Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Heft i

... Das B u ck f ü r 2l l l e




Ntark für einen Kimono ausgeben dür-
fen. Eine Maßnahme, die eine beispiel-
lose Entrüstung unter der kleinen Da-
menwelt erregte. Ein guter Geisha-
kimono mit Obi kostet sonst etwa tau-
send Jen, also nach Friedenskurs Zwei-
tausend Mark.
Wenn nun der Kontrakt für die ver-
einbarten Jahre der Tätigkeit der
Geisha abgelaufen ist, so steht es ihr
frei, ihn mit demselben Geishahause zu
erneuern, zu einem anderen Hause
überzugeher: oder zu heiraten. Hat sie
wirkliches Talent, so beginnen erst jetzt
die Jahre ihres Ruhmes. Denn die be-
rühmtesten und teuersten Geishas sind
gewöhnlich um die Dreißig herum und
noch älter.
Was nun die vielbesprochene Moral
der Geisha anbetrifft, so sind die Tat-
sachen wohl kurz folgende: Die Geisha
und die Mayko stehen unter so strenger
Bewachung, daß sie eine Liebschaft nie-
mals ohne Wissen und Willen ihres
Herrn und Meisters anknüpfen können.
Infolgedessen wird ihr Benehmen sehr
von dem Willen dieses Mannes oder
dessen Frau abhängen. Verliebt sich
also ein Japaner in eine Geisha und
ist er deren Gegenliebe sicher, so bleibt
ihm nichts anderes übrig, als sich mit
dem betreffenden Hause in
Verbindung zu setzen, und
dieses wird von ihm ver-
langen, daß er nach alter
Sitte für den Fall einer an-
zuknüpfenden Freundschaft
einen gewissen Toilettenzu-
schuß, das sogenannte Ma-
tura kin, das Kopfkissengeld,
zur Bestreitung ihres Le-
bensunterhalts beiträgt.
Der reiche Japaner sieht
nun eine Ehre darin, der
Freund einer möglichst berühmten
Geisha zu sein, und opfert hierfür be-
deutende Summen. Die Geisha ist in

Geishas und Maykos in Tanzstellung. Die Auf-
nahme zeigt die sonderbare Form des Gürtels

Festlich gekleidete Geishas und Maykos
auf den: Wege zu einer größeren Ver-
anstaltung

Der Verfasser
X als Gast der
nischen Presse

diesem Falle eine Art Ne-
benfrau, da eine Eheschei-
dung in den höheren sozialen
Schichten Japans fast un-
denkbar ist. In den Geisha-
schulen zweiten oder dritten
Ranges ist es nicht unmög-
lich, daß eine Geisha zwei
oder auch mehrere Freunde
hat, was schließlich auch in
Europa vorkommen soll. Von
einer Käuflichkeit der Geisha
dagegen in unserem Sinne
kann nicht die Rede sein, es
handelt sich immer nur um
ein längeres, sozusagen um
ein sanktioniertes Verhältnis.
Was dem reisenden Euro¬
päer als Geisha vorgesetzt wird, sind
Niemai kansazu, Mädchen mit den
beiden „Konzessionen", Mädchen, die
eine Ausbildung in gewissen Tänzen
und in Musik erhalten haben und Die-
nerinnen in Teehäusern sind. Wenn
er diese kennengelernt hat, glaubt er
sich zumeist zu einem Urteil über die
ganz anders gearteten Geishas be-
rufen.
Wie schwer die Annäherung an
wirkliche Geishas ist, konnte zum Bei-
spiel der Sohn des bekannten Ameri-
kaners Morgan erfahren, der sich
seinerzeit in Fräulein Juki San, Fräu-
lein Schneeflocke, verliebte. Alle seine
Bemühungen, die Schneeflocke durch
die Milliarden seines finanzgewal-
tigen Vaters zu erwärmen, waren er-
folglos. Als er dem ersehnten Ziel
gar nicht nahe kam, blieb ihm schließ-
lich nichts anderes übrig, als die Künst-
lerin zu heiraten — sehr zum Schreckeu
der ganzen Verwandtschaft.
 
Annotationen