' weg,
der Lüsten hat, mit dir zu tanzen."
„Tust das nich? — Ich mein' doch, du hast es an dir, dich auf
den Platz zu setzen, der ein' ander' gebührt. Das hast fürwahr be-
wiesen. Das beweist alle Doge."
„Mein' Platz haben Clüvers mir angewiesen — un zukom-
men tat er mir auch als Wilm Potter sein' Ehefrau. Denn der
Potthof is älter als dein' Mann sein Hof."
„Du bildst dir woll ein, der Potthof is dein in alle Ewigkeit!
He?"
„Ja, Trautmarei, das bild' ich mir ein."
„Weil dir ein junger Kuckuck in der Wiege schreit, plusterst dich
auf wie ein Pfauhahn. Pass' Achtung! Kuckucks werden meist
aus'n Nest gesmissen. Denn Recht muß Recht bleiben."
„Da in geh' ich mit dir einig," antwortete Gina, rot vor Zorn:
„Recht muß Recht bleiben — un meinem Mann muß bleiben,
was ihm gehört, wenn du dich noch so sehr drum giftest."
„Giften töt' ich mich?" schrie Trautmarei böse. „Da bist auf'n
Holzweg. Ich brauch' mich nich zu giften, ich kann warten. Wenn
du mein' Swager jetzt auch taub un blind gemacht hast mit dein'
Künstens — ihm werden schon die Augen aufgehen. Er wird's
1. 1928